01.07.2024 12:02:47 - dpa-AFX: Ökonomen-Stimmen zur ersten Runde der Parlamentswahl in Frankreich

PARIS (dpa-AFX) - In Frankreich kämpfen Rechtsnationale und bürgerliche
Parteien nach der ersten Runde der Parlamentswahl um die Macht im Land. Marien
Le Pens Rassemblement National (RN) hofft, die absolute Mehrheit in der
Nationalversammlung zu holen und so an die Regierung zu kommen. Präsident
Emmanuel Macron und das linke Lager wollen versuchen, dies mit einer gemeinsamen
Front bei den Stichwahlen an diesem Sonntag zu verhindern.

Das sagen Ökonomen zum Ausgang der ersten Wahlrunde:

Thomas Gitzel, Chefökonom VP Bank:

"Die Franzosen haben ihr erstes Urteil gefällt: Das Rassemblement National
ist der Gewinner. Dies war im Vorfeld der Wahlen von den Demoskopen so
vorhergesagt geworden. Auch mit dem zweiten Urnengang am kommenden Wochenende
wird sich am Gesamtbild kaum etwas Nennenswertes ändern. (...) Was eine
Regierung des RN für die Europäische Union bedeutet, bleibt derweil abzuwarten.
(...) Es wäre also möglich, dass sich das RN in einer Regierung als weniger
radikal erweisen würde als befürchtet. So war es in Italien, wo sich Giorgia
Meloni der rechten Fratelli d'Italia als bisher gemäßigt entpuppt. (...) Dass
die Frankreichwahlen derweil ein langes Echo an den Finanzmärkten haben, ist
unwahrscheinlich."

Holger Schmieding, Chefökonom Berenberg Bank:

"Obwohl der rechtsextreme Rassemblement National die erste Runde der
französischen Parlamentswahlen gewonnen hat, bleibt das Ergebnis der zweiten
Runde am 7. Juli und das Ausmaß, in dem der RN die französische Innenpolitik
beeinflussen könnte, weitgehend offen. (...) Eine Blockade des Parlaments bleibt
das wahrscheinlichste Ergebnis. Während der RN im zweiten Wahlgang
möglicherweise immer noch die absolute Mehrheit der Sitze gewinnen könnte,
erscheint dies jetzt noch etwas unwahrscheinlicher als zuvor. Das
Risiko-Szenario, dass die Vereinigte Linke die Macht übernehmen und ihre
kostspielige Agenda umsetzen könnte, scheint weiter zurückgegangen zu sein."

Jack Allen-Reynolds, Vizechefökonom Eurozone, Capital Econommics:

"Im zweiten Wahlgang am 7. Juli könnte sich viel ändern, und die hohe
Wahlbeteiligung könnte die Vorhersage des Endergebnisses noch schwieriger
machen. Daher wird die Unsicherheit über die wirtschaftlichen und fiskalischen
Aussichten hoch bleiben. (...) Basierend auf den Informationen, die uns bisher
vorliegen, ist die Wahrscheinlichkeit einer von der RN geführten
Mehrheitsregierung wohl leicht gesunken. Aber unser Basisszenario für dieses
Wochenende scheint immer noch das plausibelste Ergebnis der Wahl zu sein: Die
nächste Regierung wird weniger willens und in der Lage sein, das
Haushaltsdefizit Frankreichs zu reduzieren als die scheidende Regierung."

Peter Goves, Staatsschulden-Research, MFS Investment Management:

"Die erste Runde der Wahlen in Frankreich hat die Erwartungen bestätigt: Es
sieht ganz nach einem Parlament aus, in dem kein Lager die absolute Mehrheit
hat. (...) Allerdings bleibt die Unsicherheit hoch. Für definitive Aussagen über
die Sitzverteilung ist es zu früh, da die hohe Wahlbeteiligung dazu geführt hat,
dass viele Dreierkonstellationen in die Stichwahl gehen. Das macht die Sache
komplizierter. (...) Die Notwendigkeit für Koalitionen ist politisch alles
andere als ideal, nicht aber unbedingt das schlechteste Ergebnis für die Börse.
(...) Wir bleiben bei unserer Ansicht, dass die Ränder der Eurozone nur begrenzt
von einer 'Ansteckung' betroffen sein sollten."

Research-Team Dekabank:

"Der Ausgang der ersten Runde der Parlamentswahlen in Frankreich, bei der
das Rassemblement National unter anderem aufgrund der sehr hohen Wahlbeteiligung
etwas schwächer als erwartet abgeschnitten hat, dürfte von den Märkten mit
Erleichterung aufgenommen werden (...). Das sich abzeichnende Wahlbündnis
zwischen dem Linksbündnis und Macrons Allianz reduziert die Wahrscheinlichkeit,
dass das RN nach dem zweiten Wahlgang am 7. Juli eine absolute Mehrheit
erreichen wird. Im polarisierten Parlament wird eine konstruktive Politik jedoch
kaum möglich sein und entsprechend werden die Sorgen um den französischen
Haushalt die Märkte weiter umtreiben."

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