21.06.2024 14:11:44 - MARKT-AUSBLICK/Es riecht nach einer schärferen Korrektur im DAX

Von Manuel Priego Thimmel

FRANKFURT (Dow Jones)--Der DAX hat sich nach dem Schock der Ankündigung vorgezogener Neuwahlen in Frankreich erst einmal gefangen. Das psychologisch wichtige Niveau von 18.000 Punkten hat gehalten, zumindest bislang. Aber die am 30. Juni und 7. Juli stattfindenden Wahlgänge sind nur ein Risikofaktor von mehreren für die Börsen. Geopolitisch droht eine Verschärfung des Konflikts im Nahen Osten. Daneben zeigt die für die Gesamtmärkte so wichtige Rally der Tech/KI-Aktien Ermüdungserscheinungen. Zeitlich passt dieses Risikocluster mit dem Großen Verfallstermin an diesem Berichtstag zusammen. Im Anschluss werden die Karten an den Börsen häufig neu gemischt.

Die Börsen taumeln kurzfristig auf zwei heiße Wahlwochen zu", sagt Robert Greil. Der Chefstratege von Merck Finck verweist auf vier Toptermine innerhalb von elf Tagen: "In der Nacht vom Donnerstag startet mit dem ersten TV-Duell zwischen Biden und Trump die heiße Phase des US-Wahlkampfs. Drei bzw. zehn Tage danach stehen die beiden Wahlgänge in Frankreich an und dazwischen auch noch die britischen Parlamentswahlen. Während der Ausgang im Vereinigten Königreich weniger Sorgen bereitet, bangen die Börsianer vor allem hinsichtlich Frankreichs." Greil weiter: "Die Angst, dass Frankreich je nach Wahlausgang künftig weniger schuldenbewusst und EU-konform agiert, könnte die Finanzmärkte weiterhin spürbar belasten."

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Szenarien für Frankreichwahl reichen von Stillstand bis hin zu einer Krise am Anleihemarkt
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Bei den Wahlen in Frankreich steht viel auf dem Spiel. Die Szenarien reichen von Stillstand bis hin zu einer Krise am französischen Anleihemarkt. Nach Einschätzung von Holger Schmieding, Chefvolkswirt bei Berenberg, ist eine Mehrheit der extremen Rechte im nächsten französischen Parlament zwar unwahrscheinlich, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Eine französische Regierung im Griff des Rassemblement National könnte die dortige Wirtschaft belasten und die Funktionsfähigkeit der EU gefährden. In einem "Tail-risk"-Szenario würde eine Verschlechterung des französischen Haushalts zu einem offenen Konflikt zwischen Paris und Brüssel führen, die französischen Anleihemärkte stark belasten und Unruhe an den Finanzmärkten auslösen.

Aber auch die Lage im Nahen Osten gibt Anlass zur Sorge. Während der Krieg im Gazastreifen für die Märkte nur noch eine Randnotiz ist, spitzt sich der Konflikt zwischen Israel und der libaneischen Hisbollah gefährlich zu. Eine zweite Front wäre für Israel mit erheblichen Risiken verbunden. Hisbollah gilt als der am besten ausgerüstete "non-state-actor" weltweit, der über ein weit größeres Arsenal an Raketen und Dronen als die Hamas verfügt. Beide Organisationen werden vom Iran unterstützt. Nicht nur waren frühere israelische Interventionen im Libanon wenig erfolgreich, es droht zudem eine Eskalation des Konflikts unter direkter Beteiligung Israels, des Irans und der USA. Eine solche würde den Ölpreis in die Höhe schießen lassen.

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Kippen Nvidia, kippen die Gesamtmärkte
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Aber nicht nur Externalitäten bedrohen die Börsen. Die für die Gesamtmärkte so wichtigen Tech/KI-Aktien zeigen Ermüdungserscheinungen. Die Rally an den US-Börsen engt sich immer mehr ein. Wie die Deutsche Bank anmerkt, haben nur noch 2 Prozent aller Mitglieder des S&P-500 zuletzt neue Rekordstände erreicht, 7 Prozent seien auf Monatstiefs gefallen. Mit anderen Worten: Die Märkte werden nur noch von Techaktien gehalten, und hier insbesondere von Nvidia. Und die Nvidia-Aktie beginnt, Schwächen zu zeigen. Das Papier hat am Vortag 3,5 Prozent niedriger geschlossen, ein Tagesswing von mehr als 7 Prozent.

Kippen Nvidia, kippen die Gesamtmärkte. Spannend ist die Frage, wie es nach dem Großen Verfall am Berichtstag an den Terminbörsen weitergeht. Der Anteil der Call-Optionen im Dow Jones im Verhältnis zu Put-Optionen hat sich seit dem vergangenen Verfall mehr als verdoppelt. "Die Nachfrage nach Instrumenten, die bei weiter steigenden Kursen an Wert gewinnen, ist um den Faktor 11 höher, während im Moment kaum jemand gegen fallende Kurse abgesichert ist", warnt CMC. Wenn die Kurse nun fallen, müssten vor allem große Marktteilnehmer schnell ihre Positionen anpassen, was zu einer höheren Volatilität führen könnte.

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Wirtschaftsdaten nur von untergeordneter Rolle
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Hilfreich ist ein Blick auf die technische Lage. Die Hoch-Tief-Spanne im DAX lag zuletzt zwischen 18.305 Punkten auf der Ober- und 17.951 Punkten auf der Unterseite. Eine Auflösung dürfte laut HSBC den Grundstein für den nächsten Bewegungsimpuls nach oben wie nach unten legen. Entsprechend sei für einen echten Befreiungsschlag unverändert eine Rückeroberung der 50-Tages-Linie bei aktuell 18.340 Punkten notwendig. Auf der anderen Seite würde ein neues Bewegungstief unterhalb von 17.951 Punkten die Stabilisierung im bisherigen Wochenverlauf zunichtemachen. Damit laute das Investmentmotto derzeit: "make or break!".

Vermutlich günstige Wirtschaftsdaten in der kommenden Woche werden wohl kaum eine Rolle an den Märkten spielen in dem aktuell angebrieften Umfeld: Das Ifo-Geschäftsklima dürfte im Juni wieder zugelegt haben und damit die Hoffnung auf eine bessere Konjunktur im zweiten Halbjahr nähren, heißt es bei der Commerzbank. Positive Nachrichten sollte es auch für die US-Notenbank geben. Denn wie der Verbraucherpreisindex dürfte im Mai mit dem Deflator des privaten Verbrauchs auch das von ihr präferierte Inflationsmaß im Vergleich zum Vormonat kaum zugelegt haben. Sollte es tatsächlich zu einer schärferen Korrektur kommen, wäre dies für die Anleger eine Gelegenheit, bestehende Positionen aufzustocken.

Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

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June 21, 2024 08:11 ET (12:11 GMT)

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PSI 965508 Lissabon 6.522,65 27.06.24 18:05:02 -23,30 -0,36% - - 6.547,60 6.545,95
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