13.11.2023 15:02:08 - dpa-AFX: ROUNDUP: 'Big Business' Glücksspiel - Millionen süchtig oder gefährdet

BERLIN (dpa-AFX) - Mit dem Geld ließen sich für ein Jahr lang bequem die
Ausgaben der Stadt Berlin bestreiten - 44,1 Milliarden Euro wurden 2021 in
Deutschland in legale Glücksspiele gesteckt. 4,6 Millionen Erwachsene sind
spielsüchtig oder zeigen erste Symptome dafür. Diese Zahlen stehen im
"Glücksspielatlas 2023", den der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert am
Montag in Berlin vorstellte.

"Glücksspiel ist ein absolutes Big Business", sagte der SPD-Politiker. Das
zeigt sich auch an den Steuereinnahmen: 5,2 Milliarden Euro nahm der Staat 2021
durch legales Glücksspiel ein - mehr als doppelt so viel wie über die
Alkoholsteuer, die im Jahr nur etwa zwei Milliarden Euro einbringt.

Der "Glücksspielatlas" wurde von Wissenschaftlern aus der Suchtforschung und Suchthilfe erstellt und vom Bundesgesundheitsministerium gefördert. Er soll
einen grundsätzlichen Überblick über das Thema in Deutschland geben, etwa über
rechtliche Regelungen, Umsätze in der Branche und Themen wie Sucht und
Prävention.

1,3 Millionen Menschen spielsüchtig, 3,3 Millionen gefährdet

"Glücksspiel macht seine Teilnehmenden selten glücklich", sagte Blienert. In Deutschland gibt es demnach rund 1,3 Millionen Menschen, bei denen sich das
Leben fast nur noch ums Spielen dreht. Bei ihnen besteht eine sogenannte
Glücksspielstörung. Die Folgen der Sucht können schwerwiegend sein:
Verschuldung, Verlust von Job und Familie, Beschaffungskriminalität,
gesundheitliche Schäden bis hin zur Suizidalität. "Glücksspielsucht ist eine
Krankheit", sagte Christina Rummel, Geschäftsführerin der Deutschen Hauptstelle
für Suchtfragen am Montag in Berlin.

Weitere 3,3 Millionen Menschen zeigen laut "Glücksspielatlas" ein riskantes
Spielverhalten mit ersten Anzeichen für eine Sucht, etwa entzugsähnliche
Erscheinungen, wenn nicht gespielt wird oder die Rückkehr zum Glücksspielen am
nächsten Tag, um Verluste auszugleichen. Die Daten stammen aus einer Befragung
von 2021.

Zocken für 800 Euro im Monat - Spieler verlieren 13,4 Milliarden

Glücksspielsüchtige setzen im Monat im Schnitt bis zu 800 Euro ein. Bei
denjenigen, die ein riskantes Spielverhalten an den Tag legen, sind es immerhin
noch 206 Euro. Am meisten klingelt die Kasse immer noch bei den Anbietern von
Glücksspielautomaten. 4,8 Milliarden Euro nahmen diese abzüglich der
ausgeschütteten Gewinne im vergangenen Jahr ein, dahinter folgt Lotto (4,1
Milliarden). Einen starken Zuwachs sieht der Atlas bei Sportwetten seit deren
Legalisierung im Herbst 2020 (1,4 Milliarden).

In den Kassen der gesamten legalen Glücksspielbranche landeten 2022
abzüglich der ausgeschütteten Gewinne insgesamt 13,4 Milliarden Euro. Experten
nennen das auch den Nettoverlust aller Spielerinnen und Spieler.

Jeder fünfte spielt Lotto

Glücksspielsucht steht demnach eher mit Automaten, Sportwetten oder Kasinos
in Zusammenhang. Spielen an sich ist ansonsten immer noch weit verbreitet, geht
aber zurück. Fast jeder Dritte hat dem Bericht zufolge im Jahr 2021 mindestens
einmal im Jahr gespielt. 2007 war es noch mehr als jeder Zweite. Am stärksten
nachgefragt ist das klassische Lotto 6 aus 49. 2021 gaben 19 Prozent der
Bevölkerung Tipps dafür ab, danach kamen andere Lotterien wie der Eurojackpot.

"Verquickung" von Sport und Glücksspiel

Blienert sagte, ihn mache besonders die Entwicklung im Sportwettenbereich
mit dessen enorm hoher Suchtgefährdung betroffen. Er kritisierte eine
"Verquickung" des Glücksspiels mit dem als sehr positiv empfundenen Sport. "Wenn
man sich heute Bundesliga-Ergebnisse abrufen will im Smartphone, wird man sofort
mit Angeboten von Sportwettanbietern konfrontiert."

Ähnlich äußerte sich der "Glücksatlas"-Mitautor und Glücksspielforscher
Tobias Hayer von der Universität Bremen. Bei Liveübertragungen der Bundesliga
sehe er mehr Sportwetten-Werbung als Fußball. Blienert bekräftigte seine schon
früher erhobene Forderung, auf Sportwetten-Werbung bis 23.00 Uhr zu verzichten,
um Kinder und Jugendliche zu schützen.

Hilfe durch Spieler-Sperre

Die Suchtexperten des Glücksspielatlas wiesen bei der Vorstellung am Montag
auch noch einmal auf die Möglichkeit von Spielersperren hin. Betroffene selbst
können sich in eine zentrale Datenbank ("OASIS") eintragen lassen und sind dann
bundesweit für Online-Glücksspiele, Sportwetten oder Spielhallen gesperrt. Auch
Angehörige oder Anbieter können solche Sperren beantragen. Die Möglichkeit werde
immer mehr nachgefragt, sagte Christian Schütze vom Institut für
interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg. Aktuell gebe es mehr
als 200 000 Sperren in Deutschland. Die große Mehrheit davon sind
Selbstsperren./jr/DP/mis
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