24.05.2024 06:50:03 - dpa-AFX: ROUNDUP: Israels Armee stößt in Rafah weiter vor - Die Nacht im Überblick

GAZA/DEN HAAG (dpa-AFX) - Die israelische Armee stößt nach eigenen Angaben
weiter in Rafah im Süden des Gazastreifens gegen die islamistische Hamas vor.
Die eigenen Bodentruppen hätten nun das Gebiet Schabura erreicht, von wo aus die
Hamas-Terroristen vorgingen, gab der israelische Armeesprecher Daniel Hagari am
Donnerstagabend bekannt. An diesem Freitag entscheidet der Internationale
Gerichtshof (IGH) über die Forderung Südafrikas, dass sich Israels Militär
sofort aus Rafah wieder zurückzieht. Entscheidungen des Weltgerichts sind
bindend. Allerdings besitzen die UN-Richter keine Machtmittel, um einen Staat
zur Umsetzung zu zwingen. Sie können aber den UN-Sicherheitsrat aufrufen, in der
Sache tätig zu werden. "Wir stürmen Rafah nicht, sondern wir gehen vorsichtig
und präzise vor", betonte Hagari. Israel will in Rafah die letzten dort
verbliebenen Bataillone der Hamas zerschlagen.

Israels Armee: Dutzende Terroristen in Rafah getötet

"Bislang haben wir mehr als 180 Terroristen in Rafah eliminiert", sagte
Hagari. Die Armee habe außerdem Abschussvorrichtungen und Raketen zerstört, die
auf israelisches Gebiet abgefeuert werden sollten. Zudem seien unterirdische
Tunnel der Hamas und Schächte ausgehoben worden. Man arbeite daran, weitere zu
lokalisieren. "Die Operation vor Ort ist intensiv und entschlossen, mit
schwierigen Gefechten in komplexen Gebieten", erläuterte der Sprecher. Es hätten
nach Israels Evakuierungsaufrufen inzwischen rund eine Million Zivilisten die
Stadt verlassen. Vor dem Beginn des Einmarsches der israelischen Armee hatten
mehr als eine Million Binnenflüchtlinge aus anderen Teilen des Gazastreifens in
Rafah Schutz gesucht. Südafrika argumentiert mit seinem Eil-Antrag, es gehe
darum, einen Völkermord an Palästinensern zu verhindern. Zur Begründung hieß es,
dass die bisherigen Maßnahmen des Gerichts im Zusammenhang mit dem Krieg in Gaza
nicht ausreichend seien.

Israels Vorstoß in Rafah hatte am 6. Mai im Osten der an Ägypten grenzenden
Stadt begonnen. Die USA als Israels wichtigster Verbündeter hatten zuletzt
erklärt, die Einsätze in Rafah hätten bislang nicht das Ausmaß erreicht, vor dem
die US-Regierung gewarnt hat. Die USA lehnen eine große israelische
Bodenoffensive in Rafah ab. Die bisherigen israelischen Einsätze "waren
gezielter und begrenzter und umfassten keine größeren Militäroperationen im
Zentrum dicht besiedelter städtischer Gebiete", hatte der Sicherheitsberater von
US-Präsident Joe Biden, Jake Sullivan, am Mittwoch gesagt. "Wir müssen nun
abwarten, wie sich die Lage weiter entwickelt", fügte er hinzu. Mit dem
Erreichen von Schabura kämpfe die Armee inzwischen in der Nähe des Stadtzentrums
von Rafah, schrieb die "New York Times". Rafah ist nach fast acht Monaten Krieg
die letzte halbwegs intakte Stadt im Gazastreifen.

Minister Gantz will Untersuchungskommission zum 7. Oktober

Auslöser des Krieges war ein beispielloses Massaker von Terroristen der
Hamas und anderer extremistischer Gruppierungen am 7. Oktober vergangenen Jahres
im israelischen Grenzgebiet. Bei dem Terrorangriff wurden mehr als 1200 Menschen
getötet und mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Im Zuge
der anschließenden militärischen Offensive Israels in Gaza sind nach Angaben der
von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher mehr als 35 700 Menschen
getötet worden. Benny Gantz, Minister in Israels Kriegskabinett, sprach sich
derweil für eine Untersuchungskommission aus, um zu klären, wie es zu dem
Terrorüberfall am 7. Oktober in Israel kommen konnte.

"Es reicht nicht aus, dass wir die Verantwortung übernehmen für das, was
passiert ist - wir müssen die Lehren daraus ziehen und so handeln, dass es nie
wieder passiert", sagte er in einer Videobotschaft auf der Plattform X vom
Donnerstagabend. Regierungschef Netanjahu hatte zuvor in einer Stellungnahme
bestritten, vom Militär Warnungen über einen möglichen Angriff aus dem
Gazastreifen erhalten zu haben. Dabei hatten Späherinnen an der Grenze zum
Gazastreifen Medienberichten zufolge vor dem Überraschungsangriff der Hamas
immer wieder vergeblich vor verdächtigen Vorgängen in dem abgeriegelten
Küstengebiet gewarnt.

Bericht: CIA-Direktor will Geisel-Verhandlungen wiederbeleben

Fünf dieser Späherinnen, die bei am 7. Oktober erfolgten Überfall nach Gaza
entführt wurden, sind in am Mittwoch veröffentlichten verstörenden
Videoaufnahmen der Hamas zu sehen. Die Eltern der jungen Frauen hatten der
Veröffentlichung in der Hoffnung zugestimmt, dass die schlimmen Bilder zur
Freilassung ihrer Töchter und anderer Geiseln in einem Deal zwischen Israel und
der Hamas beitragen könnten. Nach Informationen des gewöhnlich gut
unterrichteten israelischen Journalisten Barak Ravid wird CIA-Direktor Bill
Burns in den nächsten Tagen zu einem Treffen mit dem Chef des israelischen
Auslandsgeheimdiensts Mossad, David Barnea, nach Europa reisen, um zu versuchen,
die festgefahrenen Gespräche über eine Freilassung der Geisel und eine
Waffenruhe wiederzubeleben. Katarische und ägyptische Beamte könnten an dem
Treffen teilnehmen, schrieb Ravid auf X. Da Israel und die Hamas nicht direkt
verhandeln, fungieren die USA, Ägypten und Katar als Vermittler.

Bericht: USA erwägen nach Ende des Gaza-Kriegs beratende Rolle

Gantz hatte am Wochenende mit dem Austritt aus der Regierung gedroht, falls
Netanjahu nicht bis zum 8. Juni einen Plan für die Nachkriegsordnung im
Gazastreifen vorlege. Die US-Regierung erwägt unterdessen für die Zeit nach dem
Ende des Krieges, eine künftige Verwaltung und den Wiederaufbau des
Küstengebietes in beratender Rolle von außen zu unterstützen. Wie das Portal
"Politico" am Donnerstag (Ortszeit) unter Berufung auf vier namentlich nicht
genannte US-Beamte berichtete, wird intern über einen Plan diskutiert, einer
künftigen mehrheitlich palästinensischen Sicherheitstruppe in Gaza einen zivilen
US-Beamten zur Seite zu stellen, der selbst jedoch nicht im Gazastreifen
stationiert würde.

Es werde zwar noch in Washington darüber debattiert, wie viel offizielle
Befugnisse dieser Berater haben würde. Es sei jedoch Teil eines Plans, bei dem
die USA eine "herausragende" Rolle bei der Überwindung der Folgen des
andauernden Krieges in Gaza spielen würden. Netanjahu hatte vor wenigen Tagen in
einem Interview gesagt, sobald die Hamas besiegt sei, müsse eine nachhaltige
Demilitarisierung Gazas erreicht werden. "Wir wollen eine zivile Verwaltung, die
von Bürgern von Gaza geführt wird, die weder der Hamas angehören noch sich für
sie engagieren". Die "Washington Post" hatte zuvor Verteidigungsbeamte in Israel
zitiert, wonach deren Strategie eine palästinensische Sicherheitstruppe in Gaza
vorsehe.

Diese würde zum Teil aus Verwaltungspersonal der Palästinensischen
Autonomiebehörde im Westjordanland bestehen und von einem palästinensischen
Regierungsrat beaufsichtigt werden - mit Unterstützung arabischer Staaten wie
Ägypten, Jordanien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien.
Netanjahu lehnt jedoch eine Beteiligung der Autonomiebehörde entschieden ab.
"Ich bin klar dagegen, Hamastan gegen Fatahstan auszutauschen", sagte er dieser
Tage. Im Westjordanland ist die vergleichsweise gemäßigte Fatah-Bewegung von
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas die führende Partei./ln/DP/stk

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