13.06.2024 22:59:39 - dpa-AFX: OLG: Plattformen haften für Beleidigungen nur nach konkretem Hinweis

FRANKFURT (dpa-AFX) - Betreiber von Social-Media-Plattformen müssen für
rechtsverletzende Inhalte ihrer Nutzer nur unter bestimmten Bedingungen haften.
Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Donnerstag. Demnach
können sie nur belangt werden, wenn diese so konkret gefasst sind, dass der
Rechtsverstoß offensichtlich ist.

Geklagt hatte der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael
Blume. Laut OLG meldete er dem damals noch Twitter genannten
Kurznachrichtendienst X mit Anwaltsschreiben eine Vielzahl von Tweets mit aus
seiner Sicht rechtsverletzenden Inhalten und forderte zur Entfernung und
Unterlassung auf.

X löschte daraufhin den Account eines Nutzers, der sechs der beanstandeten
Tweets veröffentlicht hatte. In erster Instanz hatte das Landgericht Frankfurt
am Main die Plattform auf den Eilantrag Blumes hin verpflichtet, die Verbreitung
von fünf näher benannten Äußerungen des Nutzers über den Kläger zu unterlassen.
Dagegen hatte X Berufung eingelegt.

Das OLG wies den Unterlassungsantrag nun ab. Die Beklagte stelle lediglich
eine Plattform für Äußerungen Dritter zur Verfügung. Damit hafte sie als
Provider für etwaige rechtsverletzende Inhalte erst nach Kenntniserlangung, hieß
es zur Begründung. Ein Betroffener müsse die Plattform zunächst mit
Beanstandungen konfrontieren, die so konkret gefasst sein müssten, dass der
Rechtsverstoß unschwer bejaht werden könne.

Erst dann treffe den Anbieter die Verpflichtung zur weiteren Ermittlung und
Bewertung des angezeigten Sachverhalts, entschied der Pressesenat des Gerichts.
Blumes Anwaltsschreiben habe keine hinreichende Kenntnis von den Tatsachen
vermittelt, aus denen der Plattform eine Rechtsverletzung ohne eingehende
rechtliche oder tatsächliche Prüfung erkennbar gewesen sei, erklärte das
Gericht. Es sei ohne jegliche Begründung oder Sachverhaltsdarstellung allein von
"rechtswidrigen Inhalten" die Rede gewesen.

Ohne Erfolg blieb laut OLG auch Blumes Berufung darauf, dass das von X
bereitgestellte Meldeformular kein Textfeld für weitere konkretisierende
individuelle Angaben bereitstelle. Das Meldeformular entspreche den Vorgaben des
Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG)
und bezwecke damit in erster Linie eine Kontrolle nach strafbaren Inhalten,
stellte das Gericht fest. Zudem wären nähere Angaben sowohl in der Spalte
"Inhalt" als auch im Rahmen eines Anhangs möglich gewesen.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nach Angaben des OLG nicht
anfechtbar./nis/DP/men
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