08.07.2024 17:00:03 - dpa-AFX: Tirzepatid oder Semaglutid - Was lässt mehr Gewicht verlieren?

BELLEVUE (dpa-AFX) - Eine vergleichende Studie bestätigt, dass sich mit dem
Wirkstoff Tirzepatid ein stärkerer Gewichtsverlust erreichen lässt als mit
Semaglutid. Das Nebenwirkungsrisiko beider Substanzen sei vergleichbar,
berichtet ein Forschungsteam im Fachjournal "JAMA Internal Medicine". Aussagen
zu Langzeitfolgen sowie zum Erreichen wichtiger Ziele wie einem verringerten
Risiko für Herzinfarkte ließen sich aus der Analyse aber nicht ableiten.

Beide Wirkstoffe werden schon länger zur Behandlung eines Typ-2-Diabetes und seit 2023 auch bei übergewichtigen oder adipösen Menschen ohne Diabetes
eingesetzt - wobei Patienten begleitend ihre Ernährung umstellen und sich mehr
bewegen sollen. Tirzepatid zur Gewichtsreduktion ist in Deutschland unter dem
Handelsnamen "Mounjaro" (Unternehmen: Eli Lilly) erhältlich, Semaglutid (Novo
Nordisk) als "Wegovy".

Die Forschenden um Nicholas Stucky vom US-Unternehmen Truveta in Bellevue,
das auf die Analyse elektronischer Gesundheitsdaten spezialisiert ist, nutzten
Daten von gut 18.000 Erwachsenen mit Übergewicht oder Fettleibigkeit, die in den
USA mit Semaglutid oder Tirzepatid behandelt wurden. Ihr Durchschnittsalter
betrugt 52 Jahre, das mittlere Gewicht zu Beginn der Therapie 110 Kilogramm.

Häufigerer und größerer Erfolg

Erfasst wurde, ob ein Gewichtsverlust von mindestens 5, 10 oder 15 Prozent
erreicht wurde und wie sich das Gewicht nach 3, 6 und 12 Monaten Therapie
entwickelt hatte. Patienten, die Tirzepatid erhielten, erreichten merklich
häufiger einen Gewichtsverlust. Zudem waren die Veränderungen des Gewichts bei
ihnen im Mittel größer.

Die Ergebnisse bestätigen Hinweise aus früheren Studien, wie die Forschenden erläutern. Einige Daten im Detail: Knapp 82 Prozent der mit Tirzepatid
behandelten Männer und Frauen erreichten 5 Prozent oder mehr Gewichtsverlust,
mit Semaglutid waren es rund 67 Prozent. Eine Reduktion um 15 Prozent oder mehr
erreichten rund 42 Prozent (Tirzepatid) und 18 Prozent (Semaglutid). Die Rate an
Magen-Darm-Problemen wie Übelkeit, Durchfall und Verstopfung als Nebenwirkung
war bei beiden Gruppen ähnlich.

Mehr als bei Diabetes-Patienten

Die Studie bestätigte auch, dass übergewichtige Menschen ohne Typ-2-Diabetes im Mittel mehr Gewicht verlieren als Patienten mit dieser Diagnose. "Die Gründe
dafür sind unklar", so die Forschenden. Eine mögliche Ursache sei eine
unterschiedliche Motivation zur Gewichtsabnahme, verbunden damit, stärker nötige
Änderungen wie eine andere Ernährung und mehr Bewegung anzugehen. Sprich:
Menschen, die damit ihre Kilos purzeln lassen wollen, engagieren sich womöglich
mehr als Menschen, für die die Stoffe nur Teil der regulären Diabetes-Behandlung
sind.

Einschränkend gibt das Team um Stucky zu bedenken, dass für die Studie die
Behandlung mit Medikamenten betrachtet wurde, die zur Behandlung von
Typ-2-Diabetes zugelassen sind. "Künftige Studien sind erforderlich, um
Versionen zu vergleichen, die zur Gewichtsreduktion zugelassen sind." Nötig
seien zudem Analysen dazu, wie gut die Wirkstoffe im Vergleich
Herz-Kreislauf-Probleme und andere Folgen von Übergewicht vermindern.

Sehr häufiger Abbruch

Erwähnt wird zudem ein auffälliges Detail: Bei mehr als der Hälfte der
einbezogenen Frauen und Männern endete die Behandlung, weil sie vom jeweiligen
Patienten abgebrochen wurde. Der Anteil unterschied sich dabei bei Tirzepatid
und Semaglutid wenig. Der jeweilige Grund wurde nicht erfasst, erläutern die
Forschenden. Denkbar seien unter anderem unerwünschte Nebenwirkungen, die hohen
Kosten der selbst zu zahlenden Therapie oder Engpässe bei der Erhältlichkeit der
Präparate.

Die hohe Abbruch-Rate ist vor allem deshalb bedenklich, weil mehrere Studien gezeigt haben, dass es dann zum Jo-Jo-Effekt kommt: Das Gewicht steigt nach dem
Absetzen wieder deutlich. Die Wirkstoffe müssen für einen anhaltenden Effekt
also quasi lebenslang verwendet werden - wobei die Langzeitfolgen noch unklar
sind.

Weniger Hungergefühle

Tirzepatid und Semaglutid gehören zu den sogenannten
GLP-1-Rezeptoragonisten, in der Öffentlichkeit sind sie inzwischen weithin als
Abnehmspritze bekannt - nicht zuletzt, weil US-Prominente sie dafür nutzen. Die
Stoffe ahmen die Wirkung des körpereigenen Hormons GLP-1 nach. Im Gehirn wird
mit ihnen der Impuls gesetzt, satt zu sein. Hungergefühle werden vermindert,
Heißhungerattacken sind seltener und weniger stark, die Vorliebe für besonders
fetthaltige Nahrungsmittel schwindet.

Seit dem 17. Juli vergangenen Jahres können Ärztinnen und Ärzte in
Deutschland "Wegovy" mit dem Wirkstoff Semaglutid zum Abnehmen verschreiben.
Patienten spritzen sich das Mittel aus einem Fertigpen einmal pro Woche selbst
unter die Haut. Gedacht ist "Wegovy" für Erwachsene mit einem Body-Mass-Index
(BMI) ab 30, also Adipositas, und Übergewichtige (BMI ab 27) mit
gewichtsbedingten Begleiterkrankungen. "Mounjaro" ist zu diesem Zweck in den USA
und der EU seit Ende vergangenen Jahres zugelassen./kll/DP/mis
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