05.07.2024 21:52:28 - dpa-AFX: EM 2024: Handspiel-Debatte nach deutschem Turnier-Aus

STUTTGART (dpa-AFX) - Handelfmeter? Oder nicht?! Die Ex-Nationalspieler
Michael Ballack, Shkodran Mustafi, Moderator Johannes B. Kerner und
Schiedsrichter Patrick Ittrich haben sich beim Streamingdienst MagentaTV nach
dem deutschen EM-Aus gegen Spanien im Viertelfinale über mehrere Minuten ein
Wortgefecht wegen einer strittigen Szene in der Verlängerung geliefert. Marc
Cucurella hatte einen Schuss von Jamal Musiala im Strafraum an den Arm bekommen,
der englische Schiedsrichter Anthony Taylor entschied aber nicht auf Strafstoß.

Ballack tobt

"Ein klareres Handspiel gibt es nicht im Fußball", sagte der verärgerte
Ballack. "Das ist eine klare Fehlentscheidung." Er wisse nicht, ob Taylor und
sein Team sich "aus Angst oder Respekt" gegen einen Elfmeter entschieden hätten.
Offen blieb, ob Niclas Füllkrug bei der vorausgegangenen Vorlage für Musiala
nicht ohnehin im Abseits gewesen wäre.

"Die Sachlage ist in der Tat so, dass der Schiedsrichter sachlich und
unemotional entscheiden muss", sagte Bundesliga-Schiedsrichter Ittrich. "Man
muss es regeltechnisch analysieren: Was macht der Spieler aus der Sicht des
Schiedsrichters? Der Spieler zieht während des Schusses die Hand aus der
Schussbahn zurück." Auch deshalb habe der Videoschiedsrichter (VAR) nicht
entscheidend eingegriffen. Der Experte sprach von einem "Handspiel-Dilemma". Es
gebe "einen Ermessensspielraum im Fußball".

Das wollten Ballack und Mustafi nicht akzeptieren. "Es ist ja egal, ob er
versucht, die Hand wegzuziehen, er steht im Weg", sagte Mustafi. Ballack meinte:
"Es ist ein Torschuss, er blockt ihn mit abgespreizter Hand. Für was willst du
sonst noch Elfmeter geben?" Auch Kerner schaltete sich immer wieder in die
Diskussion ein.

VAR in diesem Fall keine Option

"Wenn man ihn pfeift, kann man sagen, das ist richtig, den kann man geben.
Das ist das Ermessensdilemma bei der Handspielregel", sagte Ittrich. "Ich bin ja
gar nicht weit weg von euch, ich habe nur gesagt, dass der Videoassistent da
nicht reingehen kann." Dieser müsse nämlich "Bilder liefern", die den
Schiedsrichter "von dem überzeugen, was er gesehen hat, oder eben nicht".

In der ARD sagte die frühere Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus-Webb: "Der
Schuss kommt aus einer kurzen Distanz, ist wahnsinnig scharf geschossen. Ist es
eine unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche - ja oder nein? Der
Schiedsrichter hat sich dafür entschieden, dass es eine relativ natürliche
Bewegung ist." Der Videoassistent könne nicht unterstützen, "weil es keine
glasklare Fehlentscheidung ist". Sie könne es "nachvollziehen, glaube aber, dass
eine andere Entscheidung auch möglich gewesen wäre", sagte
Steinhaus-Webb./mj/DP/he

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