15.07.2024 10:23:39 - dpa-AFX: SPORT/ROUNDUP: Tränen, Leiden und doch die nächste Messi-Krönung

MIAMI (dpa-AFX) - Lionel Messi weinte hemmungslos und litt unter seiner
Hilflosigkeit. Mit Schmerzen im rechten dick geschwollenen Knöchel und vor allem
in der Fußball-Seele musste sich der Kapitän der argentinischen
Nationalmannschaft beim dritten großen Titel der Albiceleste auf seine
Mitspieler verlassen.

1100 Tage nach dem ersten Triumph bei der Copa América gewann Argentinien am Sonntag (Ortszeit) in Miami mit Messi auf der Bank ab der 66. Minute erneut die
Südamerika-Meisterschaft. "Leo wurde geboren, um auf dem Fußballplatz zu
stehen", sagte Nationaltrainer Lionel Scaloni. "Er will nie raus gehen, weil er
seine Teamkollegen nicht im Stich lassen will." Der Sender TyC Sports schrieb:
"Alle für einen".

In Messis neuer Fußball-Wahlheimat krönte der siebenmalige Weltfußballer ein weiteres Mal seine einzigartige Karriere. Mit 1:0 (0:0) siegte Argentinien gegen
Kolumbien im Finale, das von bedenklich chaotischen und gefährlichen Zuständen
begleitet wurde und Sicherheitsbedenken mit Blick auf die Fußball-WM 2026 in den
USA, Kanada und Mexiko ausgelöst hat. Ob Messi dann noch für Argentinien spielen
wird, blieb erstmal offen. "Das sind die letzten Schlachten. Wir sollten alles
genießen, was wir als Nationalmannschaft erleben", hatte er vor dem Finale
gesagt. Im Sommer 2026 wird Messi 39 Jahre alt.

Die eigene Copa-Geschichte von Messi

Lange war die Copa so etwas wie ein Alptraum für Messi, 2016 verkündete er
nach einem erneuten Scheitern im Finale sogar seinen Rücktritt aus der
Nationalmannschaft. Was folgte, war eine WM zum Vergessen 2018 in Russland, ehe
Lionel Scaloni die Mannschaft übernahm und Argentinien zur erfolgreichsten Ära
führte mit dem absoluten Höhepunkt des WM-Gewinns 2022 in Katar.

Getrocknet waren die Tränen der Enttäuschungen und des Leidens von Messi
auch, als er im Nachthimmel von Miami nach seinem siebten Copa-Finale mithilfe
seiner langjährigen Mitstreiter Ángel di Mariá bei dessen letztem Länderspiel
und Nicolás Otamendi die riesige Trophäe in den Himmel reckte. Den einzigen
Treffer einer hart geführten Partie hatte Lautaro Martínez in der 112. Minute
erzielt.

"Beeindruckend", schrieb "La Nacion". "Rio de Janeiro, Wembley, Katar, Orte
in der Welt, an denen dieses argentinische Team in Himmelblau und Weiß sich die
Spitze aufsetzte. Zu dem Siegeszug kommt ein weiterer Ort hinzu: Miami", meinte
"La Capital".

Lange und innig umarmten sich Messi, der seine goldenen Schuhe längst gegen
Badelatschen eingetauscht hatte, und Trainer Scaloni. Keinem Coach vor dem
46-Jährigen, der bei der WM 2006 in Deutschland als Spieler mit Messi im Kader
gestanden hatte, war es gelungen, Messi in der Nationalmannschaft derart zur
Entfaltung kommen zu lassen.

Während über viele Jahre der FC Barcelona immer Messis Ort der
Fußballverwirklichung war, blühte er allerspätestens seit seinem notgedrungenen
Weggang im Sommer 2021 von Barça zu Paris Saint-Germain in der Auswahl der
Südamerikaner richtig auf. Und er holte die Titel, die ihm schon fast für immer
verwehrt schienen.

Party am Obelisken in Buenos Aires

Dass er nun in Miami, wo der seit einem Jahr spielt, wieder einen großen
Pokal in den Händen hielt, passt in die finale Traumkarriere des Ausnahmekönners
mit nunmehr insgesamt 45 Titeln auf Vereins- und Länderspielebene - auch ein
Superlativ im Weltfußball. Zusammen mit seiner Ehefrau Antonela Roccuzzo und den
drei Söhnen strahlte Messi beim nächsten denkwürdigen Foto seines Fußball-Albums
längst wieder, in der Kabine ging die Party dann richtig los.

Und auch am Obelisken in Buenos Aires stieg schon wieder die nächste
Fußball-Fiesta. Mit 16 Copa-Titeln ist Argentinien nun Rekordmeister.
WM-Rekordmeister und Erzrivale Brasilien ist gegen die Übermacht in Himmelblau
und Weiß seit einiger Zeit machtlos. Und Messi hat nach einem jahrelangen Kampf
der Anerkennung seit seinem Umzug als 13-Jähriger nach Barcelona längst die
Herzen seiner Landsleute erobert.

Nach den WM-Erfolgen Argentiniens 1978 und 1986 krönten er und di María, der 2021 das Tor zum 1:0 im Copa-Finale gegen Brasilien erzielt hatte, ihre goldene
Generation mit der Titelverteidigung. Unter Tränen und dem Jubel der
argentinischen Fans wurde di María in der Schlussphase ausgewechselt. "Ich bin
dieser Generation auf ewig dankbar, dass sie alles gegeben und mich dazu
gebracht hat, das zu erreichen, was ich mir so sehr gewünscht habe", sagte er.
"Das Ende war wie im Film", betonte Scaloni.

Wiedersehen zwischen Messi und Yamal?

Die Frage, wie es mit Messi weitergeht, dürfte nicht nur Fußball-Argentinien mit Hochdruck weiter beschäftigen. Eine Diagnose zu seiner Verletzung, die
manche Argentinier umgehend an den dicken Knöchel von Diego Maradona bei der WM
1990 erinnerte, gab es zunächst nicht. Messi könnte aber erstmal eine längere
Pause drohen.

Hängt er aber nach mittlerweile 186 Länderspielen mit 109 Toren noch zwei
Jahre bis zur WM dran, um auch dann die Titelverteidigung anzustreben? Wenn,
dann würde es auch zu einer Wiederbegegnung zweier Fußball-Generationen im
kommenden Jahr kommen. Termin und Spielort für das Finalissima stehen zwar noch
nicht fest, wohl aber die beiden Mannschaften: Argentinien und Spanien nach dem
EM-Triumph am Sonntag in Berlin gegen England.

18 Jahre nach einem Fototermin könnte es damit zum Wiedersehen zwischen
Messi und dem spanischen Shootingstar Lamine Yamal von Messis Herzensclub FC
Barcelona kommen. 2007 hatte Messi bei einem Fotoshooting Yamal im Baby-Alter
gebadet und ihn in einer Decke gewickelt liebevoll im Arm gehalten./jmx/DP/jha

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