19.05.2024 14:50:30 - dpa-AFX: POLITIK: Tausende demonstrieren in Berlin zum Palästinenser-Gedenktag Nakba

BERLIN (dpa-AFX) - Tausende Menschen haben sich in Berlin erneut anlässlich
des palästinensischen Gedenktages Nakba versammelt. Die Polizei sprach am
Samstagabend von rund 6200 Demonstranten. Die Teilnehmerzahlen schwankten
jedoch, weil Menschen kämen, andere aber die Versammlung verließen, hieß es.
Erwartet worden waren etwa 2000 Teilnehmer. Die Polizei ging immer wieder gegen
Demonstranten vor. Es habe vereinzelt Böllerwürfe gegeben und Pyrotechnik sei
gezündet worden, sagte eine Polizeisprecherin. Der Protestzug wurde deswegen
mehrfach gestoppt. Weil nach Polizeiangaben von dem Lautsprecherwagen an der
Spitze aus verbotene Parolen gerufen wurden, durfte das Fahrzeug nicht mehr
mitfahren.

Nach einer Beratung mit der Versammlungsleitung ließ die Polizei den Zug
weiterlaufen. Zuvor rief sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu auf, sich
besonnen zu verhalten. Unter dem Titel "Palestine will be free" (Palästina wird
frei sein) liefen die Teilnehmer vom Oranienplatz in Kreuzberg Richtung Rotes
Rathaus.

Rund 500 Polizisten im Einsatz

Die Polizei war nach eigenen Angaben mit rund 500 Einsatzkräften vor Ort.
Vereinzelt seien Teilnehmer festgenommen worden, um deren Identität
festzustellen, sagte eine Sprecherin. Nach ihren Angaben wurden einige Böller in
Richtung von Polizisten geworfen. Die Veranstalter forderten die Teilnehmer auf,
derartige Aktionen zu unterlassen, wie eine dpa-Reporterin berichtete. Um eine
Dokumentation von Vorfällen zu erschweren, seien Transparente verknotet und
Regenschirme aufgespannt worden, hieß es von der Polizei.

Viele Demonstranten trugen palästinensische Flaggen, andere reckten
Regenschirme in Form einer Wassermelone in die Höhe. Deren Farben - rotes
Fruchtfleisch, grün-weiße Schale und schwarze Kerne - finden sich auch auf der
palästinensischen Flagge. Auf Schildern und Transparenten war unter anderem zu
lesen "Stoppt den Genozid in Gaza" oder "Schluss mit Besatzungsterror!". In
Sprechchören wurde unter anderem gerufen "Free Palestine, Free Gaza".

Polizei erlässt Auflagen

Die Polizei hatte wie üblich einige Auflagen für die Demonstration erlassen. So waren beispielsweise Aufrufe zu Gewalttaten oder ehrverletzende Parolen
verboten. Untersagt waren auch Äußerungen, die die Vernichtung des Staates
Israel propagieren, oder Fahnen und Kennzeichen terroristischer Organisationen
wie der islamistischen Hamas oder der Organisation Samidoun, für die nach dem
Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober 2023 ein Betätigungsverbot in Deutschland
verhängt wurde.

In Aufrufen in diversen Internetportalen hieß es zu dem Protest auf Deutsch, Englisch und Arabisch: "An diesem Nakba-Tag kann kein Verbot, keine Verfolgung,
keine Repression uns davon abhalten, Gerechtigkeit und Befreiung zu fordern. Wir
sind nicht frei, bis Palästina frei ist." Der Nakba-Gedenktag am 15. Mai
erinnert an die Flucht und Vertreibung Hunderttausender Palästinenser im ersten
Nahostkrieg 1948 nach der Staatsgründung Israels.

Tumulte nach Demonstration am Mittwoch

Am vergangenen Mittwochabend hatten anlässlich des Nakba-Gedenktages etwa
600 Menschen in Charlottenburg friedlich demonstriert. Im Anschluss kam es
jedoch in Neukölln zu Tumulten. Nach Angaben der Polizei versammelten sich dort
etwa 200 Demonstranten. Einige von ihnen setzten Mülleimer in Brand, auch
Feuerwerk und bengalisches Feuer wurden gezündet. Immer wieder hätten Menschen
an verschiedenen Stellen Gegenstände wie Fahrräder und Mülltonnen auf die
Straßen geworfen.

Seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober
2023 gibt es in Berlin wöchentlich Demonstrationen. Der Berliner
Staatsanwaltschaft liegen nach eigenen Angaben bislang rund 1040 Verfahren
(Stand: 17. Mai) im Kontext des Gaza-Kriegs vor. Davon geht es in etwa 210
Fällen um Straftaten bei Demonstrationen zu dem Nahost-Konflikt, wie eine
Behördensprecherin auf Anfrage mitteilte. Häufig geht es demnach um
Volksverhetzung, Sachbeschädigung, Beleidigung oder Verwenden von Kennzeichen
verfassungswidriger und terroristischer Organisationen./pba/DP/he

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