24.05.2024 17:34:36 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP 2: Kontroverse über Räumung der Humboldt-Uni

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BERLIN (dpa-AFX) - Die Räumung eines von propalästinensischen Aktivisten
besetzten Gebäudes der Berliner Humboldt-Universität (HU) hat eine Kontroverse
zwischen Berliner Universitäten und Landesregierung ausgelöst. Nach Angaben von
HU-Präsidentin Julia von Blumenthal wurde die Räumung auf Druck des Senats
veranlasst. Die Anweisung sei "von ganz oben gekommen", sagte sie am
Donnerstagabend. Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra (SPD) widersprach. Die
Entscheidung sei gemeinsam mit der Universität getroffen worden, erklärte sie am
Freitag. Die Beendigung der Aktion sei Thema in einem Gespräch mit dem
Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU), Innensenatorin Iris Spranger (SPD)
und von Blumenthal gewesen.

Die Präsidentin der Technischen Universität Berlin (TU) sprang ihrer
Amtskollegin zur Seite. Sie nannte das Vorgehen Wegners und Czyborras "äußerst
befremdlich". "Frau von Blumenthal hätte auch ohne Anweisung von oben räumen
lassen, wenn der Dialog endgültig gescheitert wäre. Nicht nur zeigt dies
mangelndes Vertrauen in die Hochschulleitungen, es untergräbt auch die
Hochschulautonomie an sich."

Wegner: "dulden keinen Antisemitismus, Hass und Hetze an unseren
Universitäten"

Wegner erklärte dazu am Freitag: "Wenn die TU-Präsidentin meint, es sei ein
neuer Stil, dann hat sie völlig recht." Und ergänzte: "Ich lege sehr viel Wert
auf die Wissenschafts- und Meinungsfreiheit, aber antisemitische Straftaten sind
keine Meinung." der Regierende Bürgermeister verteidigte das Vorgehen gegen die
propalästinensischen Besetzer. "Ich werde das nicht durchgehen lassen, wir
dulden keinen Antisemitismus, Hass und Hetze an unseren Universitäten",
unterstrich der CDU-Politiker. "Jüdische Studentinnen und Studenten müssen
angstfrei an den Hochschulen studieren können."

Propalästinensische Aktivisten hatten am Mittwoch HU-Räume aus Protest gegen Israel und zur Unterstützung der Palästinenser besetzt. In der Nähe des Gebäudes
gab es eine Kundgebung, bei der die Polizei in der Spitze rund 300
Demonstrantinnen und Demonstranten zählte. Die Universitätsleitung duldete die
Besetzung zunächst und setzte auf einen Dialog mit Besetzern und
Wissenschaftlern. Am Donnerstagabend veranlasste Universitätspräsidentin von
Blumenthal dann die Räumung.

Rund 530 Polizisten im Einsatz

Die Räumung löste einen Großeinsatz der Polizei aus. Rund 530 Polizistinnen
und Polizistinnen waren im Einsatz, wie die Behörde am Freitag mitteilte. Am
Donnerstagabend führten die Beamten etwa 170 propalästinensische Aktivistinnen
und Aktivisten aus dem Gebäude des Instituts für Sozialwissenschaften. Davon
hielten sich 50 Besetzer im Hof auf und weitere 120 im Gebäude. 20 von ihnen
hätten sich im Obergeschoss des vierstöckigen Gebäudes verbarrikadiert. "Zur
Öffnung der verbarrikadierten Tür musste eine Ramme eingesetzt werden." Nach
Polizeiangaben wurde die Identität von 169 Besetzern festgestellt. Es wurden 25
Strafermittlungsverfahren eingeleitet.

Von Blumenthal sagte am Freitag im RBB-Inforadio, dass die Räumung immer
eine Option gewesen sei - auch wenn sie aus ihrer Sicht letztendlich zu früh
begonnen habe. "Wir waren (...) in der Situation dort in einem Dialog, und aus
unserer Sicht hätten wir noch etwas Zeit gebraucht, um zu sehen, ob wir selbst
diesen Dialog zu einem Ergebnis führen können oder nicht", sagte von Blumenthal
dazu." Länger als über den Abend hinaus hätte die Universität die Besetzung
allerdings nicht geduldet./bum/DP/ngu

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