15.07.2024 19:45:05 - dpa-AFX: ROUNDUP 2/Baerbock: Für Sicherheit in Europa Westafrika stabilisieren

(aktualisierte Fassung)

DAKAR (dpa-AFX) - Außenministerin Annalena Baerbock will die Zusammenarbeit
mit Demokratien in Westafrika ausbauen, um ein Ausbreiten der Instabilität aus
dem Sahel zu verhindern. "Die Sicherheit hier in der Region, die Zukunftschancen
dieser Region, sind eng auch mit unserer eigenen Sicherheit und unserer eigenen
Entwicklung verbunden", sagte die Grünen-Politikerin bei einem Besuch im
Senegal. "Die Probleme und Herausforderungen der Region, Terror, Migration,
organisierte Kriminalität, Armut betreffen uns unmittelbar auch in Europa."

"Wenn in Westafrika noch mehr Länder in die Instabilität kippen, hat das
nicht nur dramatische Konsequenzen für die Menschen vor Ort, sondern auch
direkte Auswirkungen für unsere Sicherheit in Europa", warnte Baerbock. Als
Zeitbomben gelten die brutalen Konflikte zwischen Islamisten und Militär in
Mali, Burkina Faso und Niger. Dort sind mehr als drei Millionen Menschen auf der
Flucht - etwa vier von fünf bislang in ihren Heimatländern. Die Terroristen
bedrohen zunehmend aber auch die bislang stabilen Küstenstaaten.

Baerbock: Im Sahel nicht einfach so weitermachen wie bisher

Man mache sich keine Illusionen über den instabilen Zustand im Sahel, sagte
die Bundesaußenministerin nach einem Gespräch mit ihrer senegalesischen Kollegen
Yacine Fall. Die Putschisten in Mali, Niger und Burkina Faso hätten ihre Länder
wirtschaftlich, politisch und auch in den Beziehungen zu Deutschland
zurückgeworfen. "Wir können nicht einfach weitermachen, als ob nichts geschehen
wäre", betonte Baerbock.

Zugleich sei aber auch klar, dass der Sahel in mittelbaren Nachbarschaft
Deutschlands und Europas liege. "Deshalb brechen wir nicht alle Zelte ab,
sondern handeln pragmatisch innerhalb der verbliebenen Spielräume", sagte die
Bundesaußenministerin und fügte hinzu: "Bei all den Krisen, die uns derzeit im
Atem halten, wissen wir, dass Europas Chancen und Herausforderungen untrennbar
mit denen Afrikas verflochten sind."

Nach Militärputschen droht Region die Spaltung

Mit dem Senegal und der Elfenbeinküste besucht Baerbock zwei der wichtigsten europäischen Partner in Westafrika zu einem Zeitpunkt, in dem die Region sich zu
spalten droht. Die Binnenstaaten der Sahelzone, Mali, Burkina Faso und Niger,
wenden sich nach Militärputschen von Europa ab und Russland zu. Die
Küstenstaaten sind dagegen weiter an einer Zusammenarbeit interessiert.

Zeitgleich zu Baerbocks Besuch organisiert Entwicklungsministerin Svenja
Schulze (SPD) in Berlin ein Treffen der sogenannten Sahel-Allianz, einem
Geberverband, der die Staaten in der Region unterstützen soll. Deutschland, das
aktuell den Vorsitz innehat, ist viertgrößter Geldgeber hinter der Weltbank,
Frankreich und der EU.

Demokratien sollen stärker zusammenarbeiten

Am Nachmittag traf Baerbock den neu gewählten Präsidenten Bassirou Diomaye
Faye, der als Schlüsselfigur für Stabilisierungsversuche in der Region gilt. Der
Senegal mit rund 18 Millionen Einwohnern ist eine der stabilsten Demokratien
Afrikas. Das Land hat seit seiner Unabhängigkeit von Frankreich 1960 noch nie
einen gewaltsamen Konflikt erlebt.

"Die Senegalesen und Senegalesen haben es für alle sichtbar geschafft, einen politischen Wandel innerhalb des demokratischen Systems einzuleiten", sagte
Baerbock. "Überall dort, wo wir als Demokratien, wo wir als Europa nicht
investieren, investieren andere, die dann Abhängigkeiten schaffen, die im
Zweifel gegen uns und auch unser Sicherheitsinteresse eingesetzt werden." Es sei
kein Zufall, dass insbesondere China und Russland auf dem afrikanischen
Kontinent sehr große Investitionen tätigen würden.

Elektro-Schnellbus-System gegen die Umweltprobleme Dakars

Baerbock ließ sich in Dakar das Elektro-Schnellbus-System Bus Rapid Transit
(BRT) zeigen. Es ging im Mai in Betrieb und wurde von der Europäischen
Investitionsbank und der Weltbank finanziert. Das System soll helfen, die
Umweltprobleme der Stadt zu verringern und die Metropole vor dem Verkehrsinfarkt
zu bewahren. Die Bevölkerung im Großraum Dakar hat sich in den vergangenen 50
Jahren auf aktuell etwa vier Millionen Einwohner verzehnfacht.

Mit deutschem Know-how und der europäischen "Global Gateway"-Initiative
trage man dazu bei, dass Senegal seine grüne Transformation vorantreibe und die
Menschen im Alltag profitierten. "Wir sehen, dass es hier gerade mit Blick auf
den Ausbau von Infrastruktur ein wahnsinnig großes Potenzial gibt, gerade auch
für deutsche Firmen", betonte Baerbock.

Die "Global Gateway"-Initiative der EU sieht vor, in den nächsten Jahren bis zu 300 Milliarden Euro in die Infrastruktur von Schwellen- und
Entwicklungsländern zu investieren - auch um der EU mehr globalen Einfluss zu
sichern./bk/cpe/DP/he

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