30.06.2024 15:25:48 - dpa-AFX: ROUNDUP: Ampel startet in entscheidende Woche für Haushaltsverhandlungen

BERLIN (dpa-AFX) - Die Ampel-Koalition startet in eine entscheidende Woche
für die Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025. Die Gespräche zwischen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wurden auch am Wochenende intensiv
fortgesetzt. Ziel der Bundesregierung ist es, bis zum 17. Juli den Haushalt für
das kommende Jahr im Kabinett zu verabschieden. Damit dies gelingen kann, müsste
es in den kommenden Tagen zumindest eine politische Einigung auf die wichtigsten
Punkte geben.

Denn die Fachleute im Finanzministerium brauchen rund zwei Wochen, um eine
solche Einigung in einen beschlussreifen Entwurf zu übersetzen. Das Zeitfenster
wird damit immer kleiner. Verbände äußerten sich am Wochenende erneut besorgt
über mögliche Einschnitte beim Bundeshaushalt.

Zuletzt gestalteten sich die Verhandlungen schwierig. FDP-Finanzminister
Lindner pocht auf strenge Sparvorgaben und lehnt eine Lockerung der
Schuldenbremse kategorisch ab. Politiker der Kanzlerpartei SPD hatten dagegen
zuletzt immer wieder auf mehr Spielraum für die Aufnahme von Schulden gedrungen.

SPD-Chef offen für Sondervermögen

Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil machte am Wochenende in der "Süddeutschen Zeitung" deutlich, dass sich seine Partei anstelle der Aussetzung der
Schuldenbremse auch ein kreditfinanziertes Sondervermögen für Investitionen
vorstellen kann.

"Erstmal müssen alle Ministerien gucken, wo sie sparen können. Klar ist aber auch, dass wir nicht 30 bis 40 Milliarden aus einem Kernhaushalt streichen
können", erklärte der SPD-Chef. Er erwarte, dass nun über alle Möglichkeiten
"ideologiefrei" diskutiert werde. "Der BDI hat gerade ein Sondervermögen für
Investitionen vorgeschlagen. Die SPD wäre sofort bereit, darüber zu reden."

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hatte einen gewaltigen
Investitionsstau in Deutschland beklagt und deshalb milliardenschwere
Sondervermögen vorgeschlagen - also kreditfinanzierte Extratöpfe neben dem
Bundeshaushalt und außerhalb der Schuldenbremse. Das lehnt Lindner bislang
ebenfalls ab.

Zweistellige Milliardenlücke

Die Verhandler der Ampel-Koalition versuchen seit Wochen, eine zweistellige
Milliardenlücke in der Etatplanung für 2025 zu stopfen. Zuvor war der
Finanzminister mit den Fachministern allein nicht weitergekommen, da diese sich
nicht an Sparvorgaben halten wollten. Eine Einigung drängt auch deshalb, weil
der Entwurf nach dem Kabinett auch noch ausführlich im Bundestag beraten werden
muss. Dort soll er im Dezember beschlossen werden.

Aus dem Finanzministerium hieß es am Sonntag lediglich, dass das Haus die
laufenden Verhandlungen nicht kommentieren wolle. Aus der FDP-Fraktion gab es
Andeutungen, wonach der Zeitplan nicht das Wichtigste an den Verhandlungen sei.

Auf Nachfrage, ob in der nun beginnenden Woche mit einer Einigung zu rechnen sei, sagte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer der
Deutschen Presse-Agentur: "Wichtiger als ein bestimmtes Zieldatum ist ein gutes
Ergebnis." Der Haushaltsentwurf solle auch ein "Dynamisierungspaket für die
Wirtschaft mit abbilden", erklärte Meyer. "Daher lieber gründliche Beratungen
als vorschnelle Beschlüsse."

Die Koalition sei sich darin einig, dass für den Haushalt des kommenden
Jahres die Wirtschaftswende und die innere und äußere Sicherheit Priorität
hätten. Das Einhalten der Schuldenbremse sei dabei möglich: "Mit Mut zur
Prioritätensetzung und Konsolidierung können wir die Ziele, die wir uns als
Koalition gesetzt haben, unter Einhaltung der Schuldenbremse, auch erreichen."
Den Vorschlag von SPD-Chef Klingbeil lehnte Meyer ab. Wenn es keine "effektiven
Strukturreformen" gebe und der Haushalt nicht effizient konsolidiert werde,
erübrige sich die Frage nach einem Sondervermögen, betonte Meyer.

Grüne und Verbände warnen vor "Kaputtsparen"

Der Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch mahnte indes an, "alle
Möglichkeiten auf den Tisch" zu bringen und nicht allein den Fokus auf das
Sparen zu legen. "Kaputtsparen ist keine Option", sagte Audretsch der dpa. Das
Land müsse in den Klimaschutz und in Technologien der Zukunft investieren und
dürfe gleichzeitig nicht den sozialen Zusammenhalt gefährden, erklärte der
Grünen-Politiker. Das bedeute auch, dass es Aufgabe der Koalition sei, mit ihrem
nächsten Haushalt auch Kinder und Familien besser vor Armut zu schützen.

Auch Verbände, darunter der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Klima-Allianz Deutschland, warnten am Wochenende erneut davor, in wichtigen gesellschaftlichen
Bereichen die Schere anzulegen. "Jetzt einen starren Spar- und Kürzungskurs zu
fahren, reduziert politischen Handlungsspielraum, vergrößert die Probleme und
schadet unserem Land", erklärte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. Die
Schuldenbremse müsse ausgesetzt und "grundlegend reformiert werden"./faa/DP/nas

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