16.07.2024 06:35:03 - dpa-AFX: ROUNDUP: USA unterstützen Vorschlag für Friedensgipfel mit Russland

WASHINGTON/KIEW (dpa-AFX) - Die USA unterstützen den Vorschlag des
ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, nun auch russische Vertreter zu
einer zweiten Friedenskonferenz in dem seit mehr als zwei Jahren andauernden
Krieg einzuladen. "Es ist an der Ukraine zu entscheiden, wann und wie und in
welchem Zustand sie diplomatische Verhandlungen unternimmt", sagte der Sprecher
des US-Außenministeriums, Matthew Miller, in Washington. "Wir unterstützen die
ukrainische Regierung." Miller äußerte sich vor Journalisten zu der Frage, ob
die USA den Vorschlag Selenskyjs guthießen, anders als beim ersten
Friedensgipfel Mitte Juni in der Schweiz auch Russland zu dem Treffen
einzuladen.

Entscheiden könne nur die Ukraine selbst, sagte Miller. Es brauche einen
gerechten Frieden. "Die Ukraine ist hier das Opfer, die Ukraine sieht ihr Land
überfallen." Deshalb bestimme sie, ob und in welchem Format es Verhandlungen
gebe. "Aber es ist nie klar gewesen, ob der Kreml zu tatsächlicher Diplomatie
bereit ist", sagte Miller. Die USA hätten sich schon vor dem Krieg für eine
diplomatische Lösung des Konflikts eingesetzt. Heute ist das Land größter
Waffenlieferant für eine militärische Lösung.

Kiew: Plan für zweiten Friedensgipfel im November

Selenskyj hatte zuvor vor Journalisten in Kiew gesagt, dass russische
Vertreter an einem zweiten Friedensgipfel teilnehmen sollten. "Ich habe die
Aufgabe gestellt, dass wir im November einen völlig fertigen Plan haben. Wenn
der Plan fertig ist, dann wird auch alles für den zweiten Gipfel bereit sein."

Geplant seien bis dahin vorbereitende Verhandlungen in Katar, in der Türkei
in diesem Sommer und im September in Kanada, sagte Selenskyj, der selbst einen
Friedensplan vorgelegt hat. Ein Kernpunkt darin ist der vollständige Abzug der
russischen Truppen aus den Ukraine. Moskau hatte das als realitätsfern
zurückgewiesen.

Russland hatte zwar selbst immer wieder beteuert, bereit zu Verhandlungen zu sein - allerdings unter anderem unter der Bedingung, dass Kiew Gebiete abtritt.
Das lehnt die Ukraine ab. Russland werde an einem solchen Gipfel Selenskyjs
nicht teilnehmen, sagte der Chef des Auswärtigen Ausschusses der russischen
Staatsduma, Leonid Sluzki. Er bezeichnete die ukrainische Führung als vom Westen
gesteuerte "Marionetten", von denen sich Moskau keine Bedingungen diktieren
lasse.

Sluzki betonte, dass eine Reihe von Staaten Friedensinitiativen und
Kremlchef Wladimir Putin einen Plan vorgelegt haben. Er erinnerte zudem daran,
dass Russland Selenskyj nach dem offiziellen Auslaufen seiner Amtszeit
inzwischen nicht mehr als Präsidenten anerkenne. Selenskyj gilt aber wegen des
Kriegsrechts weiter als rechtmäßiger Staatschef. Russland erkennt allerdings nur
noch das Parlament und seinen Vorsitzenden als legitim an.

Wegen Orbans Alleingang: Boykott für Ungarn

In Europa zieht die EU-Kommission unterdessen Konsequenzen aus der
Ukraine-Politik Ungarns. Unter anderem wegen einer Auslandsreise des ungarischen
Regierungschefs Viktor Orban nach Moskau ordnete Kommissionspräsidentin Ursula
von der Leyen einen Boykott an. An künftigen informellen Ministertreffen unter
der Leitung der derzeitigen EU-Ratspräsidentschaft in Ungarn dürfen demnach
keine Kommissarinnen oder Kommissare, sondern nur mehr ranghohe Beamte
teilnehmen.

Zudem verzichtet die EU-Kommission laut eines Sprechers auf den
traditionellen Antrittsbesuch bei der ungarischen Präsidentschaft. Aus Budapest
gab es zunächst eine entrüstete Reaktion vom Minister für Angelegenheiten der
Europäischen Union, Janos Boka.

Washington gegen Schläge mit US-Waffen gegen Russland

Die USA bleiben auch bei ihrer Entscheidung, den Einsatz ihrer gelieferten
Waffen nicht für Schläge auf Militärbasen im russischen Hinterland zuzulassen.
Erlaubt seien Angriffe auf grenznahe russische Regionen, von denen aus
Luftschläge gegen die Ukraine ausgeführt würden, sagte Ministeriumssprecher
Miller. Weiter gehen wollten die USA demnach nicht.

Selenskyj hatte immer wieder eine Freigabe der westlichen Waffen für Schläge gegen militärische Ziele auch weit im russischen Hinterland gefordert. Bisher
nutzt das Land dafür eigene Drohnen und Raketen. Russland hatte den Westen davor
gewarnt, die Waffen aus den Nato-Staaten für Angriffe auf sein Gebiet
zuzulassen. Das Land wirft den USA und den anderen westlichen Verbündeten der
Ukraine vor, schon jetzt tief in den Krieg verwickelt zu sein.

In Washington betonte Außenministeriumssprecher Miller, dass die USA die
Ukraine seit mehr als zwei Jahren mit Waffen versorgen, um sich selbst gegen die
russischen Angriffe zu verteidigen. Ziel sei es, das Land mit einer Flugabwehr
und auch den angekündigten F-16-Kampfjets so auszustatten, dass es sich vor den
russischen Luftangriffen schützen könne. Selenskyj hatte zuvor erneut auch
mindestens 25 Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot gefordert.

Seit Kriegsbeginn hat die Ukraine mindestens vier Patriot-Systeme erhalten,
darunter drei allein aus Deutschland. Medienberichten zufolge sind aber mehrere
Startrampen durch russische Luftschläge entweder zerstört oder beschädigt
worden. Ein komplettes System aus Radar, Antennen, Feuerleit- und Gefechtsstand
und mehreren Startrampen kostet umgerechnet mehrere Hundert Millionen Euro. Der
Stückpreis für eine moderne Flugabwehrrakete liegt unterschiedlichen Angaben
nach bei umgerechnet gut drei Millionen Euro./mau/DP/zb

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