24.06.2024 11:59:44 - dpa-AFX: SPORT/Zoff bei Ferrari: Bereut Hamilton seinen Wechsel?

BARCELONA (dpa-AFX) - Nach dem Ende seiner Formel-1-Durststrecke legte sich
Lewis Hamilton erstmal hin. Der Rekordweltmeister streckte sich mit schwarzer
Sonnenbrille auf der Nase und pinkem Mobiltelefon in der Hand auf der weißen
Couch aus, auf der die Piloten nach einem Grand Prix nochmal Rede und Antwort
stehen - oder wie zunächst in Hamiltons Fall: liegen. 238 Tage nach seinem
letzten Podestplatz im Herbst vergangenen Jahres in Mexiko kehrte der Engländer
beim Grand Prix von Spanien als Dritter auf das Podium zurück.

Es war ein wichtiger Energieschub auf Hamiltons Mercedes-Abschiedstournee,
ehe er ab kommendem Jahr den Platz von Carlos Sainz bei Ferrari einnimmt und die
Italiener wieder zum Weltmeister machen soll. "Was für eine Erlösung für den
Briten", schrieb der "Blick" in der Schweiz. "Ich fühle mich großartig, ich
fühle mich einfach fantastisch", räumte der 39-Jährige nach seinem 198.
Podestplatz ein. Kein anderer Fahrer hat mehr. Hamilton hat damit in seinen 18
Saisons immer mindestens einmal das Podium erreicht. Auch das ist Rekord.

Hamilton braucht diesen Stimmungsschub

Ist Hamilton aber wieder siegfähig? "Ich denke, das ist unser Maximum im
Moment", sagte er und dämpfte die Hoffnungen seiner Fans. "Wir sind immer, das
ganze Jahr hindurch, am Finetuning. Aber wir müssen ein paar zusätzliche Dinge
ranschaffen, um mit diesen Jungs mithalten zu können." Mit diesen Jungs waren
Red-Bull-Sieger Max Verstappen und der Zweite Lando Norris im McLaren gemeint.

Das Problem trotz des sich immer deutlicher abzeichnenden Aufschwungs bei
Mercedes ist für Hamilton aber die Qualifikation. Diese eine schnelle Runde für
eine gute Ausgangsposition im Rennen will ihm einfach nicht gelingen. Sein
bestes Qualifikationsergebnis 2024? Rang drei eben in Spanien. "Es tut gut,
endlich mal ein sauberes Wochenende zu haben", befand Hamilton. "Hoffentlich
versetzt uns das für die nächsten Rennen in eine gute Position."

Bereut Hamilton seinen Wechsel?

Zur Schnelllebigkeit des wirklich schnelllebigen Formel-1-Geschäfts gehört
es, dass der siebenmalige Weltmeister nach seinem erfolgreichen
Barcelona-Wochenende schon gefragt wurde, ob er schon wegen seines
Ferrari-Wechsels ins Grübeln gerate?

"Ich bin bei Mercedes, seit ich 13 bin, und ich werde immer ein Fan und
Unterstützer von Mercedes sein. Und meine Aufgabe in diesem Jahr ist es, mit der
Crew, die ich habe, und den Leuten im Werk so hart wie möglich zu arbeiten, um
zu versuchen, das Auto in die richtige Richtung zu bringen und zu entwickeln",
erklärte Hamilton.

"Lässt mich meine Entscheidung nicht infrage stellen"

Sein Job laute aber ab 2025: Ferrari. "Ich denke, sie hatten ein paar
schwierige Rennen, aber wir dürfen nicht vergessen, dass sie in Monaco ein
Rennen gewonnen haben. Ich kann Ihnen nicht sagen, was mit ihrem Auto nicht
stimmt und warum sie heute in dieser Position sind", erläuterte Hamilton weiter.
"Aber sie machen definitiv Fortschritte. Und das lässt mich meine Entscheidung
überhaupt nicht infrage stellen."

Nach Platz eins in Monaco für Charles Leclerc und Platz drei für Teamkollege Carlos Sainz blamierte sich Ferrari mit einem Doppel-Ausfall in Kanada. In
Spanien nun landete Leclerc als Fünfter direkt vor Sainz. Auch das entsprach
nicht den Ansprüchen der stolzen Scuderia. Hinzukamen gleich mehrere
Zoff-Fronten.

Zoff 1: Sainz gegen Leclerc

Ein heftiger Streit entbrannte zwischen Leclerc und Sainz. Als "Kontroverse
im Hause Ferrari" erkannte dies "La Gazzetta dello Sport". Auslöser des Stunks
war ein Zweikampf Ende der zweiten Runde, als es schließlich zwischen den beiden
Fahrern auch zur Berührung auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya kam.

"Es ist schade, denn das Team hatte uns vor dem Rennen gesagt, dass wir zu
diesem Zeitpunkt des Rennens die Reifen schonen sollten. Genau das habe ich in
der letzten Kurve getan, die eine wirklich gute Kurve dafür ist", erläuterte
Leclerc wie ein Musterschüler. Bei der betreffenden Aktion beschädigte er auch
den Frontflügel seines Wagens.

"Er beschwert sich zu oft nach einem Rennen"

"Es ist ein bisschen unnötig, aber ich verstehe auch, dass es sein
Heimrennen ist und ein wichtiger Moment in seiner Karriere. Also wollte er wohl
etwas Spektakuläres machen. Aber ich war wahrscheinlich nicht die richtige
Person, um das zu tun", bemerkte Leclerc spitz.

Sainz reagierte angefressen. "Ich glaube, er beschwert sich zu oft nach
einem Rennen über irgendetwas", ätzte er in Richtung Leclerc. "Ich bin an
Charles vorbeigegangen, weil ich nicht wusste, ob er einen Fehler gemacht hat
oder ob er einfach ein bisschen zu viel sein Rennen kontrollieren wollte."

Zoff 2: Sainz gegen Hamilton

Ein Zoff war für Sainz aber nicht genug. In der Boxengasse wäre er nach
einem Stopp fast mit Mercedes-Fahrer George Russell kollidiert. Mit Hamilton
geriet er nur wenig später auf dem Kurs aneinander. Im ersten Drittel des
Rennens fühlte sich Sainz bei einem Zweikampf von diesem abgedrängt und verstand
nicht, warum der Brite nicht bestraft wurde. "Wenn man exakt nach den Regeln
geht, würde ich sagen: Das ist nicht erlaubt. Wenn man mich aber als Rennfahrer
fragt, würde ich sagen: Es war ein harter Move", erklärte Sainz.

Hamilton bewertete den Vorfall mit dem Spanier mit der Gelassenheit eines
103-maligen Rennsiegers. "Ich glaube, alle Überholvorgänge waren sehr knapp. So
sollte es doch sein, oder?", meinte er. Wenn Hamilton bei Ferrari anfängt, ist
Sainz für ihn längst Geschichte./mom/DP/mis

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