04.07.2024 14:09:38 - dpa-AFX: Nachholbedarf bei Förderung von Migranten mit wenig Bildung

BERLIN (dpa-AFX) - Die Integration von Einwanderern hat sich in Deutschland
im internationalen Vergleich in vielerlei Hinsicht gut entwickelt - das zeigt
ein Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(OECD). Laut der Länderstudie sprechen fast zwei Drittel der Eingewanderten, die
seit mindestens fünf Jahren in Deutschland leben, fließend Deutsch.

Aufgeholt hat Deutschland bei den schulischen Leistungen von in Deutschland
geborenen Kindern eingewanderter Eltern. Sie sind den Angaben zufolge in den
zurückliegenden 20 Jahren deutlich gestiegen. Aktuell seien sie besser als in
den meisten anderen Hauptzielländern von Migranten. Verglichen wurde Deutschland
mit Australien, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Italien, Kanada,
Neuseeland, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Schweden, der Schweiz,
Spanien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten.

Das läuft nicht gut

Doch der Bericht - der mit Förderung der Integrationsbeauftragten der
Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), entstanden ist - benennt auch
Probleme. Nur die Hälfte der Migranten, die höchstens eine Grundschulbildung
haben, sei erwerbstätig, und nur ein Viertel von ihnen erreiche nach mindestens
fünf Jahren Aufenthalt ein fortgeschrittenes Deutschniveau.

Da diese Gruppe mehr als ein Sechstel der Einwanderungsbevölkerung ausmache
und ihr Anteil in den letzten zehn Jahren gestiegen sei, müsse dieser Gruppe
mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Unter den Hauptzielländern von Migranten
haben demnach nur die Niederlande einen noch höheren Anteil von Einwanderern mit
niedrigem Bildungsniveau.

Zudem sei der Anteil der Eingewanderten mit Hochschulabschluss mit knapp
über einem Viertel weiter gering - auch, wenn dieser in den letzten zehn Jahren
gestiegen ist. Er ist nach Angaben der Autoren der Studie niedriger als in allen
anderen Hauptzielländern von Migranten, mit Ausnahme von Italien. Die
Fluchtbewegung aus der Ukraine ist hier allerdings bislang nicht berücksichtigt.

Integrationsbeauftragte zeigt sich zufrieden

Die im Inland geborenen Kinder von Eingewanderten haben bei den
Bildungsergebnissen laut OECD-Bericht Fortschritte gemacht. Das Bildungsgefälle
zwischen diesen Schülerinnen und Schülern und solchen Kindern und Jugendlichen,
die im Ausland zur Welt kamen, sei womöglich auf die Schulschließungen während
der Corona-Pandemie zurückzuführen.

Wissenschaftler zählen das fehlende förderliche Lernumfeld zu Hause, die
begrenzten Möglichkeiten des Home Office für ihre Eltern, um ihren Kindern zur
Seite zu stehen, sowie bereits vorhandene Lerndefizite zu den Gründen, die es
den betroffenen zugewanderten Kindern und Jugendlichen erschwerten, dem Lehrplan
per Fernunterricht zu folgen. Sprachbarrieren und die geringere Vertrautheit mit
dem Schulsystem seien weitere Faktoren, die diese Probleme möglicherweise noch
weiter verschärft hätten.

"Die Integration in Deutschland funktioniert viel besser als ihr Ruf", sagt
aber die Integrationsbeauftragte Alabali-Radovan etwa mit Blick auf die
Arbeitsmarktintegration von Eingewanderten. Bei der Erwerbstätigenquote erreiche
Deutschland einen Wert von 70 Prozent. Das ist mehr als in den meisten anderen
EU-Vergleichsländern und der höchste bisher in Deutschland erreichte
Wert./abc/DP/mis

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