17.05.2024 20:34:40 - dpa-AFX: VERMISCHTES/ROUNDUP: Überflutungen nach heftigem Dauerregen im Saarland

SAARBRÜCKEN (dpa-AFX) - Heftiger Dauerregen hat am Freitag im Saarland
Überflutungen und Erdrutsche verursacht. In der Landeshauptstadt Saarbrücken und
weiteren Kommunen mussten Häuser wegen ansteigender Wassermassen evakuiert
werden. Das Innenministerium sprach von einer "flächigen Hochwasserlage", wobei
der Schwerpunkt auf dem südöstlichen Landesteil liege. Betroffen seien vor allem
der Kreis Neunkirchen, der Saarpfalz-Kreis und der Regionalverband Saarbrücken,
teilte der Sprecher des Ministeriums am Abend mit. Von Verletzten war zunächst
nichts bekannt.

Bei den Städten sei die Lage angespannt in der Landeshauptstadt Saarbrücken, in Eppelborn, Neunkirchen, St. Wendel, Saarlouis und Merzig. Mancherorts mussten
Bewohner aus Wohnungen in vereinzelten Straßenzügen evakuiert werden. Vereinzelt
seien auch Altenheime betroffen gewesen, etwa eines in Marpingen. In
Saarbrücken-Russhütte sei die Lage "brenzelig" gewesen, weil die
Strömungsgeschwindigkeit so hoch war, dass die Feuerwehr abbrechen musste und
Strömungsretter des Deutschen Roten Kreuzes angefordert wurden.

Bisher seien glücklicherweise keine Menschen zu Schaden gekommen, sagte der
Sprecher des Innenministeriums am Freitagabend. 50 000 Sandsäcke aus der
Landesreserve seien freigegeben. Es werde geprüft, ob man Hilfe aus umliegenden
Bundesländern anfordern solle.

Die Landeshauptstadt Saarbrücken rief ebenso wie mehrere Kreise eine
Großschadenslage aus. Mehrere Gebäude im Stadtgebiet mussten evakuiert werden.
Die Stadt richtete Ausweichquartiere in Schulen und ein Bürgertelefon ein.
Betroffene Personen wurden aufgerufen, nur das Notwendigste mitzunehmen.

Eine ähnliche Situation gab es auch andernorts: "Wir haben überall
Evakuierungen", sagte ein Sprecher des Lagezentrums in Saarbrücken. "Es regnet
überall, landesweit." Die Bevölkerung wurde aufgerufen, den Aufenthalt im Freien
unbedingt zu vermeiden und überflutete oder gefährdete Abschnitte von
Verkehrswegen zu meiden.

Menschen mit Booten gerettet

Der Kreis Neunkirchen teilte am Abend mit, alle Städte und Gemeinden im
Landkreis seien "in großem Umfang von den Starkregenereignissen betroffen".
Besonders gelte dies für Ottweiler, dort drohe die Blies überzulaufen. In
Wemmetsweiler hätten Menschen mit Booten aus ihren Häusern gerettet werden
müssen. Von überfluteten Kellern und Straßen sowie Erdrutschen berichtete auch
die Feuerwehr in Blieskastel (Saarpfalz-Kreis). "Die Böden nehmen keinen Regen
mehr auf", sagte der Sprecher.

Es bestehe extreme Hochwassergefahr, erklärte das Hochwassermeldezentrum. Es handele sich um ein Hochwasserereignis, wie es alle 20 bis 50 Jahre stattfinde,
teilte das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz mit. Es könne zur Überflutung
bebauter Gebiete in größerem Umfang sowie zur Flutung von land- und
forstwirtschaftlichen Flächen kommen. Die Wasserstände an den Pegeln im
Einzugsgebiet Saar stiegen weiter an. An vielen Stellen sei die Meldehöhe 3 und
teils sogar 4 überschritten worden. Erst zum Tageswechsel wird mit fallenden
oder stagnierenden Wasserständen gerechnet.

Auch das Landespolizeipräsidium Saarbrücken erklärte am Abend, es könne
keine Entwarnung gegeben werden. Die Zahl der Einsätze wegen überfluteter
Straßen, vollgelaufener Keller und umgestürzter Bäume werde nicht mehr gezählt.
"Wir haben nach 300 aufgehört", sagte ein Sprecher. Zum Glück gebe es bisher
keine Verletzten oder Vermissten. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte bis in
die Nacht zum Samstag vor allem in den Gebieten westlich des Rheins vor
ergiebigem Dauerregen. Danach soll der Regen langsam nachlassen.

Zugverkehr eingeschränkt

Nach Angaben des Bahnunternehmens Vlexx war der Zugverkehr im Saarland stark eingeschränkt, dies galt auch für den Busverkehr. Teilweise wurden Gleise
unterspült, auch in Oberleitungen gestürzte Bäume waren Ursache.

Der DWD maß stellenweise mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter in nicht
einmal 24 Stunden. Für diesen heftigen Regen seien Flüsse und Infrastruktur
nicht ausgerichtet, sagte eine DWD-Meteorologin am Abend. Zum Vergleich: Im
gesamten vergangenen Monat April waren im Saarland rund 74 Liter Regen pro
Quadratmeter gemessen worden - und dies war ein Sechstel mehr Niederschlag als
normalerweise in jenem Monat. Bis 19 Uhr fielen laut DWD in Saarbrücken-Ensheim
und Berus im Landkreis Saarlouis 107 Liter pro Quadratmeter. Verbreitet seien im
Saarland 60 bis 100 Liter pro Quadratmeter gemessen worden. Die Flusspegel seien
dadurch rasch gestiegen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte einen für Samstag geplanten
Wahlkampfauftritt im Saarland ab. Stattdessen werde er sich im Saarland
gemeinsam mit Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) ein Bild von der Lage vor
Ort machen, teilte ein Regierungssprecher am Abend in Saarbrücken mit.

Im benachbarten Rheinland-Pfalz waren am Freitag vor allem der Kreis
Trier-Saarburg sowie die Südpfalz und die Städte Trier, Zweibrücken und
Ludwigshafen von dem Dauerregen betroffen. Keller und Straßen liefen voll und
Bäume stürzten um, wie die Koordinierungsstelle der Aufsichts- und
Dienstleistungsbehörde (ADD) berichtete. Verletzt wurde zunächst niemand. Viele
kleinere Bäche und Flüsse traten über die Ufer./isa/DP/he

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH