08.07.2024 15:39:01 - dpa-AFX: ROUNDUP: Scholz will mehr Tempo bei Asylverfahren

NÜRNBERG (dpa-AFX) - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will mehr Tempo bei der
Entscheidung über Asylanträge. Bei einem Besuch des Bundesamtes für Migration
und Flüchtlinge (Bamf) hat er aber auch politische Bemühungen zugesagt, etwa zur
Verbesserung der Rücknahme von Asylbewerbern im Zuge des sogenannten
Dublin-Verfahrens auf europäischer Ebene. "Es muss so sein, dass wir da eine
veränderte Praxis erreichen", sagte Scholz in Nürnberg. Er sei mit seinem
Kollegen in mehreren Ländern Europas im "Dauergespräch".

Zuvor hatten Mitarbeiter des Bundesamtes dem Kanzler ihre Unzufriedenheit
mit der bisherigen Praxis zum Ausdruck gebracht. Einige Länder, darunter
Italien, akzeptieren derzeit keine oder nur eine geringe Zahl von Flüchtlingen,
zu deren Aufnahme sie aber nach dem Dublin-Abkommen verpflichtet wären. Der
Dublin-Verordnung zufolge ist immer nur ein EU-Staat für die Prüfung und
Abwicklung von Asylverfahren zuständig - in der Regel jenes Land, auf dessen
Boden der Schutzsuchende zuerst europäischen Boden betreten hat.

Insgesamt mahnte Scholz mehr Tempo bei der Bearbeitung von Asylanträgen an.
Dies sei entscheidend, auch für die Akzeptanz in der Bevölkerung. "Wir müssen
dafür Sorge tragen, dass wir State of the Art sind", sagte der Kanzler mit Blick
auf die Digitalisierung. Es müsse dafür Sorge getragen werden, dass die digitale
Geschwindigkeit hoch bleibe, auch künstliche Intelligenz spiele eine Rolle. Eine
entscheidende Frage sei die Ausstattung des Bundesamtes mit ausreichend
Personal. Sowohl im zurückliegenden Bundeshaushalt als auch im neuen Haushalt
sei dies berücksichtigt worden.

Scholz: Bei Gerichtsverfahren muss das Tempo von Rheinland-Pfalz das Ziel
sein

Wichtig sei auch, dass Asylanträge auf Ebene der Bundesländer noch in den
Erstaufnahmeeinrichtungen gestellt würden - vor der Verteilung auf die Kommunen.
"Dass das flächendeckend so gelingt, ist ganz entscheidend", sagte Scholz. Dies
könne eine "dramatische Beschleunigung" des Verfahrens zur Folge haben. Er
sprach sich auch für mehr Tempo bei den Verwaltungsgerichtsverfahren aus. In
Rheinland-Pfalz sei die erste Instanz bei solchen Verfahren in weniger als sechs
Monaten abgeschlossen. Der bundesweite Schnitt liege jedoch bei 20 Monaten. "Das
Ziel muss sein, dass ganz Deutschland die Geschwindigkeit bei den
Gerichtsverfahren hat, die in Rheinland-Pfalz jetzt Praxis ist."

Die Zahl der Asylanträge ist in Deutschland im laufenden Jahr wieder
rückläufig, allerdings auf hohem Niveau. Von Januar bis Juni wurden 121.000
Anträge auf Asyl gestellt - knapp 20 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum
des Vorjahres. Die meisten kamen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei.

Entschieden wurde in diesem Jahr bereits über 150.000 Anträge. Die
Schutzquote lag bei 47 Prozent. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 351.000
Erstanträge gestellt. Die Personalstärke des Bundesamtes von derzeit 8.000
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist auf 230.000 Anträge ausgelegt. Im
vergangenen Haushalt wurde bereits eine temporäre Aufstockung um 1.000 Personen
bewilligt. Die Rekordzahl an Anträgen stammt infolge des Bürgerkriegs in Syrien
aus dem Jahr 2016 mit 745.000./dm/DP/men

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