10.07.2024 08:52:53 - dpa-AFX: ROUNDUP: Wohnen im Pflegeheim wird teurer - Zuzahlungen steigen

HANNOVER (dpa-AFX) - Wer pflegebedürftig ist, muss in niedersächsischen
Heimen erneut mehr aus eigener Tasche zuzahlen. Im ersten Jahr im Heim werden im
landesweiten Durchschnitt 2.528 Euro monatlich fällig - 137 Euro mehr als vor
einem Jahr und sogar rund 600 Euro mehr als vor drei Jahren, wie aus
Berechnungen des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) zum Stichtag 1. Juli
hervorgeht. Die Daten liegen der Deutschen Presse-Agentur vor. Die Belastungen
wachsen damit auch trotz kürzlich angehobener Entlastungszuschläge, die mit der
Aufenthaltsdauer steigen.

In den Kosten für einen Platz im Pflegeheim ist zum einen der Eigenanteil
für die reine Pflege und Betreuung enthalten. Denn die Pflegeversicherung trägt
- anders als die Krankenversicherung - nur einen Teil der Kosten. Außerdem
müssen Bewohnerinnen und Bewohner Kosten für Unterkunft, Verpflegung und
Investitionen in den Einrichtungen selber zahlen. In die Auswertung zum 1. Juli
wurden erstmals Ausbildungskosten einbezogen, die ebenfalls von den Heimen
weitergegeben werden. Dieser Posten wurde auch in die Vergleichswerte zum 1.
Juli 2023 eingerechnet.

Auch bundesweit steigen die Zuzahlungen

Seit 2022 gibt es neben den Zahlungen der Pflegekasse besondere
Entlastungszuschläge, die mit einer Reform der Ampel-Koalition zum 1. Januar
erhöht wurden. Der Eigenanteil für die reine Pflege wird so im ersten Jahr im
Heim um 15 statt 5 Prozent gedrückt, im zweiten um 30 statt 25 Prozent, im
dritten um 50 statt 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent.

Im bundesweiten Durchschnitt sind nach den Zahlen des Verbandes der
Ersatzkassen zum Stichtag 1. Juli im ersten Jahr im Heim 2.871 Euro pro Monat
aus eigener Tasche fällig. Das sind 211 Euro mehr als Mitte 2023. Zum
Ersatzkassenverband gehören unter anderem die Techniker Krankenkasse, die
Barmer, die KKH Kaufmännische Krankenkasse und die DAK-Gesundheit.

Am teuersten in Nordrhein-Westfalen

In Bremen stiegen die selbst zu zahlende Anteile im ersten Jahr zum Stichtag 1. Juli gar um 433 Euro im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt waren 3.070 Euro
fällig, die aus eigener Tasche gezahlt werden mussten. Regional waren die
Unterschiede deutlich - im Schnitt am teuersten ist derzeit ein Heimplatz im
ersten Aufenthaltsjahr in Nordrhein-Westfalen mit 3.200 Euro pro Monat und in
Baden-Württemberg mit 3.180 Euro. Am niedrigsten fiel die Eigenbeteiligung in
Sachsen-Anhalt mit 2.373 Euro aus.

Der Verband sprach sich für eine grundlegende Finanzierungsreform der
Pflegeversicherung auf Bundesebene aus. "Ziel muss es sein, Pflegeheimbewohner
zu entlasten", betonte der Leiter des Ersatzkassenverbandes in Niedersachsen,
Hanno Kummer. Eine Durchschnittsrente in dem Bundesland reiche bei weitem nicht
mehr für einen Pflegeheimplatz aus: "Das bedeutet: Viele Menschen, die
jahrzehntelang gearbeitet haben, sind am Ende des Lebens auf Sozialhilfe
angewiesen." Hintergrund der steigenden Zuzahlungen sind vor allem höhere
Lohnkosten in der Pflege.

Ersatzkassenverband: Pflegeheimbewohner vor Überforderung schützen

Kummer sagte: "Es kommt jetzt darauf an, zügig eine solide
Finanzierungsgrundlage zu schaffen und dabei die Heimbewohner vor finanzieller
Überforderung zu schützen." Um die Pflegebedürftige kurzfristig zu entlasten,
sieht er auch das Land in der Pflicht: "Niedersachsen sollte die
Investitionskosten übernehmen, so wie auch für die Krankenhäuser." Derzeit
trügen die Pflegeheimbewohner die Kosten für die Instandhaltung der Gebäude und
die Ausstattung. Diese betrügen derzeit durchschnittlich für jeden Heimbewohner
in Niedersachsen 516 Euro im Monat.

Das Bundesgesundheitsministerium will im Herbst ein Konzept für eine
Pflegereform vorlegen. Es soll um ein Gesamtpaket für mehr Kapazitäten beim
Pflegepersonal, ein stärkeres Vermeiden von Pflegebedürftigkeit und das
Schließen einer Finanzlücke gehen - denn die Pflegeversicherung erwartet für
2024 und 2025 rote Zahlen./tst/DP/mis

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH