05.07.2024 11:59:08 - dpa-AFX: ROUNDUP/Nach Wahldebakel: Rishi Sunak tritt als Parteichef ab

LONDON (dpa-AFX) - Nach der Niederlage der konservativen Tories bei der
britischen Parlamentswahl zieht Rishi Sunak in seiner Partei Konsequenzen. Er
werde als Parteichef zurücktreten, sobald die formalen Regelungen für die
Nachfolge geklärt seien, kündigte der bisherige Premierminister am Morgen in
London an. Seine Konservativen hatten zuvor ein historisch schlechtes Ergebnis
bei der Wahl zum Unterhaus eingefahren.

Die Partei verlor ihre Mehrheit und kommt nach Auszählung fast aller Stimmen nur noch auf 120 von 650 Mandaten. Bei der vergangenen Wahl hatte sie 365 Sitze
im Unterhaus errungen. Neuer Premierminister wird damit Labour-Chef Keir Starmer
werden, dessen sozialdemokratische Labour-Partei die Wahl mit großem Vorsprung
gewonnen hat und nun auf mindestens 412 Sitze kommt.

Sunak entschuldigte sich bei den Wählern. Er habe alles gegeben, aber das
Urteil sei deutlich. "Ich habe Ihre Wut und Ihre Enttäuschung vernommen und ich
übernehme die Verantwortung für diese Niederlage", sagte er. Seinem Nachfolger
Keir Starmer wünschte er Erfolg.

Sunak zieht aus der Downing Street aus

Die Konservativen regierten in Großbritannien seit 14 Jahren. Sunak hatte
die Parteiführung und damit das Amt des Regierungschefs im Oktober 2022
übernommen.

Er war Nachfolger von Premierministerin Liz Truss, die mit ihrer Politik
Turbulenzen an den Finanzmärkten ausgelöst hatte und nach 49 Tagen im Amt
zurücktreten musste. Zuvor hatte auch deren Parteikollege Boris Johnson nach
verschiedenen Skandalen seinen Hut nehmen müssen.

Die Unzufriedenheit über die beiden Vorgänger Sunaks war nach Angaben des
Politikwissenschaftlers John Curtice von der Universität Strathclyde in Glasgow
der Hauptgrund für die krachende Niederlage der Tories.

Sunak galt als abgehoben

Sunak, der früher in der Finanzbranche arbeitete und mit der Unternehmerin
Akshata Murty verheiratet ist, besitzt ein Millionenvermögen. Auch das hatte
seinen Ruf verfestigt, abgehoben zu sein.

Seinen eigenen Wahlkreis gewann Sunak deutlich. Sunak sagte, er freue sich
darauf, in den kommenden Wochen mehr Zeit in seinem Wahlkreis zu verbringen. Die
Konservative Partei wird jetzt die Opposition im Unterhaus stellen und steht vor
einem Richtungsstreit. Erwartet wird, dass ihr ein weiterer Rechtsruck
bevorsteht.

Wer wird neuer Oppositionschef?

Nach den schweren Mandatsverlusten ist die Partei ausgedünnt. Mehrere
potenzielle Nachfolger haben ihren Sitz verloren. Darunter Verteidigungsminister
Grant Shapps und die bisherige Ministerin für Parlamentsfragen, Penny Mordaunt.

Handelsministerin Kemi Badenoch dagegen, der bisher ebenfalls gute Chancen
eingeräumt werden, verteidigte ihr Mandat. Sie steht am rechten Rand innerhalb
der Partei, ebenso wie die frühere Innenministerin Suella Braverman, die
ebenfalls als aussichtsreiche Kandidatin für die Parteiführung gilt.

Als moderatere potenzielle Kandidaten gelten der bisherige Innenminister
James Cleverly und der bisherige Staatssekretär Tom Tugendhat. Auf die Frage, ob
er sich bewerben wolle, antwortete Cleverly in einem Interview mit dem Sender
Sky News eher ausweichend.

Die Tories stehen von rechts unter Druck von der rechtspopulistischen Partei Reform UK. Deren Chef Nigel Farage hatte mit seiner überraschenden Kandidatur
Wähler am rechten Rand abspenstig gemacht. Er trieb einst maßgeblich den Brexit
voran und gilt als Unterstützer des früheren US-Präsidenten Donald Trump. Auch
er zog ins Parlament ein und wird eine kleine Gruppe von Abgeordneten anführen.
Sein erklärtes Ziel ist es, die Konservative Partei zu übernehmen oder
überflüssig zu machen./kil/DP/mis

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