27.05.2024 08:41:58 - dpa-AFX: Kühnert: Mehr Abwehrsysteme für die Ukraine auf eigenem Staatsgebiet

BERLIN (dpa-AFX) - SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert kann das Nein von
Bundeskanzler Olaf Scholz zum Einsatz westlicher Waffen gegen Stellungen auf
russischem Gebiet gut nachvollziehen. Er sagte am Montag im ZDF-"Morgenmagazin":
"Das, was in Charkiw und an anderen Stellen passiert, das ist Terror gegen die
Zivilbevölkerung. (...) Trotzdem ermöglicht uns das im Gegenzug nicht, alles zu
machen, was man sich so wünscht."

Wenn Deutschland eigene Waffensysteme beisteuere, müsse man Kontrolle über
den Einsatz haben. Darauf habe der Bundeskanzler immer wieder hingewiesen. "Man
stelle sich einfach nur vor, eine solche Waffe, die auf russischem Gebiet
eingesetzt wird, trifft aus Versehen eine zivile Infrastruktur. Was wir dann für
eine Diskussion haben."

Die Ukraine will westliche Waffen gegen Stellungen auf russischem Gebiet
einsetzen, um sich zu verteidigen. Der Kanzler hatte zuletzt jedoch bekräftigt,
die mit der Ukraine vereinbarten Regeln für den Einsatz der von Deutschland
gelieferten Waffen nicht lockern zu wollen. "Für die Waffenlieferungen, die wir
bisher geleistet haben, haben wir klare Regeln, die mit der Ukraine vereinbart
sind. Und die funktionieren. Das ist jedenfalls meine These", sagte er bei einem
Bürgergespräch auf dem Demokratiefest in Berlin.

Die Ausdehnung der Luftabwehr aus angrenzenden Ländern auf den Westen der
Ukraine hält Kühnert ebenfalls für keine gute Idee. In letzter Konsequenz
bedeute das, wenn das System funktioniere, dass von Nato-Gebiet aus mit diesen
Waffensystemen in den Krieg eingegriffen werde, sagte der SPD-Politiker. Die
deutlich bessere Lösung sei der Ukraine mehr Abwehrsysteme auf ihrem eigenen
Staatsgebiet zur Verfügung zu stellen.

Über den Einsatz ausländischer Waffen gegen russisches Staatsgebiet wird in
den westlichen Geberländern seit langem debattiert. Nato-Generalsekretär Jens
Stoltenberg forderte die Mitgliedsländer auf, der Ukraine zum Selbstschutz
solche Einsätze zu erlauben. Großbritannien hat seine gelieferten Waffen dafür
freigegeben. Befeuert wurde die Debatte zuletzt durch intensivierte russische
Angriffe auf das Gebiet und die gleichnamige Gebietshauptstadt Charkiw nahe der
russischen Grenze mit vielen zivilen Toten. Laut dem ukrainischen Präsidenten
Wolodymyr Selenskyj würden die Ukrainer die Konzentrationspunkte russischer
Truppen kennen wie die Orte, von denen aus Raketen oder Kampfflugzeuge gestartet
werden. Er forderte die Erlaubnis, mit westlichen Waffen diese Streitkräfte
präventiv zu vernichten./cab/DP/jha

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