04.07.2024 11:57:12 - dpa-AFX: EM 2024: Gegen den Schwarzmarkt - Tickets zu Mondpreisen

BERLIN (dpa-AFX) - Auch rund um die Stadien der K.-o.-Runde stehen sie
wieder, die Fans mit fragendem Blick und selbstgemachten Schildern aus Papier
oder Pappe. "Suche Karten", ist in verschiedenen Varianten zu lesen. Andere
fragen, womöglich etwas zurückhaltender: "Wer braucht noch Tickets?" Finden sich
beide, werden im Geheimen Preisverhandlungen geführt.

Die Nachfrage nach Eintrittskarten zu Partien der Fußball-EM überstieg lange vor dem Turnier und übersteigt noch immer bei Weitem das Angebot. Die
Europäische Fußball-Union schrieb von 50 Millionen Anträgen für knapp 2,3
Millionen Tickets auf dem frei zugänglichen Markt. Das weckt Begehrlichkeiten -
für das Finale am 14. Juni finden sich im Internet abseits des UEFA-Portals
Angebote für Tickets zum mittlerweile acht- bis zehnfachen Preis, Tendenz
steigend.

UEFA warnt - Tickets können storniert werden

Der Dachverband warnt die Fans "vor nicht autorisierten Ticketverkäufern",
die versuchen würden, "die hohe Nachfrage auszunutzen, indem sie Tickets auf dem
Sekundärmarkt anzubieten". Vor dem Turnier seien knapp 10.000 vermeintliche
Tickets storniert worden, inzwischen ist die Zahl noch höher. Die Weitergabe
gekaufter Tickets über die offizielle App ist technisch problemlos möglich, der
gewinnbringende Weiterverkauf von der UEFA aber nicht erlaubt.

Einer der Anbieter im Internet ist das in der Fußballbranche bekannte und
umstrittene Unternehmen Viagogo. Die gelisteten Tickets "stammen aus
verschiedenen Quellen", sagte Julian Dwenger, verantwortlich für
"Geschäftsentwicklung und Partnerschaften" auf dpa-Anfrage, er nannte
"multinationale Veranstalter, professionelle Wiederverkäufer, Inhaber von
Firmenkarten, Sponsoren und natürlich vor allem auch Fans".

Die Ticketpreise bei Viagogo würden nicht vom Unternehmen festgelegt.
"Vielmehr bestimmen die Verkäufer den Preis und die Fans entscheiden, ob sie zu
diesem Preis und entsprechend ihrem Budget ein Ticket kaufen wollen", sagte
Dwenger. Viagogo funktioniert als Ticketbörse, als Vermittler.

Die UEFA teilte mit: "Die UEFA hat bereits rechtliche Schritte gegen
sekundäre Ticketverkaufsseiten eingeleitet, einschließlich Viagogo." Zu finden
sind mehrere ähnliche Internetseiten. Die Verbraucherzentrale warnt vor
Anbietern, die den Anschein erwecken, eine offizielle (Vor-)Verkaufsstelle zu
sein.

Preisliste für das Finale: 95 bis 2000 Euro

Die Preispolitik der UEFA ist öffentlich einsehbar, für das Endspiel
startete der Preis bei 95 Euro, die "Prime Seats" in der höchsten Kategorie sind
2000 Euro wert. Dazu kommen noch teurere Hospitality-Angebote. Beide
Finalteilnehmer bekommen Kontingente zugesprochen, die von den jeweiligen
Verbänden ausgegeben werden. Der Deutsche Fußball-Bund nutzte zuletzt ein
Punktesystem für seine Fan-Club-Mitglieder. Über das UEFA-Portal werden
Rückläufer angeboten, die Chance, eine Karte zu ergattern, sind gering.

Der Verband sieht in der Abkehr von Papiertickets, die Nostalgiker mit
Sammelalben hart getroffen hatte, einen entscheidenden Vorteil zur Bekämpfung
des Schwarzmarktes. Die UEFA kann einsehen, aus welcher Quelle Tickets
weitergegeben werden. Passiert das im großen Stil, schreitet der Verband ein. An
Gäste weitergegeben dürfen Karten, sofern "eine solche zulässige Weitergabe
keine zusätzliche Gegenleistung des Adressaten über den Nennwert des Tickets
hinaus erfordert", steht in den Geschäftsbedingungen. Aufgeführt wird auch, dass
Tickets an "einen Freund oder ein Familienmitglied" weitergegeben werden dürfen.

Entsprechend bewegen sich Kleinanbieter vor dem Stadion in einer Art
Graubereich. Familienmitglieder sind es nicht, der Begriff des Freundes scheint
hier dehnbar. Entscheidend bleibt, um nicht aus dem Graubereich auf den
Schwarzmarkt zu landen, dass nicht im größeren Stil gedealt wird - und dass die
Tickets nicht zu Mondpreisen verkauft werden./mj/DP/men

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