14.05.2024 11:01:15 - dpa-AFX: SPORT: Brisanter Antrag setzt Gaza-Konflikt auf FIFA-Agenda

BANGKOK (dpa-AFX) - Ein zwölfseitiger Antrag sorgt für politische Brisanz
beim FIFA-Kongress in Bangkok - und setzt den Weltverband unter Druck. Der
palästinensische Verband PFA fordert angesichts des Gaza-Kriegs Sanktionen gegen
Israel. Hinter den Kulissen wird vor dem Treffen der 211 Mitgliedsverbände des
Weltverbands FIFA am Freitag in Bangkok nach einer diplomatischen Lösung für den
Dauerkonflikt im Fußball gesucht.

Das sind die Anschuldigungen

Die PFA wirft dem Staat Israel den Bruch internationalen Rechts besonders in Gaza und dem israelischen Verband Mittäterschaft vor, dabei beruft sie sich auf
FIFA-Statuten zu Menschenrechten. Sämtliche Fußball-Infrastruktur im
Gazastreifen sei zerstört oder schwer beschädigt, Fußballspieler und
Schiedsrichter seien getötet worden, schreibt der palästinensische Verband. Der
Vorwurf lässt sich nicht unabhängig überprüfen, israelische Angriffe haben aber
im Gazastreifen in den vergangenen sieben Monaten schwere Zerstörungen
verursacht.

Nach eigenen Angaben wird der Verband in seinem Anliegen von Algerien, Irak, Jordanien, Syrien und Jemen unterstützt. Der Antrag auf Sanktionen dürfte das
Ziel haben, den Verband und die Mannschaften Israels auszuschließen.

Das entgegnet die israelische Seite

Der israelische Außenminister Israel Katz bezeichnete den Vorsitzenden des
palästinensischen Fußballverbands, Dschibril Radschub, bei X als "Terroristen im
Anzug, der öffentlich die Verbrechen der Hamas unterstützt" habe. Der Verband
könne auf jede Weise, die er für richtig halte, gegen eine Suspendierung durch
die FIFA vorgehen. Einem Bericht der israelischen Internetseite "One" zufolge
hat der israelische Verband Gespräche in Bangkok geplant, um ein Votum über den
palästinensischen Antrag zu verhindern.

Das passiert beim FIFA-Kongress

Auf der Agenda steht allgemein eine "Diskussion" über Vorschläge von
Mitgliedsverbänden, eine Abstimmung ist bislang nicht vorgesehen. Auf Anfrage
teilt die FIFA mit, dass der palästinensische Verband das Recht habe, seine
Position darzustellen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird die
Möglichkeit geprüft, das Thema an das Council der FIFA zu verlagern. Deutscher
Vertreter in diesem Entscheidungsgremium ist DFB-Präsident Bernd Neuendorf.

Das ist die deutsche Position

Auf Anfrage verweist der DFB auf eine Stellungnahme kurz nach dem Massaker
der Hamas im Oktober des vorigen Jahres. "In dieser schwierigen Situation steht
der Fußball in Deutschland fest an der Seite unserer Freunde und Partner in
Israel" - dieser Satz von Neuendorf hat auch heute noch Gültigkeit.

Der jüdische Sportverband Makkabi Deutschland sprach sich deutlich gegen den PFA-Antrag aus. Dieser reihe "sich in einen global zu beobachtenden Versuch der
Isolation von Israel ein und ist aus unserer Sicht entschieden abzulehnen",
sagte Makkabi-Präsident Alon Meyer der Deutschen Presse-Agentur. "Wir hoffen auf
ein wiederholtes klares Signal des FIFA-Kongresses gegen solche Bestrebungen."

Meyer setzt dabei auch auf die internationale Unterstützung des DFB. Dieser
werde "Versuche, den Staat Israel mithilfe des Sportes zu delegitimieren,
entschieden verurteilen und abblocken", sagte der Makkabi-Chef. Auch die
weiteren Mitglieder der Europäischen Fußball-Union gelten als Unterstützer
Israels, das selbst der UEFA und nicht der asiatischen Konföderation angehört.

So lange dauert der Fußball-Konflikt schon

Schon von 2013 bis 2017 beschäftigte sich der FIFA-Kongress mit dem Konflikt - ohne eine nachhaltige Lösung zu erreichen. Der palästinensische Verbandschef
Radschub forderte mehrfach Konsequenzen für Israel wegen der im Westjordanland
ansässigen Vereine. 2018 sprach der Weltverband dann eine zwölfmonatige Sperre
gegen Radschub aus, da dieser dazu aufgerufen hatte, Trikots und Poster von und
mit Lionel Messi zu verbrennen, sollte der Superstar mit Argentinien in
Jerusalem spielen. Das Spiel wurde abgesagt.

So geht es weiter

Auch wenn der palästinensische Antrag in Bangkok ohne Folgen bleiben sollte, dürfte der Konflikt den internationalen Fußball weiter beschäftigen. Es gebe
eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich einige Verbände weigern würden, gegen
Israel zu spielen, schrieb die PFA. Das Männer-Nationalteam Israels hat sich
international für Olympia in Paris qualifiziert.

Das ist der politische Hintergrund

Auslöser des Gaza-Kriegs war das Massaker, das Terroristen der Hamas und
anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübten. Sie töteten
1200 Menschen, nahmen 250 weitere als Geiseln und verschleppten sie in den
Gazastreifen. Im folgenden Krieg wurden nach Angaben der von der Hamas
kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 35 000 Palästinenser getötet, wobei
die unabhängig kaum zu verifizierende Zahl nicht zwischen Zivilisten und
Kämpfern unterscheidet. Die hohe Zahl ziviler Opfer und die humanitäre
Katastrophe für die palästinensische Zivilbevölkerung haben international
scharfe Kritik am Vorgehen Israels ausgelöst./lü/mj/DP/jha

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