28.06.2024 06:42:04 - dpa-AFX: VERMISCHTES/Gerücht aus dem Netz: Krebsgefahr durch Aperol Spritz?

BERLIN (dpa-AFX) - Ein erfrischender Aperol Spritz an einem lauen
Sommerabend - für manche geht's gar nicht besser. In sozialen Netzwerken wird an
mancher Stelle behauptet, die Farbstoffe des Aperitifs seien extrem giftig und
krebserregend. Ein Faktencheck dazu, wie gesundheitsschädlich Aperol wirklich
ist.

Behauptung

Wegen der stark krebserregenden Farbstoffe sollte Aperol Spritz gar nicht
konsumiert werden.

Bewertung

Irreführend.

Fakten

Aperol ist eine Marke der Campari-Gruppe. Der italienische Likör wird gern
als Aperitif oder in Cocktails verwendet. Als Aperol Spritz wird eine Mischung
mit Prosecco und Mineralwasser bezeichnet. Discounter bieten vielfach Aperol
ähnelnde Eigenmarken an.

Seine auffällige orange-rote Farbe verdankt Aperol den beiden zugesetzten
künstlichen Farbstoffen E 110 (Gelborange S) und E 124 (Cochenillerot A), deren
Grundstoff Erdöl ist. Die sogenannten Azofarbstoffe gelten als "sehr
umstritten", wie es bei der Verbraucherzentrale Berlin heißt. Sie können demnach
bei Menschen, die allergisch auf Aspirin reagieren oder generell anfällig für
Allergien sind, zu sogenannten pseudoallergischen Reaktionen wie Hautrötungen
und Asthma führen.

Aber erhöhen sie auch das Krebsrisiko? Die in Lebensmitteln verwendeten
geringen Mengen gelten als unbedenklich. Beide Farbstoffe sind zugelassene
Lebensmittelzusatzstoffe. Laut dem Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) werden Zusatzstoffe nur zugelassen, wenn bestimmte
Kriterien erfüllt werden. Dazu gehöre unter anderem der Nachweis, dass der Stoff
gesundheitlich unbedenklich ist.

Begrenzte Mengen

Eine Zulassung gilt vielfach nur für bestimmte Lebensmittelkategorien und
begrenzte Höchstmengen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit
(EFSA) hat auch für E 110 und E 124 Grenzwerte für die tägliche Aufnahme
festgelegt: Bei E 110 liegt diese maximale Menge bei vier Milligramm pro
Kilogramm Körpergewicht, bei E 124 bei 0,7 Milligramm. In Spirituosen wie Aperol
dürfen beide Farbstoffe und andere derselben Kategorie in einer
Gesamtkonzentration von bis zu 200 Milligramm pro Liter verwendet werden.

So könne eine Person mit einem Körpergewicht von 70 kg täglich bis zu 490 ml Aperol konsumieren, ohne die empfohlenen Grenzwerte zu überschreiten, erklärt
die Verbraucherzentrale. Maßgeblich für diese Rechnung ist der Farbstoff E 124
bei der Annahme, dass bis zu 100 Milligramm pro Liter im Aperol sein können. Das
Ergebnis mit knapp einem halben Liter Aperol entspricht etwa acht Gläsern des
Sommer-Getränks Aperol Spritz.

Studienlage dünn

Dazu, ob und wie stark E 110 und E 124 krebserregend wirken, lieferten
Studien unterschiedliche Ergebnisse. Festgestellt wurde nach Angaben der
Verbraucherzentrale unter anderem, dass sich das Krebsrisiko bei Mäusen erhöhte
- allerdings bei langer Gabe in hoher Konzentration. Trotzdem gehen andere
Länder bereits wesentlich restriktiver mit E 124 um. In den USA etwa ist die
Verwendung des Farbstoffs in Lebensmitteln gänzlich verboten.

Hinsichtlich E 110 verweisen Experten des Hamburger Umweltinstituts auf
mögliche Nierentumore bei Tieren, schränken aber ein: Für den Menschen sei in
Studien bisher kein solcher Zusammenhang nachgewiesen worden.

Definitiv krebserregend: Alkohol

Zu bedenken ist bei der Bewertung aber auch noch ein anderer Inhaltsstoff:
der Alkohol. Dass es einen direkten Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und
Krebsrisiko gibt, sehen Experten schon lange als gesichert an. Dies gilt unter
anderem für Speiseröhrenkrebs und Leberkrebs, wie es beim Deutschen
Krebsforschungszentrum (DKFZ) heißt. Rund vier Prozent der jährlichen Krebsfälle
in Deutschland lassen sich demnach direkt auf Alkohol zurückzuführen. Hinzu
kämen weitere potenzielle gesundheitliche Folgen wie Schlaganfall, Herzversagen,
Alkoholabhängigkeit und psychische Störungen./evy/DP/zb

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH