12.07.2024 16:18:25 - dpa-AFX: Spahn im Visier - Lauterbach will teure Masken-Beschaffung aufklären

BERLIN (dpa-AFX) - Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will die
teuren Maskenkäufe zu Beginn der Corona-Krise aufklären. Er habe die ehemalige
Staatssekretärin im Justiz- und im Verteidigungsministerium, Margaretha Sudhof
(SPD), zur Aufklärungsbeauftragten für die Maskenvorgänge berufen, sagte
Lauterbach der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Frau Sudhof soll die
Versäumnisse aus der letzten Legislatur grundlegend aufarbeiten und transparent
machen", kündigte Lauterbach an. "Sie mistet jetzt aus, dabei geht sie in jeden
Winkel." Innerhalb weniger Monate werde ihm die Juristin einen Bericht vorlegen,
der auch personelle Konsequenzen nach sich ziehen könne.

Spahn rechtfertigt sich mit Notlage

In einer Aktuellen Stunde des Bundestags Ende Juni hatte der damalige
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Vorgehen von 2020 gerechtfertigt: "Wir
mussten in der Not entscheiden." Nachfolger Lauterbach sagte: "Wenn Fehler
gemacht wurden, dann muss das auf den Tisch, und das scheint klar der Fall
gewesen zu sein." So sei die Dokumentation zur Maskenbeschaffung
hochproblematisch. Auch müsse geklärt werde, warum noch nach dem
Beschaffungsstopp im sogenannten Open-House-Verfahren aufgrund zu hoher
Lieferzusagen trotzdem weitere Direktverträge abgeschlossen wurden. In einem
Open-House-Verfahren schließt ein öffentlicher Auftraggeber mit allen Bietern
einen Vertrag ab.

Lauterbach sagte, den hohen Einkaufspreis von 4,50 Euro je Maske habe nach
jetziger Erkenntnis sein Vorgänger Spahn festgelegt. Er kündigte an, diesen
Verdacht gegen Spahn aufzuklären: "Dazu werden die Akten jetzt ebenfalls
gesichert, archiviert und ausgewertet." Spahn habe auch den münsterländischen
Logistiker Fiege empfohlen. Der Sitz dieses Unternehmens liegt in dessen
Wahlkreis. "Es wirft natürlich Fragen auf, wenn ein Unternehmen aus der Region
des Ministers ausgewählt wird, das nicht gerade ein Weltkonzern ist."

Streit um 2,3 Milliarden Euro

Lauterbach lehnte einen Vergleich mit klagenden Maskenlieferanten ab, die
dem Ministerium vorwerfen, nicht gezahlt und die Verträge gebrochen zu haben.
Man prüfe, vor den Bundesgerichtshof zu ziehen, sagte er. Aus schwelenden
Streitfällen um Masken-Lieferungen sind noch in etwa 100 Fällen Klagen mit einem
Streitwert von insgesamt 2,3 Milliarden Euro anhängig.

In der Aktuellen Stunde hatten etwa die Grünen eine Aufarbeitung des
Einsatzes von Steuergeldern in Milliardenhöhe "für windige Verträge" gefordert.
Der FDP-Haushaltspolitiker Karsten Klein sagte, es gehe jetzt darum, Risiken aus
einer Überbeschaffung zu minimieren, die in Verantwortung der CDU entstanden
seien. Die FDP fordert eine Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der
Corona-Politik. Spahn sagte, man habe nach der Devise gehandelt: "Haben ist
besser als brauchen." Der heutige Kanzler Olaf Scholz (SPD) sei als
Finanzminister auch eingebunden gewesen und habe zu Recht das Geld zur Verfügung
gestellt./bw/DP/men

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