01.07.2024 17:18:44 - dpa-AFX: ROUNDUP: SPD-Führung stoppt Mitgliederbegehren zum Haushalt

BERLIN (dpa-AFX) - Die SPD-Führung hat ein von mehreren Gruppierungen in der
Partei befürwortete Mitgliederbegehren zum Bundeshaushalt 2025 nach einer
rechtlichen Prüfung gestoppt. Es sei juristisch nicht zulässig, den Mitglieder
der SPD-Bundestagsfraktion Bedingungen für die Zustimmung zu einem
Haushaltsgesetz zu stellen, hieß es am Montag nach einer Sitzung der
Führungsgremien der Partei in Berlin. "Die Haushaltsgesetzgebung liegt beim
Deutschen Bundestag und den freigewählten Abgeordneten und kann folglich nicht
in einem Mitgliederbegehren verhandelt werden."

Kürzungen im Sozialbereich sollen verhindert werden

Drei Vertreter des "Forums Demokratische Linke 21" (DL21) hatten Mitte Juni
ein Mitgliederbegehren beantragt, das sich unter anderem gegen Sozialkürzungen
in den Haushaltsverhandlungen richtet. Unterstützt wurden sie von den Jusos, die
immerhin ein Viertel der Bundestagsabgeordneten stellen, sowie von den
Arbeitsgemeinschaften "60 plus" und "SPD Frauen".

Für die Bereiche Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie, Bildung, Demokratie
und Entwicklungszusammenarbeit wurde in dem Antrag ein Verzicht auf Kürzungen im
Vergleich zum Vorjahreshaushalt gefordert. "Stattdessen brauchen wir Aufwüchse
in diesen Bereichen sowie deutlich mehr Investitionen in bezahlbares Wohnen,
eine nachhaltige Infrastruktur, starke Kommunen und einen ambitionierten
Klimaschutz", heißt es daran. "Ein Sparhaushalt würde eine Geisterfahrt in
ökonomischer, ökologischer und demokratischer Hinsicht bedeuten." Der Antrag
schließt mit einer klaren Aufforderung an die Parlamentarier: "Die Partei ruft
die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion auf, einem Bundeshaushalt nur unter
diesen Maßgaben zuzustimmen."

Parteichefin Esken: Mitgliederbegehren "unnötig"

SPD-Parteichefin Saskia Esken betonte, man könne den Abgeordneten nicht
einfach so "Aufgaben mitgeben". "Das freie Mandat, das besteht auch für unsere
SPD-Bundestagsfraktion und ihre Mitglieder", sagte sie im Anschluss an die
Gremiensitzungen. Sie verwies darauf, dass Forderungen aus dem Antrag wie das
Nein zu Sozialkürzungen von Partei und Fraktion mitgetragen und auch
kommuniziert würden. Insofern sei das Begehren "unnötig".

DL21 nennt Entscheidung enttäuschend

Die DL21 nannte die Entscheidung der Parteiführung "enttäuschend". "Es wäre
eine sehr gute Möglichkeit gewesen, die Mitglieder zu beteiligen und den Druck
auf die FDP zu erhöhen", sagte der Vorsitzende Erik von Malottki der Deutschen
Presse-Agentur. "Wir werden das Gutachten nun zusammen mit den unterstützenden
Arbeitsgemeinschaften rechtlich und politisch bewerten. Zusätzlich wollen wir
mit Parteivorstand über das weitere Vorgehen und Möglichkeiten der stärkeren
Einbindung der Mitglieder sprechen."

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne)
und Finanzminister Christian Lindner (FDP) wollen noch in dieser Woche eine
Grundsatzeinigung auf einen Haushaltsplan erzielen. Am 17. Juli soll das
Kabinett ihn beschließen, damit nach der Sommerpause die Beratungen im Bundestag
beginnen können.

76.000 Mitglieder müssten Begehren unterstützen

Für die Einleitung eines Mitgliederbegehrens bedarf es nach den SPD-Statuten der Unterstützung von einem Prozent der SPD-Mitglieder aus mindestens zehn
Unterbezirken von mindestens drei Bundesländern. Das sind derzeit knapp 4.000
Mitglieder, die innerhalb eines Monats online ihre Unterstützung erklären
müssten. Schon zu diesem ersten Schritt kommt es nach der Entscheidung der
Parteiführung nun nach jetzigem Stand nicht.

In einem zweiten Schritt müssen bei einem Begehren innerhalb von drei
Monaten 20 Prozent der Mitglieder zustimmen, also rund 76.000. Der
Parteivorstand muss dann erklären, ob er dem stattgibt - anderenfalls kommt es
zu einem Mitgliederentscheid./and/DP/jha

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