30.06.2024 14:04:22 - dpa-AFX: EM 2024: Frankreich fürchtet die teuflische Revanche

DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der "blaue Bunker" in der Abwehr lindert Frankreichs
Sorgen um das eigentliche Prunkstück mit Maskenmann Kylian Mbappé kaum - und nun
will Nachbar Belgien auch noch eine sechs Jahre alte Rechnung begleichen. Mehr
geht zumindest auf dem Papier bei dieser Fußball-EM nicht: Die Équipe Tricolore
ist Weltranglistenzweiter hinter Argentinien, Belgien Dritter.

Egal, wer am Montag (18.00 Uhr/ZDF und MagentaTV) in Düsseldorf nach 90
Minuten plus Nachspielzeit, Verlängerung oder Elfmeterschießen ausscheidet: Es
wird noch mehr Unruhe in der Heimat geben. Das weiß Frankreichs langjähriger
Erfolgscoach Didier Deschamps ebenso wie Belgiens deutscher Trainer Domenico
Tedesco.

"Bewahren Sie Ruhe, Herr Tedesco"

"Das sind die Spiele, auf die wir warten, und alles ist möglich", versichert der 38 Jahre alte Tedesco und gibt sich kämpferisch: "Jetzt treffen wir auf eine
Spitzenmannschaft, deshalb haben wir uns qualifiziert, sonst hätten wir zu Hause
bleiben können."

Der Ärger wegen der verspäteten Ankunft im Stadion vor der Nullnummer gegen
die Ukraine im letzten Gruppenspiel sollte sich beim Coach der Roten Teufel auch
gelegt haben. "Tedesco muss aufhören, an Verschwörungstheorien zu glauben.
Ebenso mit dem Anführen bestimmter Ausreden", forderte bereits die belgische
Zeitung "Het laatste nieuws": "Bewahren Sie Ruhe, Herr Tedesco - und machen Sie
einfach weiter."

0:1 gegen die Slowakei, 2:0 gegen Rumänien und dann das 0:0 gegen die
Ukrainer, wie die Franzosen zogen die Belgier nur als Gruppenzweiter ins
Achtelfinale ein. Frankreich hatte dank eines Eigentores 1:0 gegen den späteren
Gruppensieger Österreich gewonnen, 0:0 gegen die Niederlande gespielt und war
auch gegen bis dahin punktlose und bereits ausgeschiedene Polen nicht über ein
1:1 hinausgekommen.

Erstes Fazit: Die Defensive steht und wurde bereits als "blauer Bunker"
bezeichnet ("L'Équipe"), die hochkarätige Offensive und deren Effizienz machen
Sorgen.

Kritik auch am Trainer

"Auswahl, Coaching, Führung: Ein umstrittenerer Didier Deschamps", schrieb
jüngst die französische Sportzeitung "L'Équipe". Demnach seien Ersatzspieler mit
wenig oder gar keinen Einsatzminuten unzufrieden. Deschamps sei zudem weiter auf
der Suche nach der neuen Hierarchie in der Mannschaft nach den Rücktritten von
Spielern wie Torwart Hugo Lloris oder Abwehrchef Rafael Varane nach der
Vizeweltmeisterschaft 2022.

"Deschamps weiß das zweifellos besser als jeder andere: Nur durch Ergebnisse wird es ihm gelingen, das Vertrauen und die Begeisterung seiner Gruppe
vollständig zurückzugewinnen", ergänzte "L'Équipe".

Immerhin bestimmte am Wochenende erstmal die Tour de France die
französischen Sportseiten. Sollte Frankreich als einer der EM-Topfavoriten aber
ausscheiden, wird es wohl heftige Diskussionen geben. Seit Juli 2012 trainiert
der ehemalige Welt- und Europameister-Kapitän die Auswahl der Grande Nation. Er
machte aus einem zerstrittenen Haufen eine Gewinnermannschaft.

Missglückter Gag der Belgier heizt Stimmung an

Seit 2014 und dem 0:1 gegen Deutschland im Viertelfinale bei der WM in
Brasilien hat Frankreich unter Deschamps bei EM und WM nicht ein einziges Spiel
in der regulären Spielzeit verloren. Der Gegentreffer im Finale der Heim-EM 2016
gegen Portugal fiel in der Verlängerung. 2018 bei der WM gewann Frankreich den
Titel.

Bei der darauffolgenden EM schied Frankreich gegen die Schweiz im
Achtelfinale im Elfmeterschießen aus. Bei der WM 2022 hatte Frankreich im
Elfmeterschießen im Finale das Nachsehen gegen Argentinien.

Dass sie 2018 im Halbfinale in Russland die Belgier mit 1:0 geschlagen
hatten, sorgt in deren Lager für zusätzliche Motivation. Und als wäre die
Stimmung - auch durch die Pfiffe der eigenen Fans nach dem Ukraine-Match nicht
schon geladen und angespannt genug, befeuerte ein missglückter Gag die
Gesamtstimmung.

In einem Video fragte ein belgischer Komiker, wer denn Mbappé gegen das
Schienbein treten könne. Die Antwort gab der belgische Nationalspieler Amadou
Onana, als er seinen eigenen Namen sang. Der Verband entschuldigte sich wenig
später und löschte das Video.

Noch eine neue Maske für Mbappé

Die Franzosen dürften aber gerade beim angeschlagenen Mbappé keine Scherze
verstehen. Der 25 Jahre alte Angreifer, der nach seinem Weggang von PSG am
Montag auch zum ersten Mal offiziell als Spieler von Real Madrid geführt wird,
kämpft noch immer mit seinem Gesichtsschutz wegen des Nasenbeinbruchs aus dem
Auftaktspiel gegen Österreich.

Vor dem Duell mit Belgien probierte er eine weitere neue Version einer
Maske, die enger anliegt und ihn weniger stören soll. Denn die Hoffnungen auf
ein Ende der Torflaute ruhen vor allem auf dem Kapitän der Franzosen. Gegen
Polen hatte Mbappé immerhin einen Elfmeter verwandelt./jmx/DP/nas

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