16.05.2024 23:43:18 - dpa-AFX: ROUNDUP 3: Update für Cannabis-Gesetz und Grenzwert für Autofahrer

(nach nach der ersten Lesung im Bundestag aktualisiert)

BERLIN (dpa-AFX) - Eineinhalb Monate nach der begrenzten Freigabe von
Cannabis für Erwachsene kommen noch zugesagte Änderungen und Ergänzungen in
Sicht. Dazu gehören ein Grenzwert für Autofahrer, ein Alkoholverbot am Steuer
bei Cannabiskonsum, Regeln für Fahranfänger und neue Bestimmungen für die ab
Juli möglichen Cannabis-Anbauvereine. Verhindert werden soll damit unter
anderem, dass große Plantagen entstehen. Dazu sollen das erst seit April
geltende Cannabis-Gesetz und mehrere Vorschriften im Straßenverkehrsrecht
geändert werden.

Hintergrund ist, dass die Länder die Cannabis-Legalisierung nur mit großen
Bauchschmerzen im Bundesrat passieren ließen. Die Bundesregierung sagte ihnen
dafür noch nachträgliche Änderungen zu. Die Neuregelungen im Verkehr hatte der
Bund bereits zuvor angepeilt. Die entsprechenden Gesetzentwürfe der Koalition
wurden am späten Donnerstagabend mit der ersten Lesung in den Bundestag
eingebracht. Vorgesehen ist Folgendes:

Grenzwert für Autofahrer

Ähnlich der 0,5-Promille-Marke beim Alkohol soll auch bei Cannabis ein
Grenzwert kommen. Bisher reicht schon der bloße Nachweis des Wirkstoffes für
Geldbußen oder Punkte in Flensburg, etabliert hatte sich in der Rechtsprechung
ein niedriger Wert von 1 Nanogramm Tetrahydrocannabinol (THC - der berauschende
Wirkstoff) je Milliliter Blut. Künftig soll die Grenze bei 3,5 Nanogramm liegen.
Wer dann noch Auto fährt, der riskiert laut der im Entwurf vorgesehenen Änderung
des Bußgeldkatalogs in der Regel 500 Euro und einen Monat Fahrverbot. Die
Bußgelder können aber auch noch höher ausfallen. Der Entwurf nennt einen Rahmen
bis 3000 Euro.

Vergleichbar mit 0,2 Promille Alkohol im Blut

Ab dem Wert von 3,5 Nanogramm "ist nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeuges
nicht fernliegend, aber deutlich unterhalb der Schwelle, ab welcher ein
allgemeines Unfallrisiko beginnt", heißt es. Der Grenzwert soll nicht für
Menschen gelten, die Cannabis wegen einer Krankheit verschrieben bekommen und
konsumieren.

Wie viele Züge an einem Joint zu einer THC-Konzentration in dieser Höhe
führen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Im Entwurf wird davon ausgegangen,
dass die Verkehrsbeeinträchtigung bei 3,5 Nanogramm bei Gelegenheitskonsumenten
ungefähr der entspricht, die jemand mit 0,2 Promille Alkohol im Blut hat.
Kontrolliert werden soll
- soweit verfügbar, wie es heißt - mit Speicheltests.

Mischkonsum am Steuer tabu ? Cannabis-Verbot für Fahranfänger

Eingeführt werden soll ein Alkoholverbot für Cannabiskonsumenten. Wer am
Joint zieht und dazu Bier trinkt, sollte das Auto lieber stehen lassen. Wird die
3,5-Nanogramm-Grenze erreicht und zusätzlich Alkohol nachgewiesen, drohen laut
Entwurf in der Regel 1000 Euro und ein Monat Fahrverbot, der Bußgeldrahmen
reicht dann sogar bis 5000 Euro. Dadurch solle der "besonderen Gefährdung durch
Mischkonsum von Cannabis und Alkohol" Rechnung getragen werden.

Die Leiterin der Unfallforschung der Versicherer, Kirstin Zeidler, begrüßte
das Verbot, warnte aber, es nicht konsequent umzusetzen. "Wir finden: Wer
gleichzeitig kifft und trinkt, darf nicht mehr Auto fahren." Laut Entwurf
könnten Verkehrsteilnehmer aber mit bis zu 3,5 Nanogramm THC im Blut ? also
unter dem Grenzwert ? weiterhin bis zu 0,5 Promille Alkohol haben und sich
dennoch ans Steuer setzen, erläuterte Zeidler.

Für Fahranfänger in der Probezeit und Führerscheinbesitzer unter 21 Jahre
soll es den Gesetzesplänen zufolge wie schon bei Alkohol ein Cannabis-Verbot
geben. Es droht neben dem Punkt in Flensburg in der Regel ein Bußgeld von 250
Euro.

Plantagen-Verbot, Weiterbildung für Suchtberater und mehr Evaluation

Neben den verkehrsrechtlichen Anpassungen sollen die Regeln für die ab
Sommer möglichen Cannabis-Vereine und weitere Details geändert werden. Ab dem 1.
Juli darf die Droge laut Cannabis-Gesetz in speziellen Vereinen gemeinschaftlich
angebaut und an Vereinsmitglieder abgegeben werden. Um der Sorge
entgegenzutreten, dass plantagenartige Anbauflächen entstehen, sieht der
Gesetzentwurf vor, dass Behörden Vereinen die Genehmigung verweigern dürfen,
wenn deren Anbauflächen oder Gewächshäuser "in einem baulichen Verbund" stehen
oder dicht beieinander sind. Zudem werden die Vorgaben für die Behörden vor Ort
etwas gelockert: Statt, wie aktuell noch vorgegeben, die Anbauvereine einmal
jährlich zu kontrollieren, heißt es nun, dies solle "regelmäßig" geschehen.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wird dem Entwurf zufolge
künftig außerdem Weiterbildungen für Suchtpräventionsberater anbieten und die
Evaluation des Cannabis-Gesetzes wird ausgeweitet. So soll das umstrittene
Gesetz von "unabhängigen Dritten" nicht nur daraufhin untersucht werden, wie es
sich auf den Kinder- und Jugendschutz und das Konsumverhalten von Kindern und
Jugendlichen auswirkt, sondern auch daraufhin, ob die festgelegten Mengen für
den privaten Cannabis-Besitz und die Weitergabemengen der Anbauvereine die
richtige Größenordnung haben./jr/sam/ax/DP/he

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