15.07.2024 18:12:03 - dpa-AFX: Neue EU-Schulden: Lindner erwartet 'sportliche Debatte'

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Bundesfinanzminister Christian Lindner erwartet eine
"durchaus sportliche Debatte" um mögliche neue EU-Schulden - will sich aber
selber nicht bei dem Thema bewegen. "Deutschland ist sehr klar positioniert",
sagte der FDP-Politiker am Rande eines Treffens mit seinen EU-Amtskollegen in
Brüssel. Eine Vergemeinschaftung von Risiken, eine Vergemeinschaftung von
Haftung und von Verschuldung trage nicht zur Stabilität bei und werde "deshalb
von Deutschland auch nicht unterstützt werden".

Seit einiger Zeit wird in Brüssel über neue gemeinsame Schuldenaufnahmen
debattiert - etwa für Investitionen in Sicherheit und Verteidigung oder auch für
mehr Wettbewerbsfähigkeit. Um die EU effizient vor Bedrohungen aus Ländern wie
China oder Russland schützen zu können, braucht es nach Schätzungen der
Europäischen Kommission im nächsten Jahrzehnt zusätzlich rund 500 Milliarden
Euro.

Frankreich will Eurobonds für Verteidigung

Frankreich etwa hatte sich für gemeinsame Schulden, sogenannte Eurobonds,
für Verteidigungsausgaben ausgesprochen. Auch EU-Wirtschaftskommissar Paolo
Gentiloni hatte etwa für ein Instrument für Investitionen, beispielsweise in
Energie oder Verteidigung, plädiert.

"Ich hoffe darauf, dass wir uns auf die wesentlichen Dinge konzentrieren",
sagte Lindner mit Blick auf das Treffen. Aus seiner Sicht müssten etwa privates
Kapital mobilisiert und die bereits zur Verfügung stehenden Mittel effektiver
genutzt werden. Lindner stellte dabei die Funktionsweise der Fördermittelpolitik
für strukturschwache Regionen Europas infrage. Er glaube, dass man für die
bestehenden Mittel in den sogenannten Kohäsions- und Strukturfonds eine bessere
Herangehensweise finden könne.

Kohäsionsmittel zur Strukturförderung

Die sogenannten Kohäsionsmittel sind einer der größten Posten im
Gemeinschaftsetat der EU. Mit ihnen soll wirtschaftlich schwach entwickelten
Regionen beim Wachstum geholfen werden, um ökonomische und soziale Unterschiede
auszugleichen. Im mehrjährigen Gemeinschaftshaushalt der EU für die Jahre 2021
bis 2027 machen die Kohäsionsausgaben mehr als ein Drittel aus: Rund 427
Milliarden Euro des insgesamt knapp 1,1 Billionen umfassenden Etats sind für die
Strukturförderung vorgesehen. Im Haushalt von 2014 bis 2020 waren es rund 409
Milliarden. Der EU-Rechnungshof kritisierte jüngst in einem Bericht, die
Verwendung der Gelder werde nicht ausreichend kontrolliert./rdz/DP/nas

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