16.05.2024 13:07:01 - dpa-AFX: Lobbycontrol: EU nicht genug vor Einflussnahme geschützt

BERLIN/BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die Organisation Lobbycontrol hält den Schutz der
EU vor Einflussnahme durch Konzerne und Drittstaaten für unzureichend. "Konzerne
und ihre Verbände betreiben mit viel Geld, Personal und privilegierten Zugängen
Lobbyarbeit in Brüssel und finden dafür vorteilhafte Bedingungen vor", teilte
die politische Geschäftsführerin von Lobbycontrol, Imke Dierßen, zum
EU-Lobbyreport 2024 mit, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde.

Mitautorin Nina Katzemich betonte, dass die 50 Konzerne mit den größten
Lobbyausgaben in Brüssel diese Ausgaben in den vergangenen zehn Jahren um zwei
Drittel erhöht hätten. Zu den größten Lobbyakteuren in Brüssel - gemessen an
ihren jährlichen Lobbyausgaben laut EU-Lobbyregister - zählen dem Bericht
zufolge etwa US-Unternehmen wie Meta, Microsoft und Apple, aber auch der
deutsche Agrarchemie- und Pharmakonzern Bayer.

Mitautor: Durchsetzung der Lobbyregeln ist Problem

Die EU-Lobbyregeln seien eigentlich sehr gut, teilweise auch besser als in
Deutschland, erklärte Mitautor Aurel Eschmann, der in diesem Bereich
Fortschritte festmacht. Das Problem in Brüssel sei aber die Durchsetzung, ohne
die auch die besten Regeln nichts bewirkten. Bislang sei kein einziger
Abgeordneter im EU-Parlament für einen Verstoß gegen Lobbyregeln sanktioniert
worden, kritisierte Eschmann in einer Mitteilung. "So gehen weiterhin Akteure im
Parlament ein und aus, die den Eintrag ins EU-Lobbyregister verweigern, obwohl
dies bereits bei der Aufarbeitung des "Katargate"-Skandals als ein wichtiges
Schlupfloch erkannt worden war."

Einflussversuche durch Drittstaaten

Bei dem unter diesem Namen bekannt gewordenen Skandal geht es um mutmaßliche Einflussnahme auf politische Entscheidungen durch die Regierungen von Katar und
Marokko. Ende 2022 wurden Ermittlungen gegen die inzwischen abgesetzte
Vizepräsidentin des EU-Parlaments Eva Kaili und weitere Verdächtige wegen
Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption
eingeleitet.

Ende vergangenen Monats stimmte das Europaparlament für die Einrichtung
eines Ethikgremiums, dass die Einhaltung von Lobby- und Antikorruptionsregeln
kontrollieren soll. An der Vereinbarung beteiligen sich laut der damaligen
Mitteilung acht EU-Institutionen, darunter das Parlament und die Kommission.

Dierßen hält die derzeitigen Mechanismen in der EU für nicht ausreichend,
"um illegitime Einflussnahme frühzeitig zu erkennen oder zu verhindern". Als
Beleg dafür verweist sie neben dem Katar-Korruptionsskandal auch auf "mögliche
russische Geldzahlungen an Maximilian Krah". Der Europa-Spitzenkandidat der AfD
steht wegen möglicher Russland- und China-Verbindungen sowie der Festnahme eines
Mitarbeiters unter Spionage-Verdacht in der Kritik./fsp/DP/stk

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