25.06.2024 17:15:58 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: Chaos, Zerstörung, Plünderungen bei Protesten in Kenia

NAIROBI (dpa-AFX) - Nach friedlichen Protesten explodierten am Dienstag Wut
und Gewalt: Hunderte Demonstranten stürmten am Nachmittag in der kenianischen
Hauptstadt Nairobi das Parlament. Teile des Gebäudes wurden in Brand gesetzt,
Möbel zerstört, während Abgeordnete Medienberichten zufolge durch Kellergänge
aus dem Gebäude flüchteten. Fernsehbilder zeigten niedergedrückte Zäune.

Am späten Nachmittag wurde in Nairobi auch die City Hall, das Gebäude der
Regionalregierung, in Brand gesetzt und teilweise geplündert, wie Fernsehbilder
zeigten. Aus anderen Landesteilen wurde ebenfalls über Plünderungen und
brennende Fahrzeuge, aber auch friedliche Demonstrationen berichtet.

Im Parlament stand am Dienstag ein heftig umstrittenes Steuergesetzes zur
Abstimmung. Viele Menschen befürchten, dass durch das Gesetz die
Lebenshaltungskosten weiter steigen. Auch Kirchen und Wirtschaftsvertreter haben
sich gegen das Gesetz ausgesprochen.

Nach Angaben der kenianischen Menschenrechtskommission wurde ein Demonstrant tödlich getroffen, als die Polizei vor dem Parlament Schüsse abgab. Mindestens
drei Menschen erlitten demnach Schussverletzungen. Nach nicht bestätigten
Berichten könnte die Zahl der Getöteten noch deutlich höher sein. Teilnehmer der
Proteste berichteten in sozialen Medien von acht bis zehn Toten, offizielle
Zahlen gab es dazu bis zum frühen Abend nicht.

Krankenhäuser und ärztliche Organisationen berichteten über zahlreiche
Verletzte, konnten aber keine Gesamtzahlen nennen. Fernsehbilder zeigten die
Ankunft zahlreicher Rettungsfahrzeuge im Kenyatta-Hospital, dem größten
Krankenhaus Nairobis.

Die Proteste hatten am Morgen friedlich begonnen. Wie bereits in der
vergangenen Woche ging die Polizei, die die Straßen rund um das
Parlamentsgebäude weiträumig abgesperrt hatte, hart gegen Demonstranten vor. Sie
setzte neben Tränengas und Wasserwerfern auch scharfe Munition ein. Mehrere
Menschenrechtsorganisationen haben das Vorgehen der Sicherheitskräfte mehrfach
scharf kritisiert. Auch Journalisten und Rechtsanwälte wurden bei ihrer Arbeit
angegriffen und behindert.

Kenianische Medienunternehmen berichteten am Nachmittag, ihnen sei von
Regierungsstellungen mit Schließungen wegen der Berichterstattung über die
Proteste gedroht worden.

Die Protestbewegung, die sich in den vergangenen zwei Wochen gebildet hatte, ist vor allem durch junge Menschen geprägt, die sich über soziale Medien
organisierten. In Kenia herrscht eine hohe Jugendarbeitslosigkeit. Auch viele
gut ausgebildete College- oder Universitätsabsolventen finden keine Arbeit.

Seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren hat Kenias Präsident William Ruto
eine Reihe neuer Steuern eingeführt, um die angespannte Finanzsituation des
ostafrikanischen Landes zu verbessern. Angesichts der nun geplanten weiteren
Steuerbelastungen befürchten viele Kenianer eine kaum mehr zu bewältigende
Steigerung ihrer Lebenshaltungskosten, während Unternehmer und Geschäftsleute
deutliche Einbußen angesichts zurückgehender Kaufkraft erwarten./czy/DP/jha

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