27.06.2024 11:27:36 - dpa-AFX: VERMISCHTES: Zahl der Scheidungen sinkt auf Tiefstwert

WIESBADEN (dpa-AFX) - Die Zahl der Scheidungen in Deutschland ist im
vergangenen Jahr erneut zurückgegangen. So wurden 2023 rund 129 000 Ehen durch
richterlichen Beschluss getrennt, das sind 6,1 Prozent weniger als im Vorjahr,
wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Der Wert erreichte 2023
den niedrigsten Stand seit der Deutschen Vereinigung im Jahr 1990 und zugleich
den zweitniedrigsten Stand seit 1950.

Ein Ehe-Aus kommt statistisch allerdings wieder etwas früher. Ließen sich
Paare 2022 im Durchschnitt noch nach etwas mehr als 15 Jahren scheiden, waren
die im Jahr 2023 geschiedenen Ehepaare 14 Jahre und neun Monate verheiratet.

"Ehen tatsächlich erheblich besser geworden"

Für den Psychotherapeuten Wolfgang Krüger aus Berlin bedeute dies allerdings keinen Trend-Einschnitt: "Wir beobachten, dass die Ehen tatsächlich in den
letzten 20 Jahren erheblich besser geworden sind", sagte er der Deutschen
Presse-Agentur. Er führt diese Verbesserung auf mehrere Gründe zurück: Menschen
würden mittlerweile oft nur noch heiraten, wenn sie wirklich ineinander verliebt
seien und das Gefühl hätten, dass die Ehe gelinge. "Wir haben bei der Ehe vorher
eine gewisse Qualitätsauswahl." Im Unterschied zu den 60er und 70er Jahren müsse
oftmals auch nicht mehr aus finanziellen Gründen oder wegen sozialen Drucks
geheiratet werden.

Auch die verbesserte Krisenkommunikation spiele in länger haltende Ehen eine große Rolle. Viele Menschen wüssten mehr, wie man miteinander reden müsse oder
Konflikte kläre. "Also wie Ehen wirklich gelingen, das wissen immer mehr Leute",
sagte Krüger.

Zudem seien die äußeren Umstände ein Faktor: "Wir leben in schwierigen
Zeiten, in denen man tiefe Verunsicherungen erlebt. Und dann will man einen Ort
haben mit Sicherheit, wo man das Gefühl hat, "der andere hält zu mir"." Dieser
Ort sei noch immer die Liebe und für viele letztlich auch die Ehe.

Schwierige Zeiten wie die Corona-Pandemie haben auf die Zahl der
Ehescheidungen offenbar kaum Einfluss: "Auch die Corona-Pandemie hat diese
Entwicklung nicht beeinflusst", erklärten die Statistiker.

Mehr als 100 000 Kinder von Scheidung betroffen

Laut Statistischem Bundesamt hatten mehr als die Hälfte der rund 129 000
getrennten Paare minderjährige Kinder. "Insgesamt waren im Jahr 2023 etwa 109
600 Minderjährige von der Scheidung ihrer Eltern betroffen."

Die Statistik zeigt zudem, dass sich weiterhin einige Paare erst spät
entscheiden, getrennte Wege zu gehen: So waren knapp 17 Prozent der Geschiedenen
mindestens im 25. Jahr verheiratet. Zum Vergleich: 2022 waren es 18 Prozent und
1997 wurden nur etwa zehn Prozent im Jahr ihrer Silberhochzeit oder danach
richterlich getrennt.

Einen Bruchteil der Scheidungen im Jahr 2023 nahmen gleichgeschlechtliche
Paare ein - 1300 insgesamt. Dies waren etwa 200 oder 15 Prozent mehr als im Jahr
2022. Seit der Einführung der "Ehe für alle" im Oktober 2017 können in
Deutschland keine Lebenspartnerschaften mehr begründet werden.
Gleichgeschlechtliche Paare, die in einer zuvor eingetragenen
Lebenspartnerschaft leben, können diese laut Bundesamt nicht durch Scheidung,
sondern durch Aufhebung beenden. 2023 wurden mit rund 700 Aufhebungen von
Lebenspartnerschaften etwa 200 oder 19,4 Prozent weniger erfasst als im Vorjahr.
Damit sank diese Zahl das vierte Jahr in Folge.

Auch die Zahl der Eheschließungen ging 2023 zurück, nachdem sie im Vorjahr
deutlich gestiegen war. Rund 360 000 Trauungen wurden den Angaben nach
durchgeführt, im Vorjahr lag dieser Wert noch bei mehr als 390 000. 2021 war die
Zahl der Eheschließungen auf einen coronabedingten Tiefstwert von etwa 357 000
gefallen./lfo/DP/jha

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH