13.05.2024 06:35:04 - dpa-AFX: ROUNDUP: Israel gedenkt seiner getöteten Soldaten - Die Nacht im Überblick

TEL AVIV (dpa-AFX) - Der israelische Staatspräsident Isaac Herzog hat am
alljährlichen Gedenktag für die getöteten Soldaten und Terroropfer des Landes
den Selbstbehauptungswillen Israels unterstrichen. "Ich erinnere uns und die
gesamte Welt daran: Wir wollten niemals diesen schrecklichen Krieg. Nicht diesen
und nicht seine Vorgänger", sagte er am Sonntagabend auf der zentralen Feier an
der Klagemauer in Jerusalem. "Aber so lange unsere Feinde uns zerstören wollen,
werden wir das Schwert nicht niederlegen." Der Gaza-Krieg zwischen Israels Armee
und palästinensischen Extremisten geht derweil weiter, im Norden und Süden des
Gazastreifens gab es weitere Kämpfe. Die geplante Großoffensive Israels in der
Stadt Rafah will die US-Regierung zwar nicht unterstützen, davon abgesehen
sicherte sie dem Verbündeten aber erneut ihren Rückhalt zu.

Mit einer Schweigeminute nach Sirenengeheul wurde zu Beginn der
Gedenkzeremonie am Sonntag der Toten der Kriege gedacht. Präsident Herzog trug
einen eingerissenen Hemdkragen - zerrissene Kleidung ist ein jüdisches Symbol
der Trauer. Der israelische Generalstabschef Herzi Halevi sagte in seiner Rede,
als Kommandeur der Armee in Kriegszeiten trage er die Verantwortung "für das
Versagen, unsere Zivilisten am 7. Oktober zu verteidigen. Ich trage das Gewicht
jeden Tag auf meinen Schultern und in meinem Herzen." An die Adresse der
Familienangehörigen gerichtet sagte er: "Ich bin der Kommandeur, der Ihre Söhne
und Töchter in den Kampf geschickt hat, aus dem sie nicht zurückgekehrt sind,
und auf die Posten, auf denen sie als Geiseln genommen wurden."

Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker, das Terroristen der
Hamas und anderer islamistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübten. Sie
töteten 1200 Menschen, nahmen 250 weitere als Geiseln und verschleppten sie in
den Gazastreifen. Im folgenden Kriegs wurden nach palästinensischen Angaben rund
35 000 Menschen getötet, wobei die unabhängig kaum zu verifizierende Zahl nicht
zwischen Zivilisten und Kämpfern unterscheidet.

Israelisch-palästinensischer Appell für Versöhnung

Angehörige der Geiseln versammelten sich am Sonntagabend vor dem
Hauptquartier der Armee in Tel Aviv. Viele von ihnen trugen brennende Kerzen,
andere hielten Schilder mit der Aufschrift "Wir wollen keine weiteren Gräber".

Die Vereinigung der trauernden israelischen und palästinensischen Familien
organisierte am Gedenktag eine eigene Veranstaltung, die die Hoffnung auf
Frieden und Versöhnung in den Mittelpunkt stellte. "Wir müssen die Wirklichkeit
ändern, um eine bessere Zukunft für unsere Kinder zu schaffen", sagte eine
Palästinenserin, die im Gaza-Krieg ihren Bruder verloren hat.

"Wie viele Generationen voll Trauer braucht es noch, bis wir frei davon
sind", sagte der Sohn der am 7. Oktober getöteten bekannten Friedensaktivistin
Vivian Silver. "Wir alle müssen erkennen, dass die Besatzung, der 7. Oktober,
der Krieg in Gaza, jüdischer und arabischer Terrorismus, jegliche politische
Gewalt nicht unser Schicksal sind."

Militäraktionen im Gazastreifen gehen weiter

Der Krieg geht indes weiter. Das israelische Militär gab am Sonntag die
Tötung eines führenden Mitglieds der Hamas bei einem Luftangriff im Gazastreifen
am Freitag bekannt. Der Mann habe zu einer Kampftruppe der Islamisten gehört und
sei einer der Kämpfer gewesen, die für die Bewachung der entführten israelischen
Soldatin Noa Marciano zuständig gewesen sei. Marciano war nach dem Terrorangriff
am 7. Oktober in den Gazastreifen verschleppt und dort später ermordet worden.

Am Sonntag gab es Militäraktionen in verschiedenen Regionen des
Gazastreifens. So hätten israelische Soldaten einen erneuten Einsatz in dem
Flüchtlingsviertel Dschabalia im Norden des Küstengebiets begonnen, teilte das
Militär mit. Auch der militärische Arm der Hamas berichtete von schweren
Zusammenstößen seiner Kämpfer mit israelischen Truppen in Dschabalia.

Die israelische Armee setzt außerdem ihre nach eigenen Angaben "präzisen"
Vorstöße in der mit Flüchtlingen überfüllten Stadt Rafah im Süden des
Gazastreifens sowie im Viertel Al-Saitun im Norden des Küstenstreifens fort.
Palästinensische Medien berichteten in der Nacht zu Montag über israelische
Luft- und Artillerieangriffe im Osten Rafahs.

Biden-Berater: Lassen Israel nicht im Stich

Die US-Regierung will nach der Veröffentlichung eines Berichts zu möglichen
Völkerrechtsverstößen Israels weitere Untersuchungen anstellen. Es gebe "eine
Reihe von Vorfällen, die wir weiterhin untersuchen, um die bestmögliche
Einschätzung zu bekommen", sagte Außenminister Antony Blinken am Sonntag im
US-Fernsehen. Mit Blick auf den Einsatz amerikanischer Waffen im Gaza-Krieg sei
man besorgt über Vorfälle, bei denen "angesichts der Gesamtheit des Schadens,
der Kindern, Frauen und Männern zugefügt wurde", die Einschätzung gerechtfertigt
sei, dass Israel in bestimmten Fällen in einer Weise gehandelt habe, die nicht
mit dem Völkerrecht vereinbar sei. Allerdings sei das militärische Umfeld
"komplex", weswegen man keine abschließende Bewertung vornehmen könne.

Trotz aller Bedenken versicherte die US-Regierung, man werde weiter hinter
dem Verbündeten Israel stehen. Präsident Joe Biden wolle zwar nicht, dass
US-Waffen bei einer größeren Invasion in der Stadt Rafah im Süden des
Gazastreifens zum Einsatz kommen, sagte Biden Sicherheitsberater Jake Sullivan
in einem Sonntag ausgestrahlten Interview des US-Senders ABC News. Das bedeute
aber nicht, "dass er Israel im Stich lässt oder es von den Waffen abschneidet".

Blinken hielt Israels Verteidigungsminister Joav Galant in einem Telefonat
dazu an, den Schutz von Zivilisten und Hilfskräften in Gaza zu gewährleisten,
wie das US-Außenministerium nach einem Gespräch der Ressortchefs mitteilte.
Humanitäre Hilfe müsse ungehindert ins Kriegsgebiet gelangen und dort verteilt
werden können - auch während Israel die Hamas bekämpfe./czy/DP/zb

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