12.07.2024 19:50:33 - dpa-AFX: Reform des Abtreibungsrechts scheitert in Polens Parlament

WARSCHAU (dpa-AFX) - Polens Parlament hat eine Gesetzesnovelle zur
Liberalisierung des Abtreibungsrechts abgelehnt. Gegen den Entwurf, der eine
Entkriminalisierung der Beihilfe zur Abtreibung vorsah, stimmten 218
Abgeordnete, 215 sprachen sich dafür aus.

Unter denen, die den Entwurf ablehnten, waren auch Parlamentarier des
Regierungslagers. Das ist eine Niederlage für Regierungschef Donald Tusk, der im
Wahlkampf eine Stärkung der Frauenrechte versprochen hatte.

Das Abtreibungsrecht in Polen ist derzeit eines der strengsten in Europa.
Ein Schwangerschaftsabbruch ist nur nach einer Vergewaltigung oder Inzest
erlaubt - oder wenn das Leben der Schwangeren in Gefahr ist. Weist das
ungeborene Kind schwere Fehlbildungen auf, dürfen Frauen keinen Abbruch
vornehmen.

Die Abtreibung selbst wird zwar nicht strafrechtlich geahndet. Aber für die
Beihilfe dazu drohen bis zu drei Jahre Gefängnis. Dies kann auch Ehemänner,
Partner oder Verwandte treffen, die einer Schwangeren Tabletten zur Abtreibung
besorgen.

Der Vorstoß, die Beihilfe zur Abtreibung künftig straffrei zu machen, kam
von dem Linksbündnis Lewica, das Teil von Tusks Koalitionsregierung ist. Doch
ein weiterer Koalitionspartner machte dem Linksbündnis einen Strich durch die
Rechnung: 24 Abgeordnete des christlich-konservativen Dritten Wegs stimmten
dagegen, darunter auch Verteidigungsminister Wladyslaw Koszyniak-Kamysz. Zwei
Abgeordnete aus Tusks eigener Partei, der liberalkonservativen Bürgerkoalition,
enthielten sich. Das Votum zeigt, wie tief gespalten die Koalition beim Thema
Abtreibung ist.

Die Frauenorganisation Federa sprach von einer "Ohrfeige" für jede Frau.
"Ärzte werden sich weiterhin hinter der Angst verstecken können, sich strafbar
zu machen, wenn sie ihren Patientinnen helfen. Familien und Freunde werden
weiterhin ihre Freiheit riskieren, wenn sie ihren Angehörigen helfen", hieß es
in einer Erklärung./dhe/DP/he

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