04.07.2024 12:43:13 - dpa-AFX: POLITIK/Steinmeier: Deutschland bleibt für Juden ein Zuhause

POTSDAM (dpa-AFX) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat bei der
Eröffnung der neuen Synagoge in Potsdam zum Kampf gegen den wachsenden
Antisemitismus aufgerufen. "Ich bin auch entschlossen, entschlossen, nicht zu
ruhen, damit wir in unserem Land alles tun, um jüdisches Leben zu schützen und
jede Form von Antisemitismus zu bekämpfen", sagte das Staatsoberhaupt. Jüdisches
Leben sei "Teil von uns".

"Nur wenn Jüdinnen und Juden sich in Deutschland ganz zu Hause fühlen, nur
dann ist dieses Land ganz bei sich, so Steinmeier und versprach: "Deutschland
bleibt ein Zuhause für Jüdinnen und Juden. Dafür stehe ich persönlich und dafür
tritt die Mehrheit aller Deutschen - das versichere ich Ihnen - ein."

Die Eröffnung des Synagogenzentrums gilt gerade in Zeiten wachsenden
Antisemitismus als wichtiges Zeichen gegen Hass und Hetze. Seit dem Angriff der
islamistischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 haben Feindseligkeiten gegen
Juden in Deutschland eine neue Dimension erreicht.

Steinmeier: Juden haben wieder Angst vor Hass

Der Bundespräsident zeigte sich erschüttert über den wachsenden
Antisemitismus. "Überall in Europa haben Jüdinnen und Juden wieder Angst. Angst
vor Hass, vor Gewalt, vor Ausschreitungen, weil sie Juden sind - und das ist
unerträglich", sagte er.

Als letzte Landeshauptstadt in Deutschland hat Potsdam nun wieder eine
Synagoge. Dort gab es bisher nur ein kleines jüdisches Gotteshaus in der
Universität. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach von
einem Festtag. "Wir haben gemeinsam die Chance, jüdischem Leben in Brandenburg
Gestalt und Gesicht zu geben."

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster,
sprach von einem "Tag der Freude und des Stolzes". "Lange fehlte das Herzstück
jüdischen Gemeindelebens in Potsdam - ab heute schlägt es wieder."

Trägerin des Synagogenzentrums ist zunächst für drei Jahre die
Zentralwohlfahrtstelle der Juden in Deutschland (ZWST). Der Präsident der ZWST,
Abraham Lehrer, rief indirekt dazu auf, bei der Landtagswahl im September nicht
AfD zu wählen. "Mit großer Sorge schauen wir auf die Umfrageergebnisse hier in
Brandenburg", sagte er. "Rechtsextreme Parteien werden niemals ein Garant
jüdischen Lebens in Brandenburg sein."

Der Verfassungsschutz Brandenburg stuft den AfD-Landesverband als
rechtsextremistischen Verdachtsfall ein. Die AfD liegt in Umfragen zur
Landtagswahl vorn.

Vier jüdische Gemeinden sollen Synagoge nutzen

An der feierlichen Einweihung nahmen auch Außenministerin Annalena Baerbock
(Grüne) und Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, teil. Kanzler Olaf
Scholz (SPD) war nach Angaben einer Regierungssprecherin aus Termingründen nicht
als Gast dabei.

Vier jüdische Gemeinden sollen das neue religiöse und kulturelle Zentrum in
der historischen Mitte der Landeshauptstadt gemeinsam nutzen, eine Gemeinde
hatte nicht unterschrieben. Die alte Synagoge war 1945 zerstört worden.
Brandenburg brachte für den Neubau mit sandfarbener Ziegel-Fassade rund 17,5
Millionen Euro auf.

Das Projekt war von langem Streit unter den jüdischen Gemeinden begleitet,
die unterschiedliche religiöse Strömungen vertreten. Neben Gebetsräumen gibt es
einen Veranstaltungsaal, ein Besuchercafé, eine Bibliothek, Büroräume sowie
Musik- und Kunsträume. Das Gebäude ist stark gesichert./mow/DP/jha

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