01.07.2024 14:25:55 - dpa-AFX: ROUNDUP: Inflation fällt auf 2,2 Prozent - Dienstleistungen teurer

WIESBADEN (dpa-AFX) - Die Inflation in Deutschland lässt wieder nach. Im
Juni lagen die Verbraucherpreise um 2,2 Prozent über dem Niveau des
Vorjahresmonats - nach 2,4 Prozent im Mai, wie das Statistische Bundesamt auf
Basis vorläufiger Zahlen in Wiesbaden mitteilt. Die Inflationsrate ohne
Nahrungsmittel und Energie - die sogenannte Kerninflation - beträgt demnach 2,9
Prozent. Während sich vor allem Dienstleistungen verteuerten, wurde Energie
günstiger. Gemessen am Vormonat Mai legten die Preise nach Angaben der
Statistiker um 0,1 Prozent zu.

Der Ökonom Sebastian Dullien vom gewerkschaftsnahen Institut für
Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) nannte den Anstieg im Mai einen
Ausreißer. "Der Abwärtstrend bei der Inflation ist intakt und hat sich im Juni
nun wieder durchgesetzt. In den kommenden Monaten sei mit einem weiteren
leichten Rückgang der Inflation zu rechnen.

Ifo erwartet weiteres Abebben der Inflation

Das Münchner Ifo-Institut erwartet nach einer aktuellen Umfrage unter
Unternehmen zu ihren Preisplänen ebenfalls, dass die Inflation zurückgeht und im
August unter zwei Prozent fällt. "Daher dürfte die Inflationsrate ihren Rückgang
langsam fortsetzen und im August erstmals seit März 2021 unter die
Zwei-Prozent-Marke sinken", sagt Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.

Zwar sind die extrem hohen Inflationsraten der vergangenen beiden Jahre
Geschichte. Im Jahresschnitt erwarteten führende Wirtschaftsforschungsinstitute
eine deutliche Abschwächung der Inflation in Deutschland auf 2,3 Prozent - nach
5,9 Prozent 2023. Doch zuletzt verlief der Rückgang zäh. Noch im Mai hatte die
Inflation erstmals in diesem Jahr wieder an Tempo gewonnen - vor allem wegen
teurerer Dienstleistungen. Bereits im April war der Rückgang der Inflation bei
einer Rate von 2,2 Prozent ins Stocken geraten. Volkswirte verwiesen auf
gestiegene Löhne, die zu Preiserhöhungen von Unternehmen führen können.

Auch spüren Verbraucher beim Einkauf von Lebensmitteln weiter kräftig
gestiegene Preise. Nahrungsmittel haben sich in den vergangenen Jahren im
Schnitt um mehr als 30 Prozent verteuert, zeigt eine Sonderauswertung des
Statistischen Bundesamtes für den Zeitraum von Januar 2020 bis Mai 2024. Sie lag
der "Wirtschaftswoche" vor.

Hohe Tarifabschlüsse und steigende Renten stärken Kaufkraft

Sinkt die Inflation in Deutschland wie auch im Euroraum insgesamt, gäbe das
der Europäischen Zentralbank im Jahresverlauf Spielraum für weitere
Leitzinssenkungen. Sie hat im Juni erstmals seit der Inflationswelle im
Währungsraum die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. EZB-Präsidentin
Christine Lagarde dämpfte zugleich aber die Erwartung an weitere Zinsschritte.

Höhere Teuerungsraten schwächen die Kaufkraft von Verbraucherinnen und
Verbrauchern. Das bremst den privaten Konsum, der eine wichtige Stütze der
Konjunktur in Deutschland ist. Gewerkschaften versuchen, die Preissprünge mit
hohen Tarifabschlüssen auszugleichen. Auch steigen die Renten deutlich: Die
Bezüge für mehr als 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner in Deutschland legen
zum 1. Juli um 4,57 Prozent zu.

Inflationswelle nach Ukraine-Krieg belastet Haushalte

Auf längere Sicht aber ist die Kaufkraft von Verbraucherinnen und
Verbrauchern inmitten der enormen Inflation der vergangenen Jahre gesunken. Zwar
wuchs das mittlere Haushaltseinkommen nach Angaben des Statistischen Bundesamts
von 2022 auf 2023 um 5,1 Prozent - die Teuerungsrate lag aber bei 5,9 Prozent.
Das zeigen jüngste Daten, die das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bei der
Behörde abgefragt hat. Vergleicht man die Jahre 2021 und 2023, ist die Lücke
noch größer. "Die Deutschen sind deutlich ärmer geworden", schloss die
BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht aus den Zahlen.

Die Inflation hatte sich nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Anfang
2022 rasant beschleunigt, weil Energie und in der Folge auch Produktion und
importierte Waren viel teurer wurden. Die Europäische Union hatte Ölimporte aus
Russland eingeschränkt und weitere Sanktionen verhängt. Moskau wiederum stoppte
den Gasexport nach Deutschland über die Nord-Stream-Pipelines./als/ceb/DP/mis

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