16.06.2024 14:07:20 - dpa-AFX: ROUNDUP/'FAS': Verkehrsministerium will Autobahn-Investitionen stark kürzen

BERLIN (dpa-AFX) - Bei den Investitionen des Bundes in Autobahnen sind nach
einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" deutliche Kürzungen
geplant. Die Mittel für die Autobahn GmbH, die die Autobahnen baut und betreibt,
sollen im kommenden Jahr im Vergleich zur bisherigen Planung um 20 Prozent
zusammengestrichen werden, wie das Blatt unter Berufung auf den
Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2025 schreibt. Statt 6,29 Milliarden gebe
es dann nur 4,99 Milliarden Euro. Auch 2026 und 2027 werden die Investitionen
nach Angaben des Blattes um jeweils rund eine Milliarde Euro gekürzt, 2028 noch
einmal um 378 Millionen Euro.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing betonte, "die Straße ist unser
wichtigster Verkehrsträger. Sie muss selbstverständlich ausreichend
ausfinanziert sein". Das laufende Haushaltsaufstellungsverfahren sei noch nicht
abgeschlossen. "Mein Ziel ist es, dass die Autobahn GmbH für 2025 die
Investitionsmittel in voller Höhe bekommt, die sie braucht", sagte der
FDP-Politiker am Sonntag.

Am Samstag hieß es im Ministerium, aufgrund der aktuellen Haushaltslage und
der erforderlichen Einsparungen könnten aktuell nicht alle Bedarfe für
Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur abgebildet werden. "Das betrifft alle
Verkehrsträger, also Straße, Schiene und Wasserstraße gleichermaßen, wobei sich
die vom Verkehrsministerium geplanten Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur
weiterhin auf Rekordniveau bewegen." Aufgrund der erheblichen "Vernachlässigung
der Verkehrsinfrastruktur durch die letzten Bundesregierungen" sei der
Investitionsbedarf noch höher als derzeit finanziell darstellbar. Ziel sei, die
Investitionen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel weiter zu erhöhen. Das
betreffe ausdrücklich auch die Investitionen in die Autobahnen und
Bundesfernstraßen.

Die Kürzungen fallen der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" zufolge
noch dramatischer aus, wenn man berücksichtige, dass die Autobahn GmbH einen
höheren Bedarf angemeldet habe, als in der aktuellen Finanzplanung vorgesehen
sei. Nach internen Berechnungen der Gesellschaft fehlten in den kommenden vier
Jahren für Neu- und Ausbau, Erhalt und Betrieb der Autobahnen 4,1 Milliarden
Euro. Die Autobahn GmbH habe erhöhten Finanzbedarf, vor allem für das dringend
notwendige Brückenmodernisierungsprogramm.

Bauindustrie: Deutschland spart sich seine Straßen und Brücken kaputt

"Die traurige Tradition, dass Deutschland sich seine Straßen und Brücken
kaputtspart, setzt sich leider fort", sagte der Präsident des Hauptverbandes der
Deutschen Bauindustrie, Peter Hübner, der Zeitung. "Seit Jahrzehnten wird zu
wenig investiert, nicht einmal in den Erhalt."

Der CDU-Verkehrspolitiker Florian Müller sagte, "wer jetzt der Autobahn GmbH das Geld zusammenstreicht, verhält sich wie ein Brandstifter im trockenen Wald".
Die Autobahn GmbH sei schon jetzt unterfinanziert. Weitere Kürzungen bedeuteten
das Aus vieler Modernisierungen und Sanierungen. Verkehrsminister Volker Wissing
(FDP) müsse mitteilen, welche Projekte er streichen wolle, forderte Müller.

Der ADAC sieht die geplanten Kürzungen bei den Investitionen in Autobahnen
kritisch. Schon heute seien viele Autobahnen und vor allem Brücken in einem
schlechten Zustand. Bereits der Ausfall einer einzelnen Autobahnbrücke habe
gravierende Auswirkungen für den Verkehr, die Anwohner und die Wirtschaft
entlang der Ausweichrouten.

Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan begrüßte die geplanten
Einsparungen und forderte Wissing auf, auch die daraus folgenden Konsequenzen
auszusprechen: "Mit Tausenden maroder Brücken und vielen reparaturbedürftigen
Strecken ist das bestehende Autobahnnetz ein Pflegefall." Damit das knappere
Geld gezielt für die Sanierung eingesetzt werden könne, sollte Wissing alle
Neubauprojekte auf Eis legen und überprüfen lassen.

Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) warnte, drastische
Einschnitte bei der Autobahn GmbH hätten erhebliche Auswirkungen auf dringend
benötige Lückenschlüsse im Straßennetz und die Sanierung von Autobahnbrücken.
"Und das, obwohl der Bundesrechnungshof die Brückensanierungspläne des Bundes
schon jetzt als "unrealistisch" bezeichnet und das schleppende Tempo rügt",
sagte Bernreiter./sl/DP/men

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