19.05.2024 14:44:07 - dpa-AFX: Proteste in Israel gegen Regierungschef Netanjahu

TEL AVIV (dpa-AFX) - In Israel haben wütende Demonstranten erneut gegen
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu protestiert und die Rückholung der im
Gazastreifen weiter festgehaltenen Geiseln gefordert. "Netanjahu ist
verantwortlich dafür, sie nach Hause zu bringen", riefen sie in Jerusalem am
Samstagabend laut örtlichen Medienberichten. "Derjenige, der sie im Stich
gelassen hat, muss sie zurückbringen!", skandierten die Demonstranten. Sie
machen den massiv unter Druck stehenden Regierungschef für das Schicksal der
Geiseln in den Händen der islamistischen Hamas verantwortlich. Einige hielten
auch große Transparente in der Hand, auf denen zu lesen war: "Beendet den Krieg"
und "Hungersnot ist ein Kriegsverbrechen", wie die Zeitung "Times of Israel"
weiter berichtete.

Am selben Abend hatte Benny Gantz, Minister im israelischen Kriegskabinett,
mit dem Austritt aus der von Netanjahu geführten Regierung gedroht. Lege der
Regierungschef nicht bis zum 8. Juni einen Plan für die Nachkriegsordnung im
Gazastreifen vor, würden er und weitere Mitglieder seiner Partei Nationale Union
das Kabinett verlassen, sagte der Politiker in Tel Aviv. Netanjahu warf Gantz
vor, dem Regierungschef Israels ein Ultimatum zu stellen - anstatt der Hamas.
Erst am Mittwoch hatte auch Verteidigungsminister Joav Galant, der mit Netanjahu
und Gantz das Kriegskabinett bildet, Netanjahu öffentlich scharf kritisiert. Es
müsse eine politische Alternative zur Hamas im Gazastreifen geschaffen werden.
Sonst blieben nur eine Fortsetzung der Hamas-Herrschaft oder eine israelische
Militärherrschaft.

Die öffentlichen Frustrationsbekundungen der beiden Spitzenpolitiker
erfolgten im Vorfeld des Besuchs des Sicherheitsberaters von US-Präsident Joe
Biden, Jake Sullivan. Er wird am Sonntag in Israel erwartet und will dort mit
Regierungschef Netanjahu, Galant und anderen Beamten zusammentreffen, um über
den umstrittenen Vorstoß des israelischen Militärs in die Stadt Rafah im
südlichen Gaza sowie über Nachkriegspläne für das Gebiet zu sprechen. Auch die
US-Regierung erwartet von Netanjahus Regierung, sich aktiv an der Entwicklung
eines konkreten Plans für die Zukunft des Gazastreifens zu beteiligen. Die USA
befürworten keine Kontrolle durch die Hamas. Es dürfe aber auch keine Anarchie
und kein Vakuum geben, das "wahrscheinlich durch Chaos" gefüllt werde, mahnte
US-Außenminister Antony Blinken kürzlich. Es müsse daher einen klaren Plan
geben. Israel solle Ideen einbringen, forderte er./ln/DP/he

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