24.06.2024 15:29:12 - dpa-AFX: POLITIK/Untersuchungskommission zu U-Boot-Affäre: Warnbrief an Netanjahu

TEL AVIV (dpa-AFX) - Eine Untersuchungskommission zur Aufklärung der
sogenannten U-Boot-Affäre in Israel verschickt nach einer mehr als zweijährigen
Prüfung Warnbriefe, darunter auch an Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Die
Kommission überprüft die Verfahren zur Beschaffung deutscher U-Boote und
Korvetten für die israelische Marine in den Jahren 2009 bis 2016. Netanjahu
könnte durch die Untersuchung "geschädigt" werden, teilte das Gremium am Montag
mit.

Der elfseitigen Mitteilung zufolge könnte es sich auf Netanjahu ungünstig
auswirken, wenn die Kommission zu der Überzeugung gelangen sollte, dass er
Entscheidungen mit erheblichen Auswirkungen auf die Sicherheit des Landes ohne
geordneten Entscheidungsprozess getroffen und Vereinbarungen mit Deutschland in
sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Fragen unter Umgehung seiner eigenen
Regierung geschlossen habe.

Die Untersuchung habe bereits ergeben, dass Netanjahus Verhalten "zu einer
tiefgreifenden und systematischen Störung von Arbeitsprozessen" und "zu einer
Gefährdung der Staatssicherheit und Schädigung der Außenbeziehungen und der
wirtschaftlichen Interessen des Staates Israel" geführt habe, hieß es in der
Mitteilung.

Vier andere Personen sollen demnach Warnbriefe erhalten, darunter der
ehemalige Verteidigungsminister Mosche Jaalon und der ehemalige Chef des
Auslandsgeheimdienstes Mossad, Jossi Cohen. Gegen mehrere Beteiligte liefen
Verfahren wegen Korruptionsverdachts. Netanjahu wurde dazu befragt, galt aber
nicht als Verdächtiger.

Israel verfügt bisher über fünf U-Boote aus Kiel, ein sechstes sollte noch
geliefert werden. 2022 einigten Israel und Deutschland sich dann abschließend
auf einen milliardenschweren Deal über den Kauf von drei weiteren U-Booten der
neuen Klasse "Dakar". Das erste der Boote, die in der Kieler Werft ThyssenKrupp
Marine Systems (TKMS) entwickelt werden, sollte laut der damaligen Vereinbarung
binnen neun Jahren geliefert werden.

Die Pläne hatten wegen der Korruptionsvorwürfe jahrelang auf Eis gelegen.
Die Kosten des Geschäfts liegen nach Angaben des israelischen
Verteidigungsministeriums bei rund drei Milliarden Euro, einen Teil trägt die
deutsche Regierung.

Die drei neuen U-Boote sollen nach und nach ältere Modelle ersetzen. Die
Lieferungen nach Israel sind umstritten, weil die Boote nach
Experteneinschätzung theoretisch mit Atomwaffen ausgerüstet werden können.

Netanjahu teilte als Reaktion auf den angekündigten Warnbrief mit, die
U-Boote seien "zentrale Grundlage der nationalen Sicherheit Israels und eine
Sicherung seiner Existenz gegenüber dem Iran, der uns zerstören will". Die
Geschichte werde beweisen, "dass der Regierungschef auch bei diesem Thema recht
hatte und die richtigen Entscheidungen für Israels Sicherheit getroffen
hat"./le/DP/jha

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