12.07.2024 12:00:46 - dpa-AFX: VERMISCHTES: Wie in 'Dune': Raumanzug recycelt Urin zu Trinkwasser

NEW YORK (dpa-AFX) - Ein neues Hygienesystem für Raumanzüge erinnert an den
Destillanzug aus der Filmserie "Dune": Urin lässt sich damit zu etwa 85 Prozent
recyceln - und steht den Astronauten dann wieder als Trinkwasser zur Verfügung,
wie das Entwicklerteam im Fachjournal "Frontiers in Space Technologies"
berichtet. Bei den aktuell verwendeten Raumanzügen der US-Raumfahrtbehörde Nasa
tragen die Astronauten bei den oft viele Stunden dauernden Außeneinsätzen eine
Art Erwachsenenwindel für Kot und Urin, "Maximum Absorbency Garment" genannt.
Auf der Raumstation ISS hingegen wird Urin bereits zu Trinkwasser recycelt.

In der Science-Fiction-Filmserie "Dune" ist Wasser eine sehr wertvolle
Ressource. Deshalb trägt das Volk der Fremen in der Wüste einen Destillanzug,
mit dem Körperflüssigkeiten, vor allem Urin und Schweiß, wiederverwertet werden
können. Laut einer Mitteilung der Fachzeitschrift war dies eine Inspiration für
die Gruppe um Sofia Etlin und Christopher Mason von der Cornell University in
New York, das neue Raumanzug-Hygienesystem zu entwickeln.

Derzeit stehe Nasa-Astronauten nur knapp ein Liter Trinkwasser in ihrem
Raumanzug zur Verfügung, hieß es. "Dies reicht nicht für die geplanten, länger
andauernden Weltraumspaziergänge auf dem Mond aus, die zehn Stunden und im
Notfall sogar bis zu 24 Stunden dauern können", erklärte Etlin. Ein solcher
Notfall könnte sein, dass ein Mondfahrzeug eine Panne hat und die Astronauten
zur Mondbasis zurücklaufen müssen. Mit Wasser aus recyceltem Urin wäre dann die
Gefahr einer Dehydrierung gebannt.

Vorbild ISS

Der Urin wird bei dem System in Behältern aus Silikon und einer
hautfreundlichen Oberfläche aufgesammelt. Dabei berücksichtigen zwei
unterschiedliche Formen die Unterschiede in der weiblichen und männlichen
Anatomie. Ein Feuchtigkeitssensor setzt eine Unterdruckpumpe in Gang, die den
Urin schnell vom Körper entfernt. In einer Zweifilteranordnung wird zunächst
durch Osmose das Wasser aus dem Urin in eine konzentrierte Salzlösung gezogen.
Anschließend wird bei einer umgekehrten Osmose das Wasser aus der Salzlösung
durch einen Filter gepresst und hat dann Trinkwasserqualität.

Neben "Dune" ist ein weiteres Vorbild für das System die
Wasserrecyclinganlage auf der ISS. Allerdings ist sie erheblich größer. Etlin,
Mason und Kollegen haben es geschafft, das System stark zu verkleinern, so dass
es in einem Rucksack auf dem Rücken getragen werden kann. Der Rucksack ist zwar
etwa acht Kilogramm schwer, aber bei der erheblich geringeren Schwerkraft in der
Erdumlaufbahn oder auf dem Mond macht sich das Gewicht nicht so sehr bemerkbar.
Das System benötigt zudem elektrischen Strom, verbraucht den Angaben zufolge
aber weniger als zehn Prozent des aktuellen Energiebedarfs eines Raumanzugs.

"Unser System kann unter simulierten Bedingungen minimaler Schwerkraft
getestet werden, da die Mikrogravitation der wichtigste Weltraumfaktor ist, den
wir berücksichtigen müssen", so Mason. Bevor das System in einer Weltraummission
eingesetzt werden könnte, würden so Funktionalität und Sicherheit
sichergestellt. Das erzeugte Trinkwasser könnte mit Elektrolyten und Nährstoffen
angereichert werden, um die Astronauten bei langen Einsätzen auch mit Energie zu
versorgen./fm/DP/stk

© 2000-2024 DZ BANK AG. Bitte beachten Sie die Nutzungsbedingungen | Impressum
2024 Infront Financial Technology GmbH