17.05.2024 22:06:05 - dpa-AFX: VERMISCHTES/ROUNDUP 2: Überflutungen nach heftigem Dauerregen im Saarland

(mit weiteren Details aktualisiert)

SAARBRÜCKEN (dpa-AFX) - Heftiger Dauerregen hat am Freitag im Saarland
Überflutungen und Erdrutsche verursacht. In der Landeshauptstadt Saarbrücken und
weiteren Kommunen mussten Häuser wegen ansteigender Wassermassen evakuiert
werden. Das Innenministerium sprach von einer "flächigen Hochwasserlage", wobei
der Schwerpunkt auf dem südöstlichen Landesteil liege. Betroffen seien vor allem
der Kreis Neunkirchen, der Saarpfalz-Kreis und der Regionalverband Saarbrücken,
teilte der Sprecher des Ministeriums am Abend mit. Von Verletzten war zunächst
nichts bekannt.

Bei den Städten sei die Lage angespannt in der Landeshauptstadt Saarbrücken, in Eppelborn, Neunkirchen, St. Wendel, Saarlouis und Merzig. Mancherorts mussten
Bewohner aus Wohnungen in vereinzelten Straßenzügen evakuiert werden. Vereinzelt
seien auch Altenheime betroffen gewesen, etwa eines in Marpingen. In
Saarbrücken-Russhütte sei die Lage "brenzelig" gewesen, weil die
Strömungsgeschwindigkeit so hoch war, dass die Feuerwehr abbrechen musste und
Strömungsretter des Deutschen Roten Kreuzes angefordert wurden.

Bisher seien glücklicherweise keine Menschen zu Schaden gekommen, sagte der
Sprecher des Innenministeriums am Freitagabend. 50 000 Sandsäcke aus der
Landesreserve seien freigegeben. Es werde geprüft, ob man Hilfe aus umliegenden
Bundesländern anfordern solle. Am späteren Abend sagte der Sprecher, die Lage
sei nach wie vor angespannt: "Es ist noch lange nicht so, dass wir ans Aufräumen
denken können."

Die Landeshauptstadt Saarbrücken rief ebenso wie mehrere Kreise eine
Großschadenslage aus. Mehrere Gebäude im Stadtgebiet mussten evakuiert werden.
Die Stadt richtete Ausweichquartiere in Schulen und ein Bürgertelefon ein.
Betroffene Personen wurden aufgerufen, nur das Notwendigste mitzunehmen. Auch in
mehreren Straßen in Lebach (Kreis Saarlouis) verließen Menschen ihre Häuser
wegen steigender Pegelstände, wie ein dpa-Reporter vor Ort berichtete.

"Wir haben überall Evakuierungen", sagte ein Sprecher des Lagezentrums in
Saarbrücken. "Es regnet überall, landesweit." Die Bevölkerung wurde aufgerufen,
den Aufenthalt im Freien unbedingt zu vermeiden und überflutete oder gefährdete
Abschnitte von Verkehrswegen zu meiden.

Menschen mit Booten gerettet

Der Kreis Neunkirchen teilte am Abend mit, alle Städte und Gemeinden im
Landkreis seien "in großem Umfang von den Starkregenereignissen betroffen".
Besonders gelte dies für Ottweiler, dort drohe die Blies überzulaufen. In
Wemmetsweiler hätten Menschen mit Booten aus ihren Häusern gerettet werden
müssen. Von überfluteten Kellern und Straßen sowie Erdrutschen berichtete auch
die Feuerwehr in Blieskastel (Saarpfalz-Kreis). "Die Böden nehmen keinen Regen
mehr auf", sagte der Sprecher.

Es bestehe extreme Hochwassergefahr, erklärte das Hochwassermeldezentrum. Es handele sich um ein Hochwasserereignis, wie es alle 20 bis 50 Jahre stattfinde,
teilte das Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz mit. Es könne zur Überflutung
bebauter Gebiete in größerem Umfang sowie zur Flutung von land- und
forstwirtschaftlichen Flächen kommen.

Auch das Landespolizeipräsidium Saarbrücken erklärte am Abend, es könne
keine Entwarnung gegeben werden. Bis 19 Uhr wurden rund 750 Polizeieinsätze
gezählt, dazu weit mehr als 1000 Einsätze von Rettungskräften. Bis zum Abend war
von Verletzten nichts bekannt. "Viele Menschen müssen noch mit den Folgen
kämpfen, wenn sie etwa nicht in ihre Wohnungen können", sagte ein Sprecher. Auch
zahlreiche Straßen seien weiter gesperrt.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte bis in die Nacht zum Samstag vor
allem in den Gebieten westlich des Rheins vor ergiebigem Dauerregen. Danach soll
der Regen langsam nachlassen.

Zugverkehr eingeschränkt

Nach Angaben des Bahnunternehmens Vlexx war der Zugverkehr im Saarland stark eingeschränkt, dies galt auch für den Busverkehr. Teilweise wurden Gleise
unterspült, auch in Oberleitungen gestürzte Bäume waren Ursache.

Der DWD maß stellenweise mehr als 100 Liter Regen pro Quadratmeter in nicht
einmal 24 Stunden. Für diesen heftigen Regen seien Flüsse und Infrastruktur
nicht ausgerichtet, sagte eine DWD-Meteorologin am Abend. Zum Vergleich: Im
gesamten vergangenen Monat April waren im Saarland rund 74 Liter Regen pro
Quadratmeter gemessen worden - und dies war ein Sechstel mehr Niederschlag als
normalerweise in jenem Monat. Bis 19 Uhr fielen laut DWD in Saarbrücken-Ensheim
und Berus im Landkreis Saarlouis 107 Liter pro Quadratmeter. Verbreitet seien im
Saarland 60 bis 100 Liter pro Quadratmeter gemessen worden. Die Flusspegel seien
dadurch rasch gestiegen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte einen für Samstag geplanten
Wahlkampfauftritt im Saarland ab. Stattdessen werde er sich im Saarland
gemeinsam mit Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) ein Bild von der Lage vor
Ort machen, teilte ein Regierungssprecher am Abend in Saarbrücken mit.

Im benachbarten Rheinland-Pfalz waren am Freitag vor allem der Kreis
Trier-Saarburg sowie die Südpfalz und die Städte Trier, Zweibrücken und
Ludwigshafen von dem Dauerregen betroffen. Keller und Straßen liefen voll und
Bäume stürzten um, wie die Koordinierungsstelle der Aufsichts- und
Dienstleistungsbehörde (ADD) berichtete. Verletzt wurde zunächst niemand. Viele
kleinere Bäche und Flüsse traten über die Ufer.

In Schoden an der Saar im Kreis Trier-Saarburg sollten wegen
Überflutungsgefahr rund 220 Menschen vorsorglich ihre Häuser verlassen. Wie die
Kreisverwaltung am Freitagabend mitteilte, sollten die Anwohner zunächst in
einer Turnhalle in Saarburg untergebracht werden. Der Wasserstand der Saar war
zuvor wegen des Dauerregens so stark gestiegen, dass eine Überflutung des
Uferdamms befürchtet wurde. Mit Sandsäcken wollten Helfer versuchen, den Damm zu
stabilisieren. "An fast allen Orten entlang der Saar sind Straßen und Gebäude
überspült, in vielen Gemeinden treten kleinere Gewässer über die Ufer", teilte
die Kreisbehörde mit./isa/DP/he

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