14.05.2024 18:26:28 - dpa-AFX: ROUNDUP 2/Cohen: Trump veranlasste Schweigegeld - explosives Kreuzverhör wartet

(aktualisierte Fassung)

NEW YORK (dpa-AFX) ? Kronzeuge Michael Cohen hat im Schweigegeld-Prozess
gegen Donald Trump eine direkte Verbindung zwischen dem ehemaligen Präsidenten
und Zahlungen an Pornostar Stormy Daniels hergestellt. Um seine Chancen bei der
Präsidentschaftswahl 2016 zu wahren, habe Trump seinen ehemaligen Anwalt laut
dessen Aussage mit der Zahlung von 130 000 Dollar beauftragt und eine Erstattung
des Geldes versprochen. "Mach es einfach", habe Trump zu Cohen gesagt,
berichteten im Gerichtssaal anwesende Journalisten übereinstimmend.

Cohens Aussage vom Montag und Dienstag unterlegte die Anklage, indem sie
Schecks an Cohen präsentierte, die Teil der illegalen Rückerstattung sein
sollen. Trump war persönlich anwesend und wurde vor Ort unter anderem von dem
republikanischen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Mike Johnson,
unterstützt. In dem von riesigem medialem Interesse begleiteten Showdown
zwischen Trump und seinem Widersacher beschrieb Cohen weiter, wie er den
angeblichen Sex Trumps mit Daniels im Jahr 2006 ein Jahrzehnt später
verschleierte und die Erotikdarstellerin aufforderte, öffentlich zu erklären,
dass es keinen One-Night-Stand gegeben habe.

Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Trump, seine Aussichten auf einen Erfolg
bei der Präsidentschaftswahl 2016 durch die Zahlung von 130 000 Dollar an die
Pornodarstellerin Daniels verbessert haben zu wollen. Obwohl die Zahlung selbst
nicht illegal war, soll der heute 77-Jährige bei der Erstattung des Betrages an
Cohen Unterlagen manipuliert haben, um den wahren Grund der Transaktion zu
verbergen. Dies habe die Zahlungen zu illegaler Wahlkampf-Finanzierung gemacht.

Es handelt sich um den ersten Strafprozess gegen einen ehemaligen
Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Trump droht eine
mehrjährige Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte,
oder eine Geldstrafe. Das Verfahren könnte sich auf den Wahlkampf in den USA
auswirken. Trump, der im November erneut US-Präsident werden will, hat auf nicht
schuldig plädiert.

Spektakuläres Kreuzverhör erwartet

Bekannt wurde Cohen als Trumps rechtlicher "Ausputzer" oder "Pitbull" mit
enger Beziehung und direktem Zugang zu diesem - einst sagte er, er würde eine
Kugel für Trump abfangen. In der Befragung vor Gericht beschrieb er im Detail,
wie er jahrelang Menschen für Trump unter Druck gesetzt hatte und Probleme
verschwinden ließ. Der heute 57-Jährige hatte schon 2018 auch wegen seiner Rolle
bei eben jenen Schweigegeldzahlungen an Stormy Daniels auf schuldig plädiert -
und unter anderem wegen Falschaussage eine Haftstrafe abgesessen. 2018 war Trump
noch US-Präsident und wurde von der Staatsanwaltschaft nicht strafrechtlich
verfolgt.

Nach der Befragung durch die Staatsanwaltschaft steht im Prozess als
Nächstes das Kreuzverhör Cohens durch Trumps Verteidigung an. Es wird erwartet,
dass die Befragung mit äußerster Aggressivität die Glaubwürdigkeit Cohens
angreifen wird. Trumps Anwälte hatten den Zeugen bei ihrem Eröffnungsplädoyer
bereits als von Rachegelüsten getrieben dargestellt und betont, dass er unter
Eid gelogen hatte.

Der Staatsanwaltschaft ist bewusst, dass Cohens Glaubwürdigkeit als
verurteilter Lügner eine große Schwachstelle der Anklage darstellt. Deshalb
versuchte Staatsanwältin Susan Hoffinger gegenüber den zwölf Geschworenen so
viele Aussagen Cohens wie möglich mit E-Mails, Daten zu Telefonanrufen und
anderen Dokumenten zu belegen. Dabei ging es auch darum, zu zeigen, dass Trump
als Chef ein Kontrollfreak ist, der stets eng informiert war, wenn es um die
Zahlung des Schweigegeldes ging.

Trump gibt sich unbeteiligt

Trump, am Dienstag in dunkelblauem Anzug und gelber Krawatte, schien während der Befragung den Berichten zufolge die meiste Zeit ruhig, hatte teilweise die
Augen geschlossen, was einige Medien mutmaßen ließ, er sei eingeschlafen. Der
Angeklagte hatte auch am Dienstag eine große Entourage mit zum Prozess gebracht.
Neben seinem Sohn Eric Trump und dessen Frau Lara war auch der
rechtspopulistische Republikaner Vivek Ramaswamy anwesend, der für die Wahl im
November als möglicher Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten an Trumps Seite
gehandelt wird.

Eine starke Reaktion verzeichneten die anwesenden Journalisten lediglich,
als Cohen über die Gründe für die Unterdrückung von Daniels' Sex-Geschichte mit
Trump sprach: "Er dachte nicht an (Ehefrau) Melania. Hier drehte sich alles um
den Wahlkampf", so Cohen. Bei dieser Beschreibung habe Trump energisch mit dem
Kopf geschüttelt. Für die Anklage ist es wichtig, der Argumentation der
Verteidigung entgegenzuwirken, dass es Trump bei der Zahlung an Pornostar
Daniels lediglich darum gegangen sei, Schaden von seiner Familie
abzuwenden./scb/DP/he

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