14.07.2024 23:30:02 - dpa-AFX: EM 2024/ROUNDUP 2: Jungstars führen Spanien zum Rekord-Titel - England trauert

BERLIN (dpa-AFX) - Die beiden spanischen Zauberfüße Nico Williams und Lamine
Yamal fielen sich überglücklich in die Arme und feierten dann mit ihren
Teamkollegen ausgelassen den hart erarbeiteten Rekordtitel. Den bitter
enttäuschten Engländern um den konsternierten Harry Kane blieb nach dem 2:1
(0:0) der Spanier im großen EM-Finale von Berlin nur die Zuschauerrolle.
Real-Star Jude Bellingham trat frustriert gegen einen Wasserbehälter. Die Three
Lions müssen 58 Jahre nach dem WM-Titel 1966 weiter auf das zweite große
Fußballglück warten.

Spanien ließ dagegen mit dem vierten Titel den dreimaligen Europameister
Deutschland hinter sich, auf dem Weg dahin hatte die Furia Roja die DFB-Auswahl
im Viertelfinale aus dem Turnier geworfen. Das Finale entschieden der 22-jährige
Williams (47. Minute) nach Vorarbeit des 17 Jahre alten Yamal sowie der
eingewechselte Mikel Oyarzabal (86.). Cole Palmer (73.) hatte England
zwischenzeitlichen wieder hoffen lassen.

"Wir sind jetzt Europameister. Das macht uns sehr froh. Wir haben sehr viel
gelitten, es war ein hartes Spiel. Es war eine gute Mannschaft, die gegen uns
gespielt hat. Wir mussten 100 Prozent geben, letztendlich haben wir es
geschafft", sagte Torschütze Williams.

Unter den 71.000 Zuschauerinnen und Zuschauer im Berliner Olympiastadion
waren deutlich mehr englische Fans, nur Teile der Ostkurve waren klar im
spanischen Gelb-Rot. Doch die Unterstützung half nichts. Die Auswahl von Gareth
Southgate um den erneut wirkungslosen Bayern-Star Harry Kane verlor verdient und
steht wie schon vor drei Jahren im Finale gegen Italien mit leeren Händen da.
Der Kapitän wurde bereits nach gut einer Stunde gegen Ollie Watkins
ausgewechselt.

"Das ist schwer, in Worte zu fassen. Wir haben versucht, zurück ins Spiel zu kommen. Das ist sehr schmerzhaft. Wir hatten das Momentum, aber wir konnten es
nicht behalten. So ist das Finale. Es ist nicht leicht, in diese Endspiele zu
kommen. Du musst es dir nehmen, wenn es so kommt, und wir haben es wieder nicht
gemacht. Das wird eine ganze Zeit lang wehtun", haderte Kane.

Lahm "sehr zufrieden"

Mit dem großen Finale endeten die vier EM-Wochen, auf die Fans und
Organisatoren in Deutschland jahrelang hingefiebert hatten. "Insgesamt sehr
zufrieden", lautete das Fazit von Turnierdirektor Philipp Lahm in der ARD. "Man
hat die Bilder ja gesehen, wie die Menschen hier zusammengekommen sind, wirklich
Spaß hatten." Zu ernsthaften Sicherheitspannen war es nicht gekommen.

Die englischen und spanischen Fans hatten ihre Abschiedsfeier in Berlin
schon lange vor dem Spiel begonnen. Zu Tausenden waren die Anhänger der Furia
Roja und der Three Lions zum Olympiastadion gezogen. Auf der Ehrentribüne
fieberten neben dem englischen Thronfolger Prinz William und der spanische König
Felipe VI. mit ihren Kindern mit, auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ließen sich das Endspiel nicht entgehen.

Während der gut zehnminütigen Abschlusszeremonie vor dem Anpfiff wurde
gesungen und Pyrotechnik gezündet. Dazu brachte Giorgio Chiellini, der Kapitän
der italienischen Sieger-Auswahl des vergangenen Turniers 2021, den EM-Pokal ins
Stadion. Dann rollte endlich der Ball. Die Spanier übernahmen mit ihrem
gepflegten Passspiel die Spielkontrolle, England setzte auf blitzartige Konter.
Große Torraumszenen lieferte das Aufeinandertreffen zunächst aber kaum. Der
Respekt war groß auf beiden Seiten, fast schon zu groß.

Wieder Pfiffe für Cucurella

Spaniens Außenverteidiger Marc Cucurella musste dabei wieder bei jeder
Ballberührung mit Pfiffen leben. Die deutschen Fans hatten ihm das Handspiel aus
dem Viertelfinale immer noch nicht verziehen. Von den spanischen Anhängern wurde
Cucurella dagegen mit Sprechchören gefeiert.

Auf dem Rasen passierte ansonsten kaum Aufregendes, mal abgesehen von den
frühen Gelben Karten für die Bundesliga-Stars Kane und Dani Olmo. Zunächst kaum
auffällig war Jungstar Yamal, der einen Tag nach seinem 17. Geburtstag zum
jüngsten Spieler avancierte, der in einem EM-Finale auf dem Platz stand. Er
löste damit Portugals Renato Sanches (18 Jahre, 328 Tage) ab. Am ehesten liefen
die spanischen Angriffe aber über die linke Seite durch Williams.

Aber Torchancen? Darauf warteten die spanischen Anhänger in den ersten 45
Minuten vergebens. Auf der Gegenseite dauerte es bis kurz vor der Pause, als
Phil Foden den spanischen Keeper Unai Somon erstmals prüfte (45.+1). Zuvor hatte
Rodri einen Schuss von Kane gerade noch rechtzeitig abgeblockt. Ansonsten trat
der Bayern-Torjäger kaum in Erscheinung.

Rodri raus, aber Spanien trifft

Zur zweiten Halbzeit mussten die Spanier den angeschlagenen Rodri, ihren
vielleicht besten Spieler des Turniers, ersetzen. Geschockt waren sie aber
keineswegs - im Gegenteil. Nur 69 Sekunden nach Wiederanpfiff legte der immer
besser ins Spiel kommende Yamal für Williams auf, der aus halblinker Position
traf. Schon gegen Deutschland hatten die Spanier kurz nach der Pause
zugeschlagen.

Kane, der immer noch einem Titel hinterherrennt, munterte seine Kollegen
sogleich auf. Doch Olmo hatte schon die nächste Chance (49.), kurz darauf
folgten gute Gelegenheiten durch Alvaro Morata (55.) und Williams (56.). Endlich
nahm das Finale an Fahrt auf.

England war in Not. Southgate musste handeln - und nahm überraschend Kane
vom Feld. Für ein erstes Lebenszeichen sorgte Bellingham (64.), bevor Jordan
Pickford seine Engländer mit einer Parade gegen Yamal (66.) im Spiel hielt.
Southgate wechselte auch Palmer ein und hatte wieder ein glückliches Händchen.
Nur drei Minuten nach seiner Einwechslung traf der Mann vom FC Chelsea aus der
Distanz.

Alles wieder auf Null - jetzt war es ein packendes EM-Finale. Yamal hatte
die große Chance zum Siegtreffer auf dem Fuß, doch wieder war Pickford zur
Stelle (82.). Spanien wollte aber in der regulären Spielzeit alles klarmachen -
und wurde belohnt. Nach Flanke von Cucurella spitzelte Oyarzabal den Ball ins
Tor. England warf nochmal alles nach vorne, Olmo rettete auf der Linie aber den
Sieg./mj/DP/zb

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