08.07.2024 13:03:45 - dpa-AFX: Nach Putin-Gespräch: Orban schließt russischen Angriff auf Nato aus

BERLIN/BUDAPEST (dpa-AFX) - Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban
hält es für ausgeschlossen, dass Russlands Präsident Wladimir Putin einen
Angriff auf die Nato beabsichtigt. "Kein ernsthafter Mensch kann davon sprechen,
dass Russland die Absicht hat, die Nato anzugreifen", sagte Orban der
"Bild"-Zeitung. Die Nato anzugreifen sei - nicht nur für Russland, sondern für
irgendjemanden auf der Welt - völlig unmöglich, da sie die bei weitem stärkste
Militärgemeinschaft sei, sagte Orban.

Voraussetzung sei allerdings, dass die Einheit der Nato erhalten bleibe und
Artikel fünf des Nato-Vertrages von allen respektiert werde. Dieser regelt die
Beistandsverpflichtung in der Allianz und besagt, dass ein bewaffneter Angriff
gegen einen oder mehrere Alliierte als ein Angriff gegen alle angesehen wird.
Orban verwies laut "Bild" zudem auf die vielen Probleme, die Russland an der
Front bereits mit der Ukraine habe.

Die Russen hätten eine andere Geschichte und Kultur sowie ein
unterschiedliches Verständnis von Freiheit und nationaler Souveränität als die
Europäer, sagte Orban weiter. "Aber sie sind rational, sie sind hyperrational",
meinte er. Auf den Einwand, dass der Überfall auf die Ukraine nicht rational
gewesen sei, entgegnete er: "Irrationalität ist etwas anderes, als sich bei
einer rationalen Kalkulation zu verrechnen."

Orban: Stelle Fragen und sammle Informationen

Nach Besuchen in Kiew und in Moskau vergangene Woche war Orban am Montag in
China und traf Staats- und Parteichef Xi Jinping. Auf der als "Friedensmission"
inszenierten Reise hatte Orban neben dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr
Selenskyj auch Putin getroffen.

Über seine viel kritisierte Reise nach Moskau sagte Orban, dessen Land seit
Anfang Juli die EU-Ratspräsidentschaft innehat: "Die EU-Ratspräsidentschaft kann
es sich einfach nicht leisten, sich nicht mit der Frage zu beschäftigen, wie man
dem Frieden näher kommen kann." Er betonte, nicht zu verhandeln, weil er kein
Mandat dazu habe. "Ich versuche, den europäischen Staats- und Regierungschefs
die Chance auf einen Frieden vor Augen zu führen." Er stelle Fragen, sammele
Informationen und werde darüber berichten.

Erneut Lobrede über Trump

Mit Blick auf die US-Präsidentschaftswahl im November sagte Orban, er gehe
davon aus, dass US-Präsident Joe Biden kein weiteres Mal ins Weiße Haus
einziehen werde. Er streute dem republikanischen Präsidentschaftsbewerber Donald
Trump gleichzeitig erneut Rosen. "Er ist ein Geschäftsmann, er ist ein
Self-Made-Mann, er hat eine andere Herangehensweise an alles. Und ich glaube:
Das ist gut für die Weltpolitik", meinte Orban. "Vergessen wir nicht, dass er
der Mann des Friedens ist." Während seiner vierjährigen Amtszeit habe Trump
keinen einzigen Krieg begonnen und viel getan, um Frieden in alten Konflikten zu
schaffen.

Trump und Orban halten regelmäßig öffentliche Lobreden übereinander. Orban
war der einzige Regierungschef eines EU-Landes, der sich bereits vor Trumps Wahl
zum Präsidenten 2016 offen zur Unterstützung des Republikaners bekannte. Die
beiden Rechtspopulisten haben politisch viel gemeinsam./rgr/DP/men

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