16.05.2024 17:29:05 - dpa-AFX: ROUNDUP/Nach Prüfung: Künftige Rolle von Vize-Chefredakteurin der 'SZ' offen

MÜNCHEN (dpa-AFX) - Die Vize-Chefredakteurin der "Süddeutschen Zeitung"
("SZ"), Alexandra Föderl-Schmid, hat nach Erkenntnissen einer unabhängigen
Expertenkommission bei ihrer journalistischen Arbeit nicht plagiiert. Die
53-Jährige habe allerdings gegen journalistische Standards verstoßen, teilte die
"SZ" am Donnerstag in München mit. Vor der Prüfung hatte sich die Journalistin
bis auf Weiteres aus dem operativen Tagesgeschäft zurückgezogen. Die
Chefredaktion machte bekannt, dass sie zurückkehren wird. In welcher Funktion,
blieb offen.

Ende 2023 waren Vorwürfe zum Umgang mit Quellen in journalistischen Texten
der Journalistin aufgekommen. Im Februar hatte die überregionale Zeitung eine
unabhängige Expertenkommission damit beauftragt, den Fall zu untersuchen.

"Wir freuen uns auf ihre Rückkehr", teilte das "SZ"-Chefredaktions-Duo
Wolfgang Krach und Judith Wittwer weiter mit. "Über die Modalitäten befinden wir
uns mit Alexandra Föderl-Schmid in vertraulichen Gesprächen, deren Abschluss wir
nicht vorgreifen wollen und werden."

"Der angebliche Plagiatsskandal ist keiner", hieß es seitens Krach und
Wittwer der Mitteilung zufolge. Die Kommission stellte allerdings auch fest:
Föderl-Schmid habe gegen journalistische Standards verstoßen, weil sie in
mehreren Fällen nicht kenntlich gemacht habe, dass sie Teile ihrer Texte,
beispielsweise aus Wikipedia oder quasi-amtlichen Quellen, übernommen habe. Auch
die "SZ"-Chefredaktion betonte: "Dennoch handelt es sich um Verstöße gegen die
journalistischen Standards der "Süddeutschen Zeitung", über die wir nicht
hinwegsehen können."

Der Kommission gehörten der frühere "Spiegel"-Chefredakteur Steffen
Klusmann, die Leiterin der Deutschen Journalistenschule, Henriette Löwisch, und
der Eichstätter Journalistik-Professor Klaus Meier an.

Kommissionsmitglied Klusmann sagte, Föderl-Schmid habe es sich "das eine
oder andere Mal zu einfach gemacht". Wer ihr aber vorwerfe, sie habe
systematisch plagiiert, verstehe nicht, wie journalistische Arbeit funktioniere.
Die Kommission hatte insgesamt rund 1100 Texte, die die Journalistin für die
"SZ" seit 2017 geschrieben hatte, mit einer Plagiatssoftware überprüft und sich
danach 260 der Texte näher angeschaut.

Föderl-Schmid ist seit Juli 2020 stellvertretende Chefredakteurin der
Tageszeitung aus München. Sie kam 2017 zur "SZ" und war dort zunächst als
Korrespondentin für Israel und die palästinensischen Gebiete tätig. Vor ihrer
"SZ"-Zeit war sie viele Jahre Chefredakteurin der in Wien erscheinenden
Tageszeitung "Der Standard".

Der Branchendienst "Medieninsider" hatte Ende 2023 über Vorwürfe zu ihren
Texten berichtet. Die "SZ"-Chefredaktion hatte danach eingeräumt, dass es
seitens Föderl-Schmid einen fehlerhaften Umgang gegeben habe.

Es hatte vor Monaten auch Plagiatsvorwürfe zu Föderl-Schmids Doktorarbeit
aus dem Jahr 1996 gegeben. Die Paris Lodron Universität Salzburg teilte im April
nach einer Prüfung durch eine andere Kommission mit, dass sie ihren Doktortitel
behält. Demnach sei "kein relevantes wissenschaftliches Fehlverhalten"
festzustellen. Das Verfahren wurde eingestellt./fd/rin/DP/men

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