20.06.2024 12:42:12 - dpa-AFX: POLITIK/ROUNDUP: IMK-Vorsitzender hält Asyl in Drittstaaten für kompliziert

BERLIN/POTSDAM (dpa-AFX) - Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU)
bewertet Überlegungen zu Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb der EU mit
einer gewissen Skepsis. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion,
Thorsten Frei (CDU), glaubt, dass es durchaus machbar wäre und zur Lösung von
Problemen mit irregulärer Migration beitragen könnte.

"Das ist ein mögliches Projekt, was sehr kompliziert sein wird, was auch
rechtlich nicht einfach einzuordnen sein wird", sagte Stübgen bei der
Innenministerkonferenz (IMK) am Donnerstag in Potsdam. Er fügte hinzu: "Aber ich
lasse mich gerne überzeugen davon, dass das versucht werden sollte."
Großbritannien, wo das Modell mit sehr großem Aufwand betrieben werde, sei
bisher nicht sehr erfolgreich in dieser Frage, sagte Stübgen, der derzeit den
Konferenz-Vorsitz innehat.

Die konservative britische Regierung bemüht sich seit langem darum,
Menschen, die ohne Erlaubnis einreisen, nach Ruanda zu bringen. Sie sollen dort
Asyl beantragen, eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen. Italien
will die Asylverfahren für einen Teil der geretteten Bootsmigranten nach
Albanien auslagern.

Das Modell der sicheren Drittstaaten für Asylbewerber wäre
verfassungsrechtlich machbar, betonte Frei, es hänge nur davon ab, "ob die
Ampel-Regierung den politischen Willen dazu aufbringt". Scholz müsse eine
Kurskorrektur in der Migrationspolitik einläuten, forderte Frei.

FDP-Fraktionsvize schlägt Pilotprojekt vor

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende, Konstantin Kuhle, sagte dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): "Um dieses Vorhaben voranzubringen, sollte
der Bund schnellstmöglich ein Pilotprojekt starten, um eigene Erfahrungen zu
sammeln."

Die Länderinnenminister setzten am Donnerstag in Potsdam ihre Beratungen
fort, am Morgen traf dazu auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) ein, die
am späten Nachmittag in Berlin an einer Runde von Bundeskanzler Olaf Scholz
(SPD) mit den Ministerpräsidenten erwartet wird. Dort soll sie die Ergebnisse
einer Prüfung ihres Ministeriums zu rechtlichen und praktischen Voraussetzungen
verschiedener Modelle einer Drittstaaten-Regelung vortragen. Die Frage, welches
Land womöglich bereit sein könnte, Asylbewerber aus Deutschland zu übernehmen,
zählt nicht dazu.

Die Bundesregierung hatte mit den Bundesländern außerdem vereinbart, die
Möglichkeit von Asylverfahren außerhalb der EU zu prüfen. Bremens Regierungschef
Andreas Bovenschulte (SPD) etwa hält solche Überlegungen nicht für geeignet, um
die Migration einzudämmen.

In der Debatte um Abschiebungen von Schwerkriminellen und sogenannten
Gefährdern nach Afghanistan und Syrien sagte Stübgen: "Tatsache ist, wir müssen
dort vorankommen. (...) Und ich glaube auch, die Bevölkerung erwartet, dass
solche Menschen nicht länger in diesem Land bleiben." Er halte es für notwendig,
zunächst mit Syrien zu beginnen. "Dort sind die rechtlichen Bedingungen andere,
aber dann muss die Bundesregierung, insbesondere die Bundesaußenministerin,
endlich mal anfangen, diplomatische Stränge so aufzubauen, dass man dies
organisieren kann." Als Konsequenz aus der tödlichen Messerattacke von Mannheim
hatte zuvor auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt, die Abschiebung
von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder zu
ermöglichen./mow/DP/mis

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH