15.05.2024 13:18:31 - dpa-AFX: ROUNDUP 2: Thyssenkrupp senkt Ausblick wegen Konjunkturschwäche erneut

(neu: Aktienkurse, Analysten, Nucera, Aussagen aus der Telefonkonferenz)

ESSEN (dpa-AFX) - Die Konjunkturschwäche drückt beim Industriekonzern
Thyssenkrupp weiter auf die Geschäfte. Auch im zweiten Quartal
(per Ende März) schrieb das sich in einem tiefgreifenden Umbau befindende
Unternehmen rote Zahlen. Thyssenkrupp macht dafür vor allem Wertberichtigungen
im Anlagevermögen der Werkstoff-Handelssparte sowie negative Effekte aus der
Marktbewertung von CO2-Termingeschäften der Stahlsparte verantwortlich.

Das Unternehmen senkte am Mittwoch bei der Vorlage der Zahlen erneut seine
Jahresprognosen für Umsatz und Konzernergebnis. Unter dem Strich dürften im
Geschäftsjahr 2023/24 nun erneut Verluste stehen. An der erwarteten Steigerung
im operativen Geschäft hält Thyssenkrupp aber fest. Das Unternehmen sprach
insgesamt von einer "soliden Geschäftsentwicklung" in einem "herausfordernden
Umfeld".

Von dem ebenfalls börsennotierten Elektrolyse-Spezialisten Thyssenkrupp
Nucera , an dem die Essener die Mehrheit halten, kamen ebenfalls
durchwachsene Signale: Projekte im zukunftsträchtigen Wasserstoffgeschäft
verschieben sich, das Unternehmen senkte seine Prognosen für den Bereich.

Die im MDax notierte Aktie von Thyssenkrupp verlor
zwischenzeitlich mehr als acht Prozent, konnte die Verluste im Verlauf jedoch
etwas eingrenzen. Am Mittag stand noch ein Minus von drei Prozent zu Buche.

Analyst Christian Obst von der Baader Bank wertete den Quartalsbericht als
"eine gemischte Tüte mit einem negativen Touch" wegen des gesenkten Umsatzziels.
Dem gegenüber stehe, dass der Konzern im zweiten Quartal ein operatives Ergebnis
(Ebit) über den Erwartungen abgeliefert und die Zielmarken für das Ebit und den
freien Mittelzufluss bestätigt habe. Laut dem Experten Moses Ola von der US-Bank
JPMorgan birgt das Umsatzziel die Gefahr, dass die Ebit-Schätzungen am Markt
dennoch reduziert werden.

Die Papiere von Nucera verloren im SDax in der Spitze 13,5
Prozent. Beide Aktien kommen mit der jüngsten Schwäch weiter nicht auf die
Beine, gehören sie doch in ihren Indizes MDax und SDax in diesem Jahr bislang zu
den größten Verlierern. Während die Titel von Thyssenkrupp ein Viertel eingebüßt
haben, bewegen sich jene von Nucera 2024 mit einem Drittel in der Verlustzone.

Laut Thyssenkrupp-Chef Miguel López hat sich der Konzern im zweiten Quartal
"planmäßig" entwickelt - "und das in einem sich weiterhin eintrübenden
Marktumfeld". Er sprach zudem von "wichtigen Fortschritten" bei der
strategischen Neuausrichtung des Konzerns. Dabei verwies er auf die Pläne zur
Verselbständigung des Marinegeschäfts sowie der Stahlsparte. Im Marinegeschäft
findet derzeit die Buchprüfung der Investmentgesellschaft Carlyle statt, mit dem
Ziel eines möglichen Teilverkaufs. "Parallel dazu sondieren wir weitere
Möglichkeiten der Verselbstständigung am Kapitalmarkt", sagte López in einer
Telefonkonferenz. Gleichzeitig liefen wie bereits bekannt Gespräche mit der
Bundesregierung zur Beteiligung des Staates.

Die geplanten, tiefgreifenden Umbaupläne für die Stahlsparte verteidigte er. "Trotz langer Tradition und hoher technischer Kompetenz ist die Zukunft unserer
Stahlindustrie heute massiv gefährdet", sagte er. Die Nachfrage sei zu gering,
die Kosten insbesondere für Energie seien zu hoch, Überkapazitäten drückten auf
die Preise. Hinzu kämen Billigimporte aus Asien. "Deshalb muss sich etwas
ändern." Daher habe man in den vergangenen Wochen wichtige Schritte eingeleitet,
um den Stahlbereich zukunftsfähig aufzustellen. "Wir wollen einen Stahl, der
nachhaltig Geld verdient - und zwar so viel Geld, dass wir die Transformation
hin zu grünem Stahl schaffen", sagte López.

Thyssenkrupp plant einen deutlichen Abbau von Stahl-Erzeugungskapazitäten in Duisburg, der mit einem Stellenabbau verbunden sein soll. Details dazu sind noch
offen und werden derzeit ausgearbeitet. Außerdem soll die EPCG-Holding des
tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky 20 Prozent der Stahlsparte
übernehmen, später 50 Prozent. Bei der geplanten strategischen Partnerschaft
soll es vor allem um Energielieferungen gehen.

Unter dem Strich wies Thyssenkrupp im Quartal einen Verlust von 78 Millionen Euro aus, was weniger war als ein Jahr zuvor, als ein Minus von 223 Millionen
auflief. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit)
sank auf 184 Millionen nach 205 Millionen Euro im Vorjahresquartal. Grund für
die Verringerung sei vor allem der Wegfall von positiven Einmaleffekten der
Autozuliefer-Sparte, hieß es. Ohne diese Effekte habe das bereinigte Ebit ein
Plus verzeichnet. Ergebnissteigerungen im Stahl- und Marinegeschäft hätten dazu
beigetragen. Auch Maßnahmen des Effizienzprogramms Apex hätten sich positiv
ausgewirkt.

Vor allem konjunkturbedingte Preis- und Nachfragerückgänge im
Werkstoffhandel und im Stahlgeschäft sorgten im Vergleich zum Vorjahresquartal
für Rückgänge beim Umsatz von 10,1 auf 9,1 Milliarden Euro und bei den
Auftragseingängen von 10,2 auf 8,6 Milliarden Euro.

Der Elektrolyse-Spezialist Nucera schrieb unterdessen ebenfalls rote Zahlen. Dabei belastete der Hochlauf des Wasserstoffgeschäfts. Den Umsatz konnte das
Unternehmen hingegen deutlich steigern. Jedoch mache sich eine zunehmende
Zurückhaltung bei der finalen Investitionsentscheidung bei vielen potenziellen
Kunden bemerkbar, hieß es. Projekte im Wasserstoffgeschäft verzögerten sich,
weswegen Nucera die Wachstumserwartungen in dem Bereich zurückschraubte.
Thyssenkrupp hält an Nucera nach dem Börsengang noch die Hälfte der Anteile,
während rund ein Viertel bei dem italienischen Partner Industrie De Nora liegt.

Thyssenkrupp senkte für Umsatz und Jahresergebnis erneut die Aussichten für
das Gesamtjahr 2023/24. Wegen Mengenrückgängen und geringerer Preise im Stahl-
und Werkstoffhandelsgeschäft wird jetzt ein Umsatz unter Vorjahresniveau
erwartet. Zuvor hatte der Konzern mit einem Wert auf Vorjahresniveau gerechnet.

Unter dem Strich geht Thyssenkrupp nun von einem Fehlbetrag im niedrigen
dreistelligen Millionen-Euro-Bereich aus. Bislang hatte das Unternehmen einen
ausgeglichenen Wert angenommen. 2022/23 hatte der Verlust knapp zwei Milliarden
Euro betragen. Beim bereinigten Ebit erwartet der Konzern weiterhin eine
Steigerung auf einen Wert im hohen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich nach 703
Millionen Euro im Vorjahr./nas/tob/niw/jha/
Name WKN Börse Kurs Datum/Zeit Diff. Diff. % Geld Brief Erster Schluss
THYSSENKRUPP AG O.N. 750000 Xetra 4,649 29.05.24 12:17:58 -0,093 -1,96% 4,647 4,651 4,730 4,742
THYSSENKRUPP NUCERA O.N. NCA000 Xetra 11,650 29.05.24 12:03:42 +0,110 +0,95% 11,630 11,670 11,550 11,540

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