12.06.2024 17:21:48 - dpa-AFX: ROUNDUP: Weniger zahlen bei schlechtem Handynetz: Behörde macht Vorschlag

BONN (dpa-AFX) - Deutschlands Handynutzer sollen künftig weniger Geld zahlen
müssen, wenn ihre Datenverbindung viel schlechter ist als vertraglich
vorgesehen. Die Bundesnetzagentur veröffentlichte am Mittwoch in Bonn einen
Vorschlag zum sogenannten Minderungsrecht. Das ist zwar schon seit 2021
gesetzlich verankert, bisher aber nicht nutzbar. Erst jetzt legt der Regulierer
eine Definition auf den Tisch, wann genau der Rechtsanspruch wegen der
schlechten Leistung greift. Nun können Marktteilnehmer Stellung beziehen, danach
werden die Vorgaben festgelegt.

"Wir wollen das Mobilfunk-Minderungsrecht bis Ende des Jahres über die Bühne gebracht haben - das ist das Ziel", sagte Bundesnetzagentur Klaus Müller der
dpa. "Mit dem geplanten Messtool werden Verbraucherinnen und Verbraucher prüfen
und nachweisen können, ob die Qualität im Mobilfunk dem entspricht, was im
Vertrag vereinbart worden ist."

Künftiger Anspruch auf Minderung

Telekommunikationsanbieter müssen in ihren Mobilfunktarifen einen
geschätzten Maximalwert für die Datenübertragung angeben. Wenn ein Handynutzer
auf dem Land immer wieder weniger als 10 Prozent davon bekommt, soll er künftig
Anspruch auf Minderung haben - wie hoch die genau ist, muss er mit seinem
Provider klären und notfalls vor Gericht ziehen. In Gebieten mit mittlerer
Bevölkerungsdichte liegt die Schwelle bei 15 Prozent und in Gebieten mit hoher
Bevölkerungsdichte bei 25 Prozent. Die Prozentwerte wirken niedrig, manchem
Verbraucher könnten sie dennoch helfen: Enthält sein Tarif etwa einen
geschätzten Download-Maximalwert von 300 Megabit pro Sekunde, so müssten auf dem
Land immerhin 30 Mbit erreicht werden - was für die meisten Anwendungen
ausreicht.

Allerdings muss der Handynutzer Zeit investieren, um den Rechtsanspruch
schwarz auf weiß bescheinigt zu bekommen: Er muss insgesamt 30 Messungen an fünf
verschiedenen Tagen durchführen. An drei Tagen muss mindestens einmal diese
Schwelle erreicht werden - tut sie das nicht, dann hat der Verbraucher Anspruch
auf Preisminderung oder auf außerordentliche Kündigung, dann gibt es aus Sicht
der Behörde die "erheblichen, kontinuierlichen oder regelmäßig wiederkehrenden
Abweichungen bei der Geschwindigkeit zwischen der tatsächlichen Leistung der
Internetzugangsdienste und der vom Anbieter angegebenen Leistung", die den
Anspruch im Telekommunikationsrecht begründen.

Kritik aus Telekommunikationsbranche

Die Telekommunikationsanbieter reagierten verschnupft auf die Pläne der
Behörde. An einigen Punkten seien Nachbesserungen dringend erforderlich,
erklärte der Geschäftsführer des Branchenverbandes VATM, Frederic Ufer. "Wir
halten die Anzahl der insgesamt 30 Messungen für zu niedrig, da die schwankenden
Auslastungen in Mobilfunknetzen ebenso erfasst werden müssen wie Wettereinflüsse
und weitere örtliche Gegebenheiten."

Die Messungen sollen laut Bundesnetzagentur im Freien stattfinden - hierauf
soll der Nutzer in der App hingewiesen werden. Schummeln ist hierbei möglich,
ohne dass die App das präzise erkennt - ein Verbraucher könnte also in den
Keller gehen, wo der Empfang besonders schlecht ist. "Die Erfassung des
Standortes während der Messung ist immer noch viel zu ungenau", moniert
Branchenvertreter Ufer. "Eine genaue Positionierung des mobilen Endgerätes zum
Zeitpunkt der Messung und die Prüfung, ob die Messung im Freien stattfindet,
sind technisch kein Problem und sollte daher auch im Messtool darstellbar sein."
Ein "rechtssicheres Messverfahren" sei für Mobilfunkanbieter und Kunden
gleichermaßen wichtig, sagte Ufer und bat die Bundesnetzagentur um eine
"ausgewogene Lösung".

Ein zahnloser Tiger?

Während Branchenvertreter mit dem Kopf schüttelten, war das Unbehagen unter
Verbraucherschützern mindestens ebenso groß - das allerdings aus gänzlich
anderen Beweggründen: Sie hielten die Vorgaben für viel zu lasch. "Dass nur jede
zehnte Messung oberhalb der ohnehin geringen Schwelle liegen muss, ist viel zu
wenig", sagte Felix Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW. Alles in allem sei
das "ein zahnloser Tiger".

Nach seiner Auffassung werden vor allem preisbewusste Verbraucher im Regen
stehen gelassen: Recht günstige Tarife enthielten häufig
Maximalgeschwindigkeiten von 25 bis 50 Megabit pro Sekunde. "Wenn die Anbieter,
wie geplant, davon teilweise nur noch 10 Prozent liefern müssen, kommt beim
Endkunden fast nichts mehr an und darüber hinaus gibt es keine rechtlichen
Möglichkeiten."

Minderungsrecht im Festnetz

Im Festnetz ist das Minderungsrecht über breitbandmessung.de bereits
aktiviert, es wird bislang aber nur wenig genutzt. Warum die Zahlen
abgeschlossener Messungen in diesem Bereich niedrig sind, ist unklar.
Verbraucherschützer sehen auch im Festnetz eine Diskrepanz zwischen vertraglich
zugesicherter Leistung und der Wirklichkeit, halten die Messvorgaben aber für
restriktiv für Nutzer. So muss bei den 30 Festnetz-Tests ein Lan-Kabel verwendet
werden, was für viele Menschen, die daheim mit Laptop oder Tablet im WLAN sind,
etwas umständlich ist. Die Anbieter wiederum führen die niedrigen Zahlen darauf
zurück, dass die Internetqualität gut ist und es daher kaum Anlass gibt für die
Nutzung des Messtools.

Auf die Frage, ob das Mobilfunk-Messtool ähnlich schwach genutzt werden
könnte wie sein Festnetz-Pendant, sagte Bundesnetzagentur-Chef Müller, Tests mit
einer Smartphone-App seien einfacher als Tests am Laptop mit Lan-Kabel. "Die
meisten Menschen greifen ohnehin häufig am Tag zu ihrem Smartphone - es wäre für
sie also unkompliziert, die nötigen App-Tests für das Mobilfunk-Minderungsrecht
durchzuführen."/wdw/DP/ngu
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