18.06.2024 18:24:51 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Koalition mit Wagenknecht-Partei? Umfragehoch heizt Debatte an

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WITTENBERG (dpa-AFX) - Neue Umfrageergebnisse aus Thüringen haben die
Debatte über Koalitionen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) weiter
angeheizt. Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, schloss
am Dienstag nach der Ost-Ministerpräsidentenkonferenz in Wittenberg für seine
SPD eine Koalition mit dem BSW in Thüringen nicht aus. "Wir schließen eine
Koalition aus, das ist die AfD. Und ansonsten versuchen wir so stark wie möglich
zu werden und in Thüringen eine regierungsfähige Mehrheit für das Land zu
stellen", sagte er auf einer Pressekonferenz, an der auch Bundeskanzler Olaf
Scholz (SPD) teilnahm. Schneider kommt selbst aus Thüringen.

Scholz betonte lediglich, dass für ihn ein Bündnis mit dem BSW auf
Bundesebene nicht infrage komme. "Die Politik, die für den Bund vorgeschlagen
wird, ist das Gegenteil von dem, was richtig ist. Es führt zurück und es wird
unser Land isolieren, ökonomisch destabilisieren und die Sicherheit unseres
Landes gefährden." Zu Koalitionen mit dem BSW auf Landesebene äußerte er sich
nicht explizit.

AfD und BSW zusammen fast bei 50 Prozent

Nach einer am Dienstag veröffentlichten Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag des MDR zur Landtagswahl
Thüringen am 1. September liegt die AfD mit 28 Prozent klar auf Platz eins und
käme zusammen mit dem BSW (21 Prozent) fast auf die Hälfte der Stimmen. CDU
(23), SPD (7) und Linke (11) liegen dagegen zusammen nur noch bei 41 Prozent,
Grüne und FDP wären gar nicht mehr im Landtag vertreten.

Da bisher alle anderen Parteien inklusive des BSW ein Bündnis mit der AfD
ausgeschlossen haben, käme bei einem solchen Ergebnis nach jetzigem Stand nur
eine Regierungsbildung des BSW infrage. Auch die CDU hat ein solches Bündnis
nicht ausgeschlossen.

Das neue Umfrageergebnis wurde kurz vor dem Treffen der
Ost-Ministerpräsidenten mit Scholz bekannt. Mit diesem Ergebnis wären "zwei
extreme Parteien in der absoluten Mehrheit", sagte der Ministerpräsident
Sachsen-Anhalts, Reiner Haseloffs (CDU). Es müssten nun "klare Zeichen" gesetzt
werden, um das zu verhindern. Darüber sei man sich beim Treffen mit Scholz
parteiübergreifend einig gewesen.

Haseloff: Kanzler ist "nicht das Problem"

Haseloff hatte schon vor den Beratungen die Ergebnisse der Europawahl als
"Supergau" bezeichnet und ein deutliches Umsteuern vor allem in der
Migrationspolitik gefordert. Den Kanzler schonte er allerdings in der
gemeinsamen Pressekonferenz. "Der Bundeskanzler als Person ist in diesem
Zusammenhang nicht das Problem." Er verwies darauf, dass Scholz auch Rücksicht
auf die Koalitionspartner FDP und Grüne nehmen müsse.

Bei der Europawahl war die AfD trotz aller Personalquerelen und
Spionagevorwürfe in allen fünf ostdeutschen Flächenländern stärkste Kraft
geworden. Für die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen am 1. September und in
Brandenburg am 22. September werden nun ähnliche Ergebnisse erwartet.

Ostdeutsche Regierungschefs fordern Kurskorrekturen

Die ostdeutschen Regierungschefs fordern von der Bundesregierung nun
Kurskorrekturen unter anderem bei der geplanten Krankenhausreform. Mit dem
bisherigen Entwurf drohe ein massiver Eingriff in die Planungshoheit der Länder
in dünn besiedelten Gebieten, kritisieren sie. Sie fordern Ausnahmeregelungen,
um insbesondere Kliniken im ländlichen Raum zu erhalten.

Scholz sagte den Ländern zu, deren Anliegen im weiteren Prozess zu
berücksichtigen. Man werde die restlichen Fragen miteinander bewegen, im Osten
Deutschlands seien die Strukturreformen bereits in der Vergangenheit gemacht
worden, so Scholz. Es gehe deshalb nicht um Standorte, so Scholz. "Sondern es
geht darum, dass wir möglichst große Effizienz in das Gesundheitswesen
hineinbringen und da haben wir uns gute Zusammenarbeit vorgenommen."

Auch in anderen Fragen der Gesundheitspolitik plädieren die ostdeutschen
Länder für Veränderungen. Aufgrund des drohenden Ärztemangels fordern sie bei
der Vergabe von Studienplätzen mehr Freiheiten für die Länder. So sollen mehr
Absolventen nach dem Medizinstudium in den jeweiligen Ländern gehalten werden.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) betonte, das Thema
Gesundheit habe speziell im ländlichen Raum bei den Wahlen zuletzt eine
entscheidende Rolle gespielt. Bis 2030 gehen viele Ärzte im Osten in den
Ruhestand./mfi/DP/ngu

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