03.07.2024 06:32:32 - dpa-AFX: Regierungschef Weil zur Meyer Werft: 'Lage ist bedrohlich'

HANNOVER (dpa-AFX) - Im Ringen um eine Rettung der finanziell schwer
angeschlagenen Meyer Werft pocht Niedersachsens Landesregierung darauf, dass das
Unternehmen seinen Firmensitz aus Luxemburg zurück nach Deutschland verlegt. Auf
die Frage, ob dieser Schritt eine zwingende Voraussetzung für staatliche Hilfe
sei, sagte Ministerpräsident Stephan Weil der Deutschen Presse-Agentur: "Ja, so
sehen wir das." Es gehe um viel öffentliches Geld. "Dann muss man auch von den
Eigentümern verlangen, dass sie auf berechtigte Anliegen der öffentlichen Hand
eingehen", sagte der SPD-Politiker.

Weil betonte, die für ihre großen Kreuzfahrtschiffe bekannte Werft sei in
einer existenziellen Krise. "Ohne Wenn und Aber: Das ist eine ernste Lage und
die Zukunft der Meyer Werft steht auf dem Spiel", sagte er. Die Entscheidung für
den Sitz in Luxemburg hatte die Meyer Werft 2015 getroffen, um keinen
Aufsichtsrat einrichten zu müssen.

Weil fordert Unterstützung vom Bund

Das Land wolle daher helfen, das Unternehmen und die Arbeitsplätze zu
sichern. "Wenn wir gute Gründe dafür haben, dass das Unternehmen eine
Perspektive hat, werden wir sehr dafür einsetzen, diese Zukunft auch möglich zu
machen. Das tun wir, weil wir Arbeitsplätze retten wollen", sagte der
Regierungschef. Über die Stammbelegschaft und über Niedersachsen hinaus hingen
"etliche Tausend Arbeitsplätze" von der Werft ab.

Derzeit liefen vertrauliche Gespräche mit dem Unternehmen und dem Bund und
es würden Gutachten zur Zukunftsfähigkeit der Werft erstellt. "Klar ist: Auch
der Bund muss sich engagieren, wenn die Rettung gelingen soll", forderte Weil.
Außerdem brauche es Vereinbarungen mit Banken, und man müsse wissen, wie die
Kunden zu dem Unternehmen stehen. "In sämtlichen Bereichen laufen die Gespräche
auf Hochtouren", sagte Weil.

Viel Zeit für eine Entscheidung bleibe angesichts der finanziellen Zwänge
des Unternehmens nicht mehr. "Wir müssen sehr zügig wissen, woran wir
miteinander sind", sagte der Ministerpräsident.

Milliardenloch in der Finanzierung der Meyer Werft

Die Meyer Werft ist einer der weltweit führenden Hersteller von
Kreuzfahrtschiffen und damit ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Niedersachsen.
Die Auftragsbücher des Unternehmens sind voll, heißt es - allerdings muss die
Werft wegen Nachwirkungen der Corona-Pandemie und Preissteigerungen infolge des
russischen Angriffs auf die Ukraine eine Finanzierungslücke von 2,7 Milliarden
Euro schließen. Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) hatte
erklärt, es stehe deshalb eine Erhöhung des Eigenkapitals sowie die Absicherung
von Krediten mit Bürgschaften im Raum.

Die Verträge für die Kreuzfahrtschiffe waren zum Teil vor der Pandemie
abgeschlossen worden und sehen keine Anpassung an die drastisch gestiegenen
Energie- und Rohstoffpreise vor. Die Werft bekommt rund 80 Prozent des
Kaufpreises zudem erst bei der Ablieferung und muss den Bau mit Krediten
zwischenfinanzieren.

Für die Meyer Gruppe arbeiten rund 7000 Menschen, davon sind etwa 3000
Stellen im emsländischen Papenburg. Weitere Werften stehen in Rostock und im
finnischen Turku./cwe/DP/zb

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