05.07.2024 08:26:06 - dpa-AFX: ROUNDUP: Kiew treibt Produktion von Drohnen voran

KIEW (dpa-AFX) - Die Ukraine passt sich der neuen Form der Kriegsführung an
und setzt nunmehr verstärkt auf Drohnen. Entsprechend legte sich die Stawka, die
oberste Militärführung der Ukraine, bei ihrer jüngsten Sitzung auf die künftige
Produktion und den Einsatz von Drohnen fest. Bei der Entscheidung seien diverse
Faktoren berücksichtigt worden, angefangen von der Beliebtheit bestimmter
Drohnen bei der Truppe bis hin zum Einsatz von sogenannten Langstreckendrohnen,
sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.

Bei den Beratungen mit Vize-Oberbefehlshaber Wadim Sucharewskyj, dem
stellvertretenden Regierungschef Mychajlo Fedorow und Luftwaffenkommandeur
Mykola Oleschtschuk seien "sehr wichtige" Entscheidungen getroffen worden.
Details nannte Selenskyj nicht. "Die Zeit wird zeigen, wie sich diese
Entscheidungen an der Front auswirken."

Das ukrainische Militär hat schon vor einiger Zeit neben Panzertruppe,
Infanterie oder Artillerie eine eigene Truppengattung für den Einsatz von
Drohnen ins Leben gerufen. Ein großer Teil dieser unbemannten Flieger wird
bereits in der Ukraine hergestellt. Langstreckendrohnen sind bisher für Kiew die
einzige Möglichkeit, Ziele tief im russischen Staatsgebiet anzugreifen.

Nach einem Bericht des ukrainischen Militärgeheimdienstes HUR traf eine
sogenannte Kamikaze-Dohne eine Schießpulverfabrik in der Nähe von Tambow, knapp
420 Kilometer südöstlich von Moskau und über 400 Kilometer von der ukrainischen
Grenze entfernt. Über die Auswirkungen des Angriffs gebe es noch keine genauen
Angaben, zitierte die "Ukrainska Prawda" aus der Mitteilung. Von russischer
Seite gab es dazu keine Mitteilung.

Weiter schwere Kämpfe bei Pokrowsk

Die Umgebung der Stadt Pokrowsk in der ostukrainischen Region Donezk war
einmal mehr Schauplatz schwerer Kämpfe. Nach Darstellung des Generalstabs in
Kiew versuchten russische Einheiten weiterhin, die dortigen ukrainischen
Verteidigungsstellungen zu durchbrechen. Die russischen Angriffe seien unter
Verlusten für das russische Militär abgeschlagen. Die Angaben konnten nicht
unabhängig geprüft werden.

Am Abend wurde die südukrainische Hafenstadt Odessa von einer russischen
Rakete getroffen. Die ballistische Rakete schlug nach offiziellen Angaben im
Hafenbereich ein. Bei der Explosion sei mindestens ein Mensch ums Leben
gekommen, sieben weitere seien verletzt worden, berichtete Bürgermeister
Hennadij Truchanow.

Nato-Chef hofft auf Beitritt der Ukraine binnen zehn Jahren

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief kurz vor dem Nato-Gipfel in
Washington kommende Woche zu noch mehr Militärhilfe für die Ukraine auf. "Je
stärker unsere Unterstützung ist, desto schneller kann dieser Krieg enden. (...)
Je mehr wir uns langfristig verpflichten, desto schneller kann der Krieg enden",
sagte der Norweger in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Auf eine Frage zu einer möglichen Bündniserweiterung um die Ukraine in den
nächsten zehn Jahren entgegnete Stoltenberg: "Ich hoffe sehr, dass die Ukraine
ein Verbündeter sein wird." Dafür habe er auch während seiner bisherigen
Amtszeit bei der Nato gearbeitet.

Medwedew zeigt sich zufrieden mit Zustrom an Freiwilligen

Trotz ihrer schweren Verluste in der Ukraine haben die russischen
Streitkräfte nach eigenen Angaben keinen Personalmangel. Allein in diesem Jahr
sei die russische Armee durch 190.000 Freiwillige und Zeitsoldaten verstärkt
worden, teilte der Vize-Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates, Dmitri
Medwedew, mit. Damit sei die vom Kreml gestellte Aufgabe der Verpflichtung von
Vertragsbediensteten und Freiwilligen erfüllt, sagte Russlands Ex-Präsident bei
einem Treffen im Verteidigungsministerium.

"Die durchschnittliche tägliche Rekrutierungsrate bleibt stabil und beläuft
sich auf etwa 1.000 Personen", wurde Medwedew weiter von der Staatsagentur Tass
zitiert. Die Zeitsoldaten, meist Reservisten, ergänzen die normalen
Einberufungen.

Die russischen Streitkräfte erleiden an den Fronten der Ukraine hohe
Verluste. Nach Schätzungen der ukrainischen Militärführung sind seit Beginn des
russischen Angriffskriegs vor über zwei Jahren bereits knapp 550.000 russische
Soldaten getötet oder verwundet worden.

Spekulationen über Orban-Besuch in Moskau

Zwei Tage nach Viktor Orbans Besuch in Kiew flammen Gerüchte auf, dass der
ungarische Ministerpräsident am Freitag Moskau besuchen will. "Die Gerüchte über
Ihren Besuch in Moskau können nicht wahr sein, Ministerpräsident Viktor Orban,
oder doch?", schrieb der polnische Ministerpräsident Donald Tusk am Abend auf
der Plattform X. Zuvor hatten mehrere Medien über den möglichen Besuch
berichtet.

Orban sei am Freitag und Samstag in Schuscha in Bergkarabach, bei einem
Treffen der Turkvölker-Staaten, sagte ein Sprecher des ungarischen
Ministerpräsidenten, wie die staatliche ungarische Nachrichtenagentur MTI
berichtete. Kremlsprecher Dmitri Peskow wollte sich zu dem Thema nicht äußern.

Michel: Diskussionen über Ukraine nicht ohne Ukraine

EU-Ratspräsident Charles Michel benannte die Gerüchte um den Besuch zwar
nicht konkret, mahnte aber an, dass die rotierende EU-Ratspräsidentschaft - die
Ungarn gerade innehat - kein Mandat habe, im Namen der EU gegenüber Russland zu
verhandeln. "Der Europäische Rat ist sich darüber im Klaren: Russland ist der
Aggressor, die Ukraine das Opfer. Diskussionen über die Ukraine können ohne die
Ukraine nicht stattfinden."

Orban hatte erst am Dienstag Kiew besucht und den ukrainischen Präsidenten
aufgefordert, einer Feuerpause an den Fronten der Ukraine zuzustimmen. Dies war
von Selenskyj abgelehnt worden, inzwischen hat auch Kremlchef Wladimir Putin ein
dezidiertes "Njet" geäußert. Putin lehnte zudem ein Vermittlungsangebot des
türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdo?an ab./cha/DP/mis

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